Mit Tönen den Blutzucker messen

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Mit Tönen den Blutzucker messen

Was hat es für Folgen auf das Leben, wenn eine diabetische Retinopathie oder Makulopathie beginnt, das Sehvermögen einzuschränken?

Die Hauptprobleme sind, wenn ich das richtig verstanden habe, die Unsicherheit, was noch geht, und die Angst davor, in die Unselbständigkeit zu rutschen?

Als Sie blind waren, konnten Sie neu anfangen. Was meinen Sie damit?

Warum ist bei Blindheit das Bedienen von Blutzuckermessgeräten so schwierig?

Was ist in diesem Fall ein guter Teststreifen?

Gibt es noch viele Geräte, die das nicht erkennen?

Die neue ISO-Norm ist vorteilhaft, da vorgeschrieben wird, dass der Teststreifen eine Volumenkontrolle haben muss und dass es sonst kein Ergebnis geben darf. In dieser ISO-Norm steht, dass Blinde und Sehbehinderte das Ergebnis lesen können müssen, denn im Kapitel 4.4 steht "Lesbarkeit der gemessenen Werte". Laut UN-Behindertenrechtskonvention bedeutet "Lesbarkeit", eigenständig jederzeit an vorliegende Informationen zu kommen.

Wie kann man "Lesbarkeit" hier umsetzen?

Wie funktioniert dieser Modus?

Was ist besser: Das Ansagen des Werts oder nur Töne?

Wenn die Sehbehinderung anfängt, stürzt für einen eine Welt zusammen. Zu dem Zeitpunkt kann man in Innenräumen das Display noch ablesen. Aber draußen ist die Lichtblendung so, dass man es nicht mehr kann. Man möchte sich nicht offenbaren als "wohl nicht aufgepasst" und testet dann lieber gar nicht – obwohl man weiß, wie wichtig gerade jetzt eine stabile Stoffwechsellage ist. Hier bietet der zuschaltbare Akustikmodus Diskretion. Deshalb muss in jedem Gerät als Mindeststandard der Akustikmodus integriert sein.

Geht das nicht auch mit Kopfhörer?

Gibt es schon Geräte mit Akustikmodus?

Wie finden Sie die richtige Stelle am Teststreifen zum Blutauftrag?

Jetzt haben wir uns intensiv mit dem Blutzuckermessen befasst. Zum Diabetes gehört ja auch die Insulindosierung. Wo liegen denn bei Insulinpens die Bedienprobleme, wenn man nichts mehr sieht?

Wie bekommt man Blut auf den Teststreifen?

Also gibt es keinen Insulinpen mehr, bei dem zum Beispiel das Dosisaufziehen nicht durch ein Klacken erkennbar ist?

Der Luxus, dass ich sehen kann, wann ich was zuletzt gespritzt habe, funktioniert nicht. Da müsste man eine Sprache einbauen und das ist für einen Pen ein übertriebener Aufwand. Aber eine Übertragung der Daten per Bluetooth auf ein Smartphone, direkt ins Tagebuch, das ist eine technisch umsetzbare Möglichkeit. Aber bis das nutzbar ist, muss ich so diszipliniert sein und direkt mit dem Spritzen eine händische Eintragung in mein Tagebuch vornehmen.

Akustikmodus

Und wie sieht es aus bei den Insulinpumpen?

Dadurch kann ich die ausgeklügelten Therapiemöglichkeiten, die das Combo-System bietet, nicht nutzen. Ich bekomme nicht den Blutzuckerwert mitgeteilt und kann nicht den Bolusrechner der Accu-Chek Combo verwenden, weil ich den mit dem Accu-Chek Compact Plus ermittelten Blutzuckerwert nicht per Hand eingeben kann. Ich kann mit der Spirit Combo nur eine Pumpentherapie wie vor 30 Jahren durchführen.

Wir haben 2005 durch den Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband zu einem Workshop alle Insulinpumpenunternehmen eingeladen. Dort hatten wir an den damaligen Pumpenmodellen vorgeführt, wo die Vorzüge und Nachteile bei der Blindbedienbarkeit liegen. Daraufhin hatte Roche bei der Accu-Chek Spirit Combo ohne großes Aufheben Verfeinerungen an der Menüstruktur und den Signaltönen vorgenommen, die einem Sehenden nicht auffallen.

Medtronic, Animas und Dana scheiden im Moment komplett wegen des fehlenden Tastenechos aus, die MyLife Omnipod bisher aus dem gleichen Grund. Das Menü der Omnipod ist eigentlich gut strukturiert: Wenn es nicht weiter nach oben geht, bin ich am Anfang, wenn es nicht weiter nach unten geht, bin ich am Ende, da kann man zählen – aber für mich gibt es kein Tastenecho.

Ich bete, dass meine Insulinpumpe Cozmo, die nicht mehr verfügbar ist, noch ein bisschen hält, denn die ermöglicht mir ganz viel, was die anderen nicht können. Die Cozmo hat Orientierungstöne, hier muss ich allerdings die Menüstruktur im Kopf haben – so wie ein Taxifahrer die Straßen seiner Stadt auswendig kennt –, um die Pumpe bedienen zu können. Allerdings benutzen die heutigen Taxifahrer meine Hilfsmittel, das sprechende Navi, um ans Ziel zu kommen.

Natürlich brauche ich für das Bedienen der Pumpe im Akustikmodus eine hohe Konzentration. Eine barrierefreie Programmstruktur ist folgendermaßen aufgebaut: In einem Menü ist die Orientierung am übersichtlichsten, wenn die Struktur einer Leiter verwandt wird. "Leiter-Menü" bedeutet eine feste Reihenfolge mit Anfang und Ende. Zum Beispiel: ein Menü mit sieben Auswahlmöglichkeiten (Stufen). Wird es aufgerufen, startet man immer auf dem ersten Menüpunkt, z. B. "Bolus". Mit sechsmaligem Betätigen der Runter-Taste gelangt man auf den letzten Menüpunkt, z. B. "Status". Mit Tastenecho hört man sechs Töne. Dort angekommen, würde jetzt ab dem siebten Tastendruck kein Tastenecho mehr erfolgen und die Orientierung wäre perfekt. Man würde genau erkennen, wo man ist.

Das Schema des Kreisverkehrs wird sehr häufig angewandt, z. B. bei der Programmierung der Basalrate. Der Kreisverkehr muss immer einen gleichbleibenden Startpunkt (Nullpunkt) haben. Ein Orientierungston muss beim Kreisverkehr den wieder erreichten Startpunkt (Nullpunkt) eindeutig signalisieren. Ich kann da relativ sicher alles machen.

Bei meiner Cozmo gibt es ein paar Programmierungen, die ich lieber über den PC mache. So kann ich auch alle von mir gemachten Aktionen nachvollziehen. Und wenn ich unterwegs bin, kann ich einen Sehenden fragen, auch wenn der keine Ahnung von der Insulinpumpe hat, denn es steht ja in Worten auf dem Pumpendisplay, was los ist. Rein bildliche Darstellungen erhöhen nicht die Verständlichkeit, sondern verdeