Glukose messen mit diversen Ansätzen

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Glukose messen mit diversen Ansätzen

Die für das kontinuierliche Glukosemonitoring (CGM) verwendeten Nadelsensoren stellen einen "miniaturisierten Teststreifen" dar, auf dem elektrochemisch die enzymatische Umwandlung von Glukose gemessen und in die Glukosekonzentration umgerechnet wird. Im Unterschied zur Blutglukosemessung liegt hier der Glukosesensor in der interstitiellen Flüssigkeit des Unterhautfettgewebes, also immer noch invasiv. Es gibt aber weitere innovative Ansätze.

Nadelsensoren

Alle enzymatischen Nadelsensoren nutzen zur Glukosemessung die Umwandlung von Glukose und nachfolgend die elektrochemische Umwandlung des entstandenen Wasserstoffperoxids an einer Elektrode in einen der Glukosekonzentration proportionalen Elektronenstrom. Selektivität und Effektivität der Messung lassen sich erhöhen durch die umhüllenden Membranen und die Verwendung von Co-Enzymen und Mediatoren.

Letzteres findet bereits Anwendung beim Sensor des Unternehmens Abbott, Ersteres wird zukünftig in verschiedenen Entwicklungen berücksichtigt (z. B. beim Unternehmen Roche). Ziele sind verbesserte Präzision und Reproduzierbarkeit.

Redundante Sensoren

Das schließt jedoch nicht aus, dass unter ungünstigen Umständen Glukosesensoren Fehlmessungen verursachen oder auch frühzeitig ausfallen. Ein Ansatz, das Problem zu umgehen, sind redundante Sensoren. Dabei werden mehrere separate Enzymelektroden miteinander verbunden, kontrolliert von einer Software. Denkbar ist eine Lösung, wo mehrere Sensoren auf einer Elektrode kombiniert sind (z. B. beim Unternehmen Medtronic).

Eine andere Lösung wäre ein redundanter Sensorarray (ein Chip) mit zahlreichen Mikronadeln (Länge < 1 mm); jede dieser Mikronadeln stellt einen enzymatischen Sensor dar. Der Chip wird auf die Haut aufgeklebt und durchdringt nicht spürbar die Oberhaut. Durch den technologischen Anschluss an die Mikroelektroniktechnologie wären hohe Produktionszahlen von preiswerten Glukosesensoren möglich.

Optische Systeme

Nach wie vor untersucht und entwickelt werden Ansätze, die auf der optischen Spektroskopie beruhen. Dabei wird auf die Haut Energie eingestrahlt, z. B. Licht im infraroten Bereich, Mikrowellen o. ä. Die Atome und Moleküle in einem Stoff, also auch Glukose, haben eine spezielle energetische Struktur. Dadurch nehmen sie nur eine ganz spezielle Energie auf. Wird ein Hautareal bestrahlt, werden durch die verschiedenen im Körper enthaltenen Stoffe charakteristische Energieportionen aufgenommen.

Bei der Analyse des eingestrahlten Lichtspektrums (Intensität des Lichts in Abhängigkeit von der Wellenlänge) finden sich charakteristische Lücken von der vom Stoff aufgenommenen Energie. Diese Analyse wird als Absorptionsspektroskopie bezeichnet. Ein anderer spektroskopischer Ansatz ist, dass das Licht an Atomen und Molekülen gestreut wird, was wiederum den Stoff charakterisiert. Durch diese Wechselwirkung werden im Spektrum Linien verschoben, in Abhängigkeit von der Art der Streuung. Darauf beruhen die Infrarotspektroskopie und die Ramanspektroskopie.

Schließlich geben die Atome und Moleküle die Energie wieder ab, die sie nach der Einstrahlung aufgenommen haben. Die Energieabgabe erfolgt in unterschiedlichen Energie- und Wellenlängenbereichen, was bei Licht mit einem Fotoempfänger gemessen werden kann. Darauf beruht z. B. die Fluoreszenzspektroskopie.

Nutz- und Rauschsignal trennen

Leider ist die Messung auf Hautarealen wegen der komplexen Struktur der Haut und der geringen Glukosekonzentration sehr schwierig. Aus jedem Schichttiefenintervall kommen Signale, die durch das Gewebe noch abgeschwächt und gestreut werden. Störende Einflüsse und Komponenten müssen mit Hilfe aufwendiger mathematischer Algorithmen kompensiert und vom Glukosesignal getrennt werden (Trennung von Nutzsignal (von Glukose) und Rauschsignal (von Störeinflüssen)).

