Digitalisierung und neue Diabetes-Therapien standen im Fokus des Diabetes Kongresses 2018, der im Mai wieder Tausende von Diabetesexperten nach Berlin lockte. Am Rande der Vorab-Pressekonferenz sprach der Kongresspräsident Prof. Dr. Jochen Seufert offen darüber, was die Diabetologie in diesem Jahr noch alles bewegt.
Diabetes-Journal (DJ): “Wissenschaft und klinischer Fortschritt – gemeinsam in die Zukunft”. Das ist das Motto des Diabetes Kongresses 2018. Was haben Menschen mit Diabetes davon?
Prof. Dr. Jürgen Seufert: Das Motto spiegelt unsere feste Überzeugung wider: Die Verbesserung der Versorgung und Behandlung von Menschen mit Diabetes kann nur dadurch gelingen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse schnell in die Praxis übertragen und zum Wohle von Diabetespatienten schnell eingesetzt werden können. Dabei geht es auch um die Weiterentwicklung moderner Medikamente wie SGLT-2- oder GLP-1-Analoga und um neue Behandlungs- und Präventionsansätze.
Im Rahmen der Diabetes-Strategie plädieren wir auch für den Aufbau eines deutschen Diabetes-Registers. Wir wissen z. B. nicht genau, wie viele Menschen in Deutschland heute Diabetes haben und wie sie versorgt werden. Deshalb wollen wir Versorgungsforschungsansätze im Bereich der Diabetologie implementieren.
DJ: Das wird sicher teuer. Wer bezahlt das?
Seufert: Die Volkskrankheit Diabetes erfährt leider vergleichsweise wenig Förderung. Durch die Implementierung des Deutschen Zen-trums für Diabetesforschung (DZD) wurde aber die Grundlage für eine vernetzte Forschung gelegt. Das ist ein erster Schritt für die bessere Ausstattung der Forschung zur Volkskrankheit Diabetes mellitus.
DJ: Der Fortschritt im Diabetesbereich zeigt sich ja besonders bei der Digitalisierung: Was gibt es da Neues?
Seufert: Diabetes ist eine Modellerkrankung, weil sie so viele Menschen betrifft und wir schon heute so viele Medizinprodukte für unsere Diabetespatienten einsetzen wie Blutzuckermessgeräte, CGM und Pumpen.
Ein aktuelles Problem ist der Datenschutz. Bei der Digitalisierung will die DDG hier frühzeitig Qualitäts-Standards setzen, um unsere Patienten mit digitalen Produkten besser versorgen zu können und sie auch besser vor Missbrauch zu schützen. Es gibt heute z. B. viele Gesundheits-Apps, die man auch spezialisiert für Diabetespatienten entwickeln kann. Die Frage ist: Was bringen unseren Patienten diese Apps? Und wie sicher sind sie? Dafür haben wir eine eigene Arbeitsgruppe – DiaDigital – eingerichtet, die Diabetes-Apps prüft und zertifiziert.
DJ: Mehr als 2 000 Ärzte haben aktuell Maßnahmen gegen Fehlernährung gefordert – auch die DDG – in einem offenen Brief an die Bundesregierung. Um was genau geht es?
Seufert: Wir fordern ganz klar eine Zucker-Fett-Steuer. Die freiwillige Selbstverpflichtung der Nahrungsmittelindustrie, die es schon seit vielen Jahren gibt, hat nach unserer Einschätzung nicht zum Erfolg geführt.
DJ: Wie klappt es mit dem neuen BundesgesundheitsministerJens Spahn?
Seufert: Herr Spahn muss sich momentan sicher noch ein Bild von der Situation im Diabetesbereich machen. Die DDG ist hier in Berlin am Puls der Zeit und am Puls der Politik, so dass wir unsere guten Beziehungen zum Bundesgesundheitsministerium weiter ausbauen können.
Interview: Angela Monecke
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Erschienen in: Diabetes-Journal, 2018; 67 (6) Seite 42-43