- Behandlung
Diabetes-Therapie und Zeitumstellung: Wer hat an der Uhr gedreht?
3 Minuten
Zeitumstellung und Diabetes: Was bedeutet die Stunde vor oder zurück für die Therapie? Mit einfachen Anpassungen bleiben Glukosewerte stabil – ob zu Hause oder auf Fernreisen. Worauf zu achten ist, erklärt Diabetesberaterin Juliane Ehrmann.
Seit vielen Jahren steht die Sinnhaftigkeit des Brauchs der Zeitumstellung zur Debatte. Was diese eine Stunde hin oder her für Diskussionen mit sich bringt, ist immens. Laut einer Umfrage der Europäischen Union würden 80 Prozent der Befragten dieses Drehen an der Uhr gern abschaffen. Andere Länder haben sich mittlerweile bereits gegen die zweimal im Jahr erfolgende Umstellung entschieden.
Bezogen auf den Diabetes stellt sich die Frage: Hat diese eine Stunde Zeitverschiebung einen Einfluss auf die Diabetes-Einstellung? Wenn ja: Was sollte beachtet werden, wenn der Tag sich „offiziell“ um 60 Minuten verkürzt oder verlängert?
Auswirkungen auf den Diabetes: kein Patentrezept
Ein Großteil der Menschheit verkraftet diese Zeitumstellung problemlos und das sogar, ohne eine Art „Jetleg“ zu bekommen. Andere haben einen gefühlten Mini-Jetleg. Ähnlich sind die Auswirkungen auf den Diabetes. Auch wenn es bezüglich der Zeitanpassung kein Patentrezept gibt, lassen sich Empfehlungen auf Grundlage von Erfahrungen aussprechen.
Bei einer Therapie mit Tabletten (oralen Antidiabetika, OAD), einer basal unterstützten oralen Therapie (BOT), einer supplementären Insulintherapie (SIT) oder auch bei einer intensivierten Insulintherapie (ICT) empfehlen Experten, die regulären Einnahme- oder Spritz-Zeitpunkte beizubehalten. Durch immer länger wirkende Basalinsuline, welche mit mehr Flexibilität im Alltag und flexibleren Spritz-Zeitpunkten einhergehen, wird dieses Thema immer weniger zum Problem werden und es muss nichts extra beachtet werden.
Oft vergessen: Umstellung in Geräten
Bei einer Therapie mit einer Insulinpumpe passt man die Uhrzeit der Pumpe einfach an die aktuelle Zeit an, ganz gleich, ob mit oder ohne automatisierte Insulin-Dosierung (AID), auch bekannt als Hybrid-Closed-Loop.
Erfahrungsgemäß spielt die Zeitumstellung für Menschen mit Diabetes eine so untergeordnete Rolle, dass ein Vergessen des Anpassens der Zeit in den Insulinpumpen, Empfängergeräten von Glukose-Sensoren oder Blutzucker-Messgeräten dennoch keine Schwankungen der Glukosewerte bedeutet. Apps passen sich meist mit dem Smartphone von ganz allein an.
Gibt die Insulinpumpe konventionell eine Basalrate ab, passt sich diese an die umprogrammierte Zeit an. Dies kann zu geringfügigen Veränderungen im Glukoseverlauf führen. AID-Systeme kommen auch einwandfrei mit der Umstellung der Uhrzeit um eine Stunde zurecht.
Größere Umstellungen – anderes Vorgehen
Bei einer Zeitumstellung von mehr als drei bis vier Stunden, wie sie bei Fernreisen auftreten kann und oft mit einem Jetlag spürbar ist, sind Glukose-Schwankungen wahrscheinlicher. Da der Körper in der Regel zwei bis drei Tage benötigt, um sich mit seinem Biorhythmus an die neue Zeit zu gewöhnen, lohnen sich Anpassungen erst, wenn die Reise länger als drei Tage dauert. Ansonsten gilt: Alles bleibt beim Alten.
Anpassungen bei Fernreisen
AID-Therapie
Bei längeren Zeitverschiebungen haben es Menschen, die eine Insulintherapie durchführen mit einem AID-System, am einfachsten. Hier gilt: Die Uhrzeit wird an die Ortszeit angepasst, alles andere schafft das AID-System ganz allein.