Bereits vor etwa 15 bis 20 Jahren gab es Bemühungen von Unternehmen wie Kumetrix, Sensys Medical, Sangui BioTech oder Inlight Solutions. Geräte wie das "GluControl" des Unternehmens MedScience, das "Touch Track" von Samsung oder der Diasensor 1000 von Biocontrol waren sogar käuflich zu erwerben, ohne die für die Diabetologie notwendige Messgenauigkeit nachgewiesen zu haben.

Bisher erwies es sich als schwierig, ein günstiges Verhältnis von Nutzsignal und Rauschsignal zu erzielen. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass in der Vergangenheit gescheiterte Ansätze zukünftig doch noch erfolgreich sind, weil die moderne Optik- und Elektroniktechnologie ständig neuartige Bauelemente auf den Markt bringt. So sind auch aktuelle Bemühungen von Unternehmen wie Grove Instruments oder Light Touch beachtenswert, wenn auch noch nicht hoffnungsvoll.

Eher erfolgversprechend lassen sich optische Methoden einsetzen, wenn nicht durch die komplexen Hautschichten hindurch, sondern wenn direkt im Blut oder in interstitieller Flüssigkeit gemessen wird. Das bedeutet allerdings, dass das Konzept der vollkommen nichtinvasiven Messung hinfällig ist.

Optische Ansätze

Sensor mit Boronsäure

Ein Beispiel für einen implantierten Fluoreszenzsensor ist die Entwicklung des Unternehmens Senseonics: Ein dünner Sensor in Zylinderform (Durchmesser 3 mm, Länge 14 mm) wird im subkutanen Gewebe eingesetzt. Messung und Auswertung der Signale geschehen im implantierten Teil, das aufgearbeitete Rohsignal wird an einen Transmitter auf der Haut übertragen und von dort an einen Monitor gesendet.

Die Sensorumhüllung besteht aus Polymerhydrogel, in das Boronsäure eingebracht ist, an die sich Glukose reversibel bindet. Wenn die Glukosekonzentration abnimmt, verlässt die Glukose den Rezeptor wieder. Wird die Boronsäure mit ultraviolettem Licht angestrahlt, fluoresziert sie blau-violett. Die Intensität der Fluoreszenzstrahlung hängt von der Konzentration der gebundenen Glukose ab.


Akustische Wellen messen

Spektroskopie lässt sich auch in anderen Energiebereichen betreiben. Glukosemoleküle geben z. B. nach Anregung im mittleren infraroten Bereich einen Teil ihrer Energie als akustische Wellen ab, die sich mit mikroskopischen Mikrophonen messen lassen. Bereits vor Jahren stellte das Unternehmen Glucon ein solches System vor, ohne zuverlässige Daten dazu zu liefern.

Vom deutschen Unternehmen Elté Sensoric liegen diesbezüglich Daten aus Laborversuchen vor. Es wird sich zeigen, ob es gelingt, daraus eine alltagstaugliche Konfiguration zu entwickeln und diese zu einem vertretbaren Verkaufspreis anzubieten.

Glukosebindungsproteine

Die beim Fluoreszenzsensor von Senseonics verwendete Boronsäure stellt im Prinzip einen Rezeptor für die Glukose dar. Beim Anbinden von Glukose ändert sich die Fluoreszenz. Ein ähnliches System besteht aus dem Protein Concanavalin A (Con A) und dem Polysaccharid Dextran. Da die Glukose eine höhere Bindungsaffinität zu Con A hat als Dextran, kommt es bei Kontakt mit Glukose zur Bindungsumordnung. In Verbindung mit einem eingebundenen, fluoreszierenden Farbstoff ändert das System seine Fluoreszenz abhängig von der Glukosekonzentration.

Dieser vom Unternehmen PreciSense, seit 2009 zu Medtronic gehörend, entwickelte Sensor soll in einem Verbund mit elektrochemischen Sensoren eine hohe Messgenauigkeit erreichen, ohne kalibriert werden zu müssen. Ein vergleichbares System entwickelt das Unternehmen BioTex Inc.

