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Seit 41 Jahren habe ich Typ-1-Diabetes. Vor kurzem hatte ich die Möglichkeit, für 10 Tage ein Gerät zu testen: Es handelt sich um das Dexcom G4 – ein (bei mir) am Oberarm (mit Pflaster befestigt) liegender Sensor plus Empfängergerät. Das System zeigt kontinuierlich auf einem kleinen Monitor den Glukosewert als Kurve an und misst diesen ständig.
Es werden auch Trends gezeigt: Ein Pfeil nach oben bedeutet, dass der Zucker leicht am Steigen ist, zwei Pfeile nach oben zeigen, dass der Zucker schnell steigt; das Gleiche geht auch nach unten und bedeutet, dass der Zucker langsam oder schnell fällt. Ein Pfeil nach rechts heißt: Der Wert bleibt konstant.
Der Glukosewert wird alle 5 Minuten gemessen, und zwar im Gewebe (Gewebeglukose). Er ist etwa 10 Minuten zeitverzögert zum Blutglukosewert, den man aus der Fingerkuppe bestimmt. Die kleine Kanüle unter der Haut war kaum spürbar und störte mich nicht. Nachdem der Sensor (vom Apotheker) gelegt war, sollte das System nach zwei Stunden kalibriert werden – und dann täglich zweimal. Das Dexcom G4 hatte ein Ledertäschchen mit Schlaufen und hing unscheinbar an meinem Hosengürtel.
Am 1. Tag fand ich meinen nun näher betrachteten Zuckerverlauf gar nicht schön: Zucker rauf – Korrektur gespritzt – Zucker runter –Hypoglykämie – zu viel gegessen in der Hypoglykämie wegen des Heißhungers – wieder hoch … und das wiederholte sich mehrmals.
Am 2. Tag konnten die größten Spitzen schon geglättet werden, weil ich merkte, dass eine zu frühe Korrektur den Zucker im Anschluss zu sehr runterfallen ließ und eine Hypoglykämie unvermeidlich war. Ich ließ also nach den Mahlzeiten durchaus einmal über 200 mg/dl (11,1 mmol/l) laufen und sah anhand meiner Kurve auf dem Monitor, dass der Wert …sieh mal einer an… ganz von selbst wieder fällt. Also verhielt ich mich über Jahre in der Hinsicht falsch, reagierte einfach zu früh auf Werte nach dem Essen – und brachte so Unruhe ins System!
Am 3. Tag stand mein Tennis-Training an: Wohin mit dem Empfänger (der die Glukosemesskurve darstellt)? Kein Problem, er wurde mit dem Gürtel über das Tennisröckchen geschlungen und störte überhaupt nicht. Er hat 6 Meter Reichweite vom Sender, der in dem Fall ich selbst war, weil der Sensor mit Sender mit einem Pflaster an meinem Oberarm befestigt war – also zu weit, um den Empfänger in meine Sporttasche zu legen beim Spiel.
Vor dem Training hatte ich 200 mg/dl (11,1 mmol/l) gemessen, beim Blick auf mein Gerät zeigte es nach einer halben Stunde 120 (6,7) an mit zwei Pfeilen nach unten. Das heißt, der Zucker fällt rasch: Schnell einige Gummibärchen essen! Nach dem Spiel kam ich mit 80 (4,4) raus, was bedeutete, dass noch einmal nachgelegt werden durfte an Kohlenhydraten. Der Sport wirkt ja bekanntlich noch Stunden nach.
Beim nächsten Mal Tennis hatte ich vor Trainingsbeginn 80 (4,4): Das hieß für mich, noch schnell resorbierbare Kohlenhydrate zu mir zu nehmen: Ich verzehrte ca. 36 g Kohlenhydrate – und diese Menge war gerade ausreichend, um beim Spiel nicht zu unterzuckern. Ohne den Blick auf die Kurve hätte das bedeutet: vorher messen, essen, Zeitaufwand – während des Trainings eine nicht angekündigte Hypoglykämie – nach dem Spiel vielleicht zu hoch rausgekommen – und wieder der Kreislauf von vielleicht zu viel runterkorrigieren, da man den Sport in seiner Nachwirkzeit oft unterschätzt.
Das alles passiert nicht mehr, wenn man die Verläufe sieht, wenn man sieht, wohin sich der Zucker (in dem Fall Gewebeglukose) bewegt, und wenn man nicht nur punktuell misst und dann überhaupt nicht weiß, ob der Zucker gerade am Steigen oder Fallen ist. Das ist ein enormer Vorteil auch hinsichtlich optimierter Therapie und besseren Langzeitwertes (HbA1c).
Auch die Nächte werden besser mit der kontinuierlichen Überwachung, denn die Angst vor einer unbemerkten Unterzuckerung ist weg: Ein Alarm weckt, wenn die Werte kritisch sind – man gibt hierfür selbst obere wie untere Werte ein … und wird wie beim Smartphone mit Vibration oder Ton geweckt. Übrigens: Man kann die Werte und Verlaufskurven direkt in den Computer seines Arztes übertragen, der sofort sieht, wie die Einstellung ist, und bei Bedarf therapeutisch eingreifen kann.
Noch übernehmen die Kassen die nicht ganz niedrigen Anschaffungskosten eines kontinuierlichen Glukosemesssystems meist nicht, was sehr schade ist. Kostet ein gut eingestellter Diabetiker einmal später nicht weniger, als wenn er permanent schlechte Werte hat und dann zum Kosten-Problem für die Krankenkassen wird? Den menschlichen Aspekt habe ich gar nicht beleuchtet: Er liegt auf der Hand – das Wohlbefinden ist gesteigert, wenn der Zucker einigermaßen normnah ist; und das kann mit punktuellen Messungen nicht so erreicht werden wie mit der CGM.
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