Konventionelle Therapie mit Insulinpumpe
Kommt das Insulin für die basale Insulinversorgung über eine Insulinpumpe, wird empfohlen, die Uhrzeit der Insulinpumpe um zwei bis drei Stunden pro Tag in Richtung Ortszeit zu stellen. Dadurch gleicht sich der Biorhythmus Schritt für Schritt mit an.
Intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT)
Etwas komplexer sind Zeitumstellungen mit einer ICT, also der getrennten Injektion von lang wirksamem und kurz wirksamem Insulin. Dabei ist zu berücksichtigen, ob die Reise in den Westen oder in den Osten geht. In Richtung Westen verlängert sich der Tag, sodass eine Insulinlücke entsteht. Diese wird mit kurz wirksamem Insulin als Korrektur ausgeglichen. Die Injektion des lang wirksamen Insulins findet wie gewohnt zur Ortszeit statt.
Auf dem Rückflug oder bei Flügen in den Osten verkürzt sich der Tag. Wichtig ist, Überlappungen und so mögliche Unterzuckerungen zu vermeiden. Eine Möglichkeit ist es, eine Injektion des lang wirksamen Insulins auszulassen, sodass eine Insulinlücke entsteht, welche über Korrekturen ausgeglichen werden kann.
Beispiel: Reise in den Westen bei einer konventionellen Insulinpumpentherapie
Eine Reise nach New York ist mit einer Zeitumstellung von 6 Stunden verbunden, sodass die Pumpenuhr an Tag 1 um 3 Stunden in Richtung Ortszeit angepasst wird, an Tag 2 um weitere 3 Stunden. Somit stimmen Pumpenzeit und Ortszeit ab Tag 2 überein.

So könnte es aussehen:
Frankfurt: 12.00 Uhr
New York: 6.00 Uhr
Tag 1 der Reise von 12 Uhr auf 9 Uhr
Tag 2 der Reise von 9 Uhr auf 6 Uhr
Dies ist nur ein Beispiel. Es ist nicht relevant, die Umstellung exakt zu dieser Uhrzeit durchzuführen.
Bei einer zweimal täglichen Gabe eines lang wirksamen Insulins ist das Auslassen einer Dosis eine Option. Bei einer einmaligen Gabe ist eine Möglichkeit, die Insulindosis prozentual um die Zeitverschiebung zu kürzen und mit Korrektur-Insulingaben die Glukosewerte auszugleichen. Mit Insulin degludec ist es möglich, auf Reisen einen individuellen Spritzzeitpunkt zu wählen. Es gilt jedoch, darauf zu achten, dass zwischen zwei Injektionen mindestens acht Stunden Abstand liegen müssen.
Bei den Injektionen des kurz wirksamen Insulins zu den Mahlzeiten sollte die ersten zwei bis drei Tage das Insulin vorsichtiger dosiert werden. Bei Bedarf kann man bei erhöhten Werten mit Insulin korrigieren.
von Juliane Ehrmann
Erschienen in: Diabetes-Anker, 2024; 72 (12) Seite 18-19
Diabetes-Anker-Newsletter
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Ähnliche Beiträge
- Leben mit Diabetes
Veranstaltungen der Diabetes-Selbsthilfe zum Weltdiabetestag: Aktiv vom Nordseestrand zum Alpenrand
3 Minuten
- Aktuelles
DDG fordert verbindliche Maßnahmen zur Prävention von Typ-2-Diabetes bei Kindern und Jugendlichen
2 Minuten
Keine Kommentare
Diabetes-Anker-Newsletter
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Über uns
Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.
Community-Frage
Mit wem redest du
über deinen Diabetes?
Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.
Werde Teil unserer Community
Community-Feed
-
insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 3 Tagen, 19 Stunden
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 1 Woche, 5 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
-
moira antwortete vor 5 Tagen, 14 Stunden
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
-
-
hexle postete ein Update vor 2 Wochen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
-
lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
-
connyhumboldt antwortete vor 3 Tagen, 14 Stunden
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
-