Es wird versucht, Bindungsproteine chemisch neu zu erschaffen, die ausschließlich auf Glukosemoleküle ansprechen. Bei einem als Cezanne-Konsortium gegründeten Projekt der Europäischen Union mit Teilnehmern aus 6 Ländern soll ein GBP nach dessen Aktivierung durch die Glukose ein Fluoreszenzsignal abgeben, das mit einem optischen Sensor gemessen wird. Das System wird mit Nanotechnologie miniaturisiert, damit es als 30 × 20 × 20 mm kleiner Chip in das subkutane Gewebe implantiert werden kann. Ziel ist eine Langzeitstabilität über Monate und nach Möglichkeit sogar Jahre.

Auch das Unternehmen Becton Dickinson entwickelt ein GBP, wobei dieses als Nadelsensor in das Unterhautfettgewebe eingebracht werden soll. Grundsätzlich ist zu erwarten, dass durch solche spezifischen GBPs die Messperformance der Glukosesensoren erheblich verbessert werden wird.

Physiologische Effekte messen

Ein anderer Weg für das Glukosemonitoring besteht im Messen physiologischer Effekte, die durch Änderungen der Glukosekonzentration bedingt sind. Die energetische Verwertung von Glukose in den Mitochondrien der Zelle führt unter anderem dazu, dass die Zelle mit Hilfe der gewonnenen Energie aus ihrem Inneren Natriumionen nach außen und Kaliumionen nach innen transportiert (Na+/K+-Pumpe). Dadurch ändert sich die elektrische Leitfähigkeit außerhalb der Zellen, was sich mit Elektroden oder einem elektromagnetischen Feld messen lässt ("Impedanz-Spektroskopie").

Ein entsprechendes Gerät wurde 2003 mit der "Pendra" bekannt und scheiterte u. a. an Selektivität und Genauigkeit. Auch aktuell gibt es solche Entwicklungen (z. B. Gerinova). Problematisch ist allerdings, dass zahlreiche andere Effekte zur Änderung der Leitfähigkeit führen können, wie hormonelle Zyklen, Medikamente, starkes Schwitzen usw. Das Schweizer Unternehmen Biovotion versucht, dieses Problem mit einem Multi-Sensor-Ansatz zu lösen.

Mehr als 150 Parameter, die das Messsignal beeinflussen, werden mit verschiedenen Sensoren über ein breitbandiges elektromagnetisches Feld gemessen und deren Einfluss auf das Glukosesignal wird kompensiert. Ob das System den Durchbruch schafft, bleibt abzuwarten.

Biotechnologische Wege

Physiologisch wird die Glukosekonzentration in den insulinproduzierenden Inselzellen des Pankreas gemessen. Naheliegend ist, diese biologische Möglichkeit für ein Sensorprinzip zu nutzen. An der Universität Bordeaux wird zum Beispiel ein solches bioelektronisches System entwickelt. Dabei werden Inselzellen auf ein mikroskopisches Multielektrodenarray aufgebracht. Da die Inselzellen bei Kontakt mit Glukose konzentrationsabhängig ihr Aktionspotential ändern, kann dies an den mikroskopischen Sensorelektroden festgestellt und verstärkt werden.

Dieses bisher wenig untersuchte Konzept ist als zukunftsweisend anzusehen, wobei die wesentliche Herausforderung in der Langzeitstabilität der biologischen Komponente, also der Inselzellen, zu sehen ist.

Zukünftige Technologien

Neben bewährten Technologien gibt es viele Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung, speziell der Festkörperphysik. Diese führen relativ schnell zu neuen Technologien und Produkten und könnten auch die Entwicklung von Glukosesensoren beschleunigen. Ein repräsentatives Beispiel dafür sind Nanotubes, Kohlenstoffröhrchen mit Durchmessern von wenigen Nanometern. Diese Molekülanordnungen bestehen ausschließlich aus Kohlenstoffatomen und kommen in der Natur nicht vor.

Durch gezielte Manipulation lassen sich in diese Nanoröhrchen Substanzen einbinden, die auf Glukose reagieren. Bei Anregung des manipulierten Röhrchens entsteht ein Fluoreszenzsignal, das gemessen werden und so die Glukosekonzentration anzeigen kann. Entscheidend wäre, dass solche Sensoren eine sehr hohe Messgenauigkeit aufwiesen und extrem klein wären.

Fazit

Dr. Andreas Thomas

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