„Viele Messdaten über Apps und Clouds“

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© DamienK - AdobeStock
„Viele Messdaten über Apps und Clouds“

Videosprechstunden, digitale Schulungen, Apps & Co.: Dr. Karin Schlecht, Diabetologin aus Eisenach, Thüringen, wertet diese digitalen Angebote als große Chance für die Diabetologie. Das erklärte sie uns unlängst – ohne Video- oder Telefonkonferenzschalte – in einem klassischen Telefoninterview.

Diabetes-Journal: Die Diabetologie ist die Steilvorlage für die Telemedizin, sagen Sie. Was macht die Digitalisierung im Diabetesbereich so besonders?
Dr. Karin Schlecht:
Bei der Telemedizin geht es grundsätzlich um 3 Bereiche: die Videosprechstunde, das Telemonitoring und das Telekonsil. Die Videosprechstunde ist Teil der ‚sprechenden Medizin’ – vor allem in der Diabetologie müssen viele Daten und Therapieanpassungen besprochen werden. Und es gibt die Schulung, die ebenfalls vom Gespräch lebt.

Telemonitoring bedeutet, dass viele Daten über Apps und die jeweilige Cloud vermittelt bzw. up- und downgeloadet werden. Beim Telekonsil, bei dem Ärzte miteinander in Interaktion treten – stehen diabetische Folgekomplikationen wie der diabetische Fuß im Fokus. Zu dessen Behandlung gehört immer eine Kooperation von verschiedenen Partnern. Es geht hier besonders um ein Konsil – man zieht als Diabetologe z.B. einen Chirurgen hinzu und überdenkt nochmal den Befund, bevor man eine weitere Entscheidung trifft.

DJ: Zur sprechenden Medizin: Das Arzt-Patienten-Gespräch kommt in unserem Gesundheitssystem bekanntlich viel zu kurz…
Schlecht:
Das ist richtig und das Manko unseres Systems: In vielen Bereichen wird eher die Technik bezahlt als das Gespräch mit dem Patienten. Aber ob Präsenz- oder Videosprechstunde bzw. -konsil: 15 bis 20 Minuten sind jeweils dafür vorgesehen: die Glukose-Daten durchsehen und interpretieren, Muster ableiten, mit dem Patienten darüber diskutieren, Änderungen veranlassen. Das Zeitfenster ist bei beiden Formaten gleich groß.

DJ: Wie sind Ihre Erfahrungen mit digitalen Schulungskonzepten?
Schlecht:
Ich sage immer: Beides – Präsenz- als auch Videoschulungen – sind unbedingt nötig. Videoschulungen haben den Vorteil, dass man Patienten erreichen kann, die nicht in der Lage sind, in die Praxis zu kommen und Termine einzuhalten – aus organisatorischen oder anderen Gründen. Was ich mir gut vorstellen kann: Die Präsenzschulung mit der Videoschulung zu mischen, in dem man Patienten per Video in die Diskussion im Raum zuschaltet. Aber das ist noch Zukunftsmusik. In unserer Praxis machen wir bisher nur Präsenzschulungen. Video-Gruppenschulungen wollen wir bald ausprobieren, dies war uns bislang technisch aber leider noch nicht möglich.

DJ: Woran hakt es hier generell noch?
Schlecht:
Für diese Art von Schulungen gibt es bislang nur die vorhandenen Materialien, wie Schulungsbücher und -folien. Derzeit werden aber von der FIDAM-Arbeitsgruppe, die diese Schulungsprogramme entwickelt – unter Leitung von Prof. Dr. Bernhard Kulzer aus Bad Mergentheim und mit dem Verband der Diabetes Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland (VDBD) – entsprechende Materialien vorbereitet, die die Umsetzung der Videoschulung in der Praxis erleichtern.

Meine große Hoffnung ist, künftig nicht nur mit telemedizinischen Angeboten zu arbeiten – ich sehe die Zukunft vielmehr in der digitalen Transformation. Man sollte also noch einen Schritt weitergehen in der digitalen Chronikerbetreuung – und in der Betreuung zwischen den Arztbesuchen über eine virtuelle Klinik bzw. Ambulanz steuern – für eine bessere individuelle Betreuung. Es gibt hier schon erste Projekte in der Diabetologie, die auf den Weg gebracht sind. Auch die neue elektronische Patientenakte spielt dabei eine Rolle.

DJ: Welche Patienten halten Sie für besonders geeignet, um etwa an digitalen Diabetes-Schulungen teilzunehmen?
Schlecht:
Diabetespatienten, die mit modernen Diabetestechnologien arbeiten, eine digitale Affinität und eine schnelle Internetverbindung haben. Generell sollten alle interessierten Patienten vorab ihre Systemvoraussetzungen checken, um z.B. an einer Videoschulung teilnehmen zu können: Browser, Geräte, Server etc. Jeder Patient sollte zudem den Nutzen digitaler Angebote für sich persönlich abwägen.


Autorin: Angela Monecke
Redaktionsbüro Angela Monecke,
Kopenhagener Str. 74, 10437 Berlin,
E-Mail: angelamonecke@aol.com

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2020; 69 (8) Seite 54-55

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