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Datenmanagement ist halt noch mehr als Datensammeln
3 Minuten

Als Diabetologe hat man es auch nicht immer leicht. Diesen Eindruck konnte ich zumindest bei der Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) Anfang Mai 2016 in Berlin gewinnen, als Dr. Stefan Gölz aus Esslingen und Dr. Hansjörg Mühlen aus Duisburg bei einem Symposium des Unternehmens Roche Diabetes Care Deutschland (RDCD) über den Datenwust berichteten, der ihnen von manchen Patienten in die Sprechstunde geschleppt wird. Da gibt es anscheinend Tischler, die alle gemessenen Blutzuckerwerte feinsäuberlich auf Millimeterpapier (was man halt in einer Tischlerwerkstatt so an Papier findet) notieren. Allerdings ohne dazu das Datum, die Uhrzeit, die Kohlenhydratmenge der Mahlzeit und die dazugehörige Insulindosis zu notieren. „Das hat den gleichen Aussagewert, als würde mir jemand die Fußballergebnisse vorlesen, ohne dazuzusagen, um welche Begegnung es sich gehandelt hat“, seufzte Dr. Gölz.
Schlechte Werte ab dem dritten Tag nach Katheterwechsel
Doch auch wenn alles gut dokumentiert wurde, gleicht die Suche nach den Ursachen für unschöne Blutzuckerverläufe oft einer Rasterfahndung. So berichtete Dr. Gölz von einer jungen Mutter mit Typ-1-Diabetes, deren Werte sich scheinbar unerklärlich alle drei Tage massiv verschlechterten. Mit Hilfe der Accu-Chek Smart Pix Software brachte er ihre Blutzuckerwerte mit der Nutzung des Kanülenfüllprogramms ihrer Pumpe in Zusammenhang. Die Grafiken verdeutlichten, dass die Zuckerwerte immer dann schlecht wurden, wenn der Katheter ihrer Pumpe bereits drei Tage lang lag. Diese mühselige Datenanalyse überzeugte die Patientin, ihre Katheter doch lieber häufiger zu wechseln.
Vor Autofahrten vorsichtshalber Basalzufuhr ausgeschaltet
Auch Dr. Mühlen hatte eine interessante Fallgeschichte parat. Einer seiner Patienten, ebenfalls Typ-1-Diabetiker und Pumpenträger, hatte an Arbeitstagen immer am späten Nachmittag mit unerklärlich hohen Zuckerwerten zu kämpfen. Dabei war das eine Uhrzeit, zu der er nie etwas aß. Nach langem Rätselraten kam er auf die Idee, nicht nur die Basalrate anzuschauen, sondern auch die tatsächlich abgegebenen Insulinmengen zu prüfen. Und siehe da: Sein Patient hatte nachmittags häufiger einmal seine Basalzufuhr ausgeschaltet. „Um die Uhrzeit fahre ich mit dem Auto von der Arbeit nach Hause und habe Angst, beim Fahren zu unterzuckern“, erklärte der Patient sein Verhalten. Zu Hause angekommen, vergaß er allerdings öfters einmal, die Basalzufuhr wieder zu aktivieren.

Die immense Datenflut ist Fluch und Segen zugleich
Ich fand diese Fallbeispiele ungeheuer spannend. Ich trage zwar keine Pumpe und kann mir daher nur bedingt vorstellen, wie viele zusätzliche Daten durch die Feinheiten der Insulinanpassung bei der Pumpeneinstellung entstehen – und was man damit alles anstellen kann. Einerseits ist es cool, wie genau man durch all diese Daten seinen Stoffwechsel verstehen und entsprechend differenziert reagieren kann.
Andererseits ist die Fülle der Daten manchmal auch eine Belastung. Neulich bei einem Stammtisch mit ein paar anderen Sportlern aus der IDAA sprachen wir auch ein bisschen über Segen und Fluch des intensiven Datenmanagements: „Früher, als man nur ein paar Blutzuckerwerte am Tag hatte und sein Insulin auch nicht feiner dosieren konnte, da hat man Schwankungen bei den Werten einfach auch mal tolerieren müssen. Heute muss man sich für jeden hohen Wert rechtfertigen – vor allem, wenn man nicht sofort etwas unternommen und die Situation ausführlich analysiert hat.“
Es entgeht einem wirklich nichts mehr – das ist einerseits toll für die Qualität der Therapie, verursacht aber auch schnell Stress, weil man sich leicht selbst unter Druck setzt, möglichst immer alles optimal einzustellen. Und es gibt einem vielleicht auch das Gefühl, als Patient nur noch als Datenproduzent wahrgenommen zu werden. Ob es irgendwann auch eine Software gibt, die diesen Aspekt ein bisschen alltagstauglich ausbalanciert?

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gingergirl postete ein Update vor 1 Tag
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus -
hexle postete ein Update vor 2 Tagen, 4 Stunden
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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tako111 postete ein Update vor 5 Tagen, 14 Stunden
Fussschmerzen lassen leider keine Aktivitäten zu!