„Ich bin jetzt in der Loslass-Phase“

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„Ich bin jetzt in der Loslass-Phase“

Die Kontrolle über den Zuckerverlauf behalten – darum geht es in der Diabetes-Therapie. Wer das MiniMed 670G-System nutzt, das die Basalrate automatisch an die Glukosewerte anpasst, gibt etwas von dieser Kontrolle an die Technik ab. Das verbessert meist den Verlauf, ist aber auch gewöhnungsbedürftig, wie sich während einer interessanten Gesprächsrunde in Hamburg zeigte.

Es ist schwierig für mich, die Kontrolle abzugeben. Jetzt bin ich in der Loslass-Phase. Es hat eine Zeitlang gebraucht – auch, weil ich alles verstehen wollte“, so fasst Jörg Herklotz seine erste Zeit mit dem MiniMed 670G-System zusammen.

Herklotz sitzt in einer vom Hersteller-Unternehmen Medtronic organisierten Gesprächsrunde mit seinem Diabetologen Dr. Jens Kröger und Diabetesassistentin Birgit Olesen (beide vom Zentrum für Diabetologie Hamburg Bergedorf). Seit Dezember 2019 trägt er die Insulinpumpe mit „adaptiver“, sprich anpassungsfähiger, automatischer basaler Insulingabe.

Nahe an der natürlichen, individuellen Insulinausschüttung

Die Pumpe ist Teil eines „Hybrid Closed Loop“ genannten Systems. Es besteht aus der Insulinpumpe MiniMed 670G, dem SmartGuard-Algorithmus und dem Sensor Guardian 3 für das kontinuierliche Glukose-Monitoring (CGM).

Diese drei Komponenten „unterhalten“ sich miteinander: Alle 5 Minuten wird die Gewebeglukose gemessen; die Werte sind für die Pumpe die Grundlage für die automatische, von SmartGuard berechnete Anpassung der basalen Insulinzufuhr. Dadurch, dass die Basalrate nun variabel ist, nähert sie sich der natürlichen, individuellen Insulinausschüttung an. „Die Basalrate passt sich dem Leben an“, so Dr. Kröger.

Die Aufgabe der Nutzer besteht noch darin, die Kohlenhydratmenge einzugeben und den Anweisungen zu folgen. Der Sensor muss mindestens zweimal täglich kalibriert werden – für die Blutzuckermessungen gibt es ein Messgerät, das die Werte drahtlos an die Pumpe überträgt.

Weniger oft Entscheidungen treffen

Insgesamt muss Jörg Herklotz über den Tag also viel weniger Entscheidungen treffen – nach Angaben von Medtronic sind es täglich 288 weniger. Das ist ungewohnt, denn weniger Entscheidungen bedeuten, selbst weniger Kontrolle ausüben zu können – man muss, so wie Herklotz, lernen, sich auf das System zu verlassen. „Das ist mit der schwerste Schritt“, sagt Birgit Olesen.

Lesen Sie zu diesem Thema den Beitrag „Kontrolle abgeben – Fluch oder Segen?“ von Susanne Löw in der Blood Sugar Lounge.

Der Prozess dauere meist 1 bis 3 Monate: „Die meisten Patienten haben an die MiniMed 670G die Erwartungshaltung, dass die Pumpe alles allein macht. Der Patient muss aber sehr gut auf die Funktionen und den Umgang geschult werden, um die Vorteile der Technologie ausschöpfen zu können.“ Und Dr. Jens Kröger: „Wenn die Grundlagen der Therapie nicht stimmen und der Patient nicht gut geschult ist hinsichtlich einer Pumpentherapie, dann werden die Resultate auch durch eine Pumpe wie die 670G nicht besser.“

Mehr Zeit im Zielbereich

70 bis 80 Prozent der Zeit ist Jörg Herklotz inzwischen im Zielbereich, der für die meisten Nutzer zwischen 70 und 180 mg/dl (3,9 und 10 mmol/l) liegt. Mehr „Zeit im Zielbereich“ (auch TIR/Time in Range genannt) kann eine bessere Glukosekontrolle mit weniger Schwankungen bedeuten, außerdem ein geringeres Risiko für Komplikationen und Herzkreislauferkrankungen.


von Nicole Finkenauer
Kirchheim-Verlag, Wilhelm-Theodor-Römheld-Straße 14, 55130 Mainz,
Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0, Fax: (0 61 31) 9 60 70 90,
E-Mail: redaktion@diabetes-journal.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2020; 69 (3) Seite 10-11

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • moira antwortete vor 1 Woche

      Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 1 Tag

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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