Zum Jahreswechsel – was war 2022, was kommt

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Zum Jahreswechsel – was war 2022, was kommt

Das aktuelle Jahr war wieder von schlimmen Ereignissen und negativen Schlagzeilen geprägt. Immerhin hat es im Bereich Diabetes und Soziales keine wesentlichen nachteiligen Änderungen gegeben. Die Anfragen bzw. Anrufe von Leserinnen und Lesern bei unserer Rechtsberatungs-Hotline zeigen allerdings, dass viele Probleme und Unsicherheiten im Alltag noch immer bestehen.

Eines der wichtigsten Themen für unsere Leserinnen und Leser war wieder die Frage, wie man mit Diabetes einen Schwerbehindertenausweis bekommen kann. Wie schon in den letzten Jahren konnte ich aber leider auch im Jahr 2022 keine positivere Antwort geben: Es ist nach wie vor schwierig, allein mit Diabetes als schwerbehindert anerkannt zu werden. Hierzu ist erforderlich, dass es – zusätzlich zum Aufwand für die Therapie – zu erheblichen Einschnitten in der Lebensführung kommt und die Teilhabe an einem normalen Alltagsleben erheblich beeinträchtigt ist. Aktuelle Gerichtsurteile hatten zuletzt nochmals bestätigt, dass dies “nur unter strengen Voraussetzungen zu bejahen” sei (siehe LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 02.12.2021 – L 6 SB 11/20). Besser sind die Erfolgsaussichten daher, wenn zum Diabetes noch weitere erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen hinzukommen. Trotz allem gilt: Die Entscheidung wird immer für den jeweiligen Einzelfall getroffen. Und manchmal entscheiden die Behörden auch kulant.

Fragen zum Führerschein waren wieder ein weiterer Schwerpunkt. So berichteten Leser von Problemen mit der Fahrerlaubnisbehörde, weil die mit einem Gutachten beauftragten Verkehrsmediziner nicht akzeptieren wollten, dass allein ein hoher HbA1c-Wert noch keine Bewertung der Fahreignung zulässt. Wenn es aufgrund einer Unterzuckerung zu einem Unfall kommt, kann der soziale Abstieg drohen: Man muss selbst dann mit kostspieligen Strafverfahren und langem Verlust des Führerscheins rechnen, wenn man unschuldig ist und die Unterzuckerung nicht verhindern konnte. Bei Personenschäden steht schnell eine Gefängnisstrafe im Raum. Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch die Stellungnahme der Deutschen Diabetes Gesellschaft, wonach das Bedienen von einem System zum kontinuierlichen Glukose-Monitoring (CGM-System) oder einer Insulinpumpe am Steuer nicht zulässig ist (siehe Kurzlink: bit.ly/3U1lbl8).

Häufig wurde auch zu den Themen “Pflegegrad” und Schulbegleitung nachgefragt. Die Betreuung und Versorgung eines Kinds mit Diabetes fordert den Eltern enorm viel ab. Die Frage ist, ob und unter welchen Voraussetzungen dafür ein Anspruch auf Pflegegeld besteht. Oft erkennt der Medizinische Dienst den Aufwand nicht an, sodass allenfalls ein Pflegegrad 1 festgestellt wird. Ein höherer Pflegegrad kann dann nur per Gericht durchgesetzt werden, wofür es allerdings keine Erfolgsgarantie gibt. Auch der Erhalt einer Begleitperson für Schule und Kindergarten ist nicht immer unproblematisch.

Gefühlt zugenommen hat die Anzahl der Anfragen zur Versorgung mit Hilfsmitteln. Immer wieder wurde mir berichtet, dass die Krankenkasse eine medizinisch notwendige Insulinpumpe verweigert. Oder die Krankenkasse übernahm zwar ein CGM-System – allerdings nur ein Modell, welches nicht zur vorhandenen Insulinpumpe passt. Auch hier kam es regelmäßig auf die Begründung an, um die gewünschte Versorgung durchzusetzen – oder man argumentierte mit dem Datenschutz, wie im Diabetes-Journal 12/2020 dargestellt.

Für Aufregung sorgte in diesem Jahr auch eine Veröffentlichung der Barmer (siehe Kurzlink: bit.ly/3DvHR5W), die den medizinischen Zusatznutzen von CGM-Systemen generell hinterfragt. Dort wird behauptet, es gebe nur “vereinzelte Hinweise” auf einen medizinischen Zusatznutzen. Dabei wird vollkommen ausgeblendet, wie wichtig solche Systeme für uns Patienten im Alltag sind und welcher Gewinn an Lebensqualität damit verbunden sein kann.

Der Hintergrund ist klar: Es geht um das Einsparen von Kosten. Wahrscheinlich ist damit zu rechnen, dass Folgeverordnungen für CGM-Systeme künftig wohl umfassender begründet werden müssen. Bislang haben die Krankenkassen kaum nachgefragt, ob die mit der Verordnung des CGM-Systems angestrebte Verbesserung der Therapieziele auch tatsächlich erreicht wurde – dies könnte sich in Zukunft ändern.

2023 könnte spannend werden

Für das neue Jahr sind für Menschen mit Diabetes keine unmittelbaren rechtlichen Änderungen angekündigt. Spannend könnte es dennoch wieder werden. So wird im Jahr 2023 beispielsweise die erste Gerichtsentscheidung zur Frage erwartet, ob Diabetes-Patienten ein Schmerzensgeld nach DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) zusteht, weil sie beim Einsatz bestimmter CGM-Systeme zur Preisgabe ihrer Gesundheitsdaten an Unternehmen in den USA gezwungen sind.

Ab 1. Januar 2023 gelten auch wieder neue Rechengrößen in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung. Die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung, also das Einkommen, welches zur Berechnung des Krankenkassenbeitrags herangezogen wird, steigt auf 59 850 Euro im Jahr (monatlich 4987,50 Euro). Die Versicherungspflichtgrenze, ab der ein Wechsel in die private Krankenversicherung möglich ist, steigt auf jährlich 66 600 Euro (monatlich 5550 Euro). In der allgemeinen Rentenversicherung wird die Beitragsbemessungsgrenze künftig bei monatlich 7300 Euro (alte Bundesländer) bzw. 7100 Euro (neue Bundesländer) liegen.

An dieser Stelle bedanke ich mich nochmals bei Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, ganz herzlich für Ihr zahlreiches Feedback. Ich wünsche Ihnen und Ihren Angehörigen nun ein friedvolles, besinnliches Weihnachtsfest sowie viel Gesundheit und Glück im neuen Jahr.

Ihr Oliver Ebert

Autor:
© Oliver Ebert
Oliver Ebert

REK Rechtsanwälte
Nägelestraße 6A
70597 Stuttgart

r

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2022; 71 (12) Seite 46-48

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 6 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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