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Disclaimer:
Ich betreibe ein Do-it-yourself-Closed-Loop-System (kurz: Loop) auf eigenes Risiko. Meine Ausführungen sind keinesfalls als Therapieempfehlung zu verstehen und sollten nicht nachgemacht werden. Sie geben lediglich das Ergebnis meiner Selbstversuche wieder.
Ich habe mich schon immer sehr für Technik interessiert, auch wenn mein technisches Verständnis gar nicht so groß ist. Aber kleine Spielereien und Neues habe ich immer gerne ausprobiert, aus purer Neugierde. Deswegen habe ich auch einige Zeit etwas neidisch auf die sogenannte Do-it-Yourself-Looper-Szene geblickt. Mein Interesse an den selbstgebauten Closed-Loop-Systemen war groß. Genauso groß war aber auch mein Respekt vor der Technik. Ganz alleine würde ich so etwas bestimmt nicht hinbekommen, dafür reichte mein Technikverständnis dann wohl nicht.
Als unser Wunsch nach Familienplanung immer realer wurde, wuchs auch der Wunsch zu loopen. So groß wie auch mein Respekt vor der Technik war, der Respekt vor einer Schwangerschaft war noch größer, es war regelrechte Angst. Die Angst, die Zielwerte in einer Schwangerschaft nicht erreichen oder halten zu können und somit dem ungeborenen Kind zu schaden, war schon immer eine absolute Horrorvorstellung meinerseits.
„Bevor ich darüber nachdenken kann, eine Schwangerschaft zu planen, möchte ich das Loopen ausprobieren. Ich möchte gerne wissen, ob ich es mit so einem System schaffe, meinen HbA1c-Wert dauerhaft zu senken. Das habe ich in den letzten 20 Jahren kaum hinbekommen!“ Ich sprach mit meinem Freund, der im Gegensatz zu mir eine Art Technik-Nerd ist, und nach ein bisschen Recherche entschieden wir uns, es zusammen zu versuchen.
Zusammen mit meinem Freund las ich also wochenlang die Informationen und Anleitungen im Internet, tauschte mich mit „Loopern“ aus und fing an, mir die nötige Technik zu besorgen. Normalerweise bin ich ein unheimlich ungeduldiger Mensch, der es kaum erwarten kann loszulegen. Doch dieses Mal war ich mir der Verantwortung durchaus bewusst, schließlich erfolgt diese Art zu loopen komplett auf eigene Gefahr.
Anschließend testete ich über Wochen meine Basalrate und meine Faktoren und schaffte es schon in dieser Vorbereitung auf meinen Ziel-HbA1c-Wert zu kommen. „Die Technik funktioniert so gut wie die Qualität deiner Daten“, hieß es überall. Ich wollte sichergehen, dass ich meine eigenen Parameter wirklich gut kannte.
Monate später war es dann so weit. Wir legten den Loop an und starteten die Technik. Ich war ein bisschen erstaunt, wie einfach es in diesem Moment wirkte, und konnte es kaum glauben. In den nächsten Wochen musste ich dann noch etwas ganz anderes lernen:
Dem System zu vertrauen und meine Verantwortung ein Stück weit abzugeben. 20 Jahre lang war ich es gewöhnt, auf meine Blutzucker- und Gewebezuckerwerte zu reagieren. Mir zu überlegen, was jetzt das Beste für meine aktuelle Stoffwechsellage ist, und dementsprechend zu handeln. Dieses Verhalten konnte ich nicht sofort abstellen und griff trotz Loops relativ häufig in meine Therapie ein. Doch das nahm meistens kein gutes Ende und ich landete fast immer in einer „Hypo“. Ich musste mich regelrecht zwingen, nicht selbst zu handeln und dem System zu vertrauen. Manchmal kamen mir die Bolus- und Korrekturabgaben seltsam vor, ich selbst hätte es ganz anders gemacht. Doch mit der Zeit sah ich, dass es funktionierte.
Ein komisches Gefühl. Irgendwie fremdbestimmt. Als Kind halfen mir meine Eltern zwar bei der Berechnung meiner BEs und Insulineinheiten, animierten mich aber immer dazu, selbst zu rechnen. Sie waren nur ein Sicherheitsbackup. Relativ schnell übernahm ich dann meine Diabetestherapie selbst und meine Eltern durften spätestens ab der Pubertät kaum noch mitreden. Seitdem reagierte ich fast allergisch auf das Einmischen von jedem in meine Diabetestherapie. Sogar bei Ärzten. Es war mein Körper, mein Diabetes, mein Alltag. Niemand kannte all das so gut wie ich. Wieso sollte mir irgendjemand reinreden können oder dürfen?
Die neue Technik weckte meine Neugierde hauptsächlich wegen der technischen Spielereien. Als es ernst wurde und je länger ich mein DIY-Closed-Loop-System trug, desto mehr wurde mir klar, dass es alles andere als eine Spielerei war, sondern durchaus die Zukunft der Diabetestherapie einläutete. Ich musste nicht nur lernen, ein bisschen Verantwortung an die Technik abzutreten, ich konnte es auch. Meine Werte sprachen für sich. Zugegeben, ich war anfangs skeptisch und glaubte nicht wirklich daran, doch ich schaffte es endlich, meine Blutzucker-Schwankungen zu reduzieren, weniger „Hypos“ zu haben und einen guten HbA1c-Wert zu erzielen, auf Dauer. Das war mir in meiner gesamten Diabeteskarriere selten gelungen. Ein weiterer Pluspunkt war, dass ich tatsächlich weniger Aufwand im Diabetes-Alltag hatte. Oft schaute ich auf mein Handy, um zu überprüfen, wo meine Werte lagen und was Loop gerade so tat, und in der Regel war alles gut. Dennoch sollte man sich bewusst sein, dass auch Technik Fehler haben und machen kann. Man selbst verschwindet nicht komplett aus der Diabetestherapie, sondern ist nach wie vor das „Gehirn“ hinter allem. Man selbst trägt am Ende die Verantwortung für alles, besonders bei einem selbstgebauten Closed-Loop-System. Die Technik ist heute eine tolle Unterstützung und Hilfe, sie gibt uns die Möglichkeit auf einen ganz neuen Alltag mit Diabetes und zeigt, was in Zukunft noch möglich werden könnte. Doch das ist sicherlich nicht für jeden etwas. Besonders der Aspekt, die eigene Therapie ein Stück weit aus den Händen zu geben. Das verstehe ich durchaus und deswegen muss jeder für sich entscheiden, wie viel Technik gut für ihn und seinen Diabetes ist.
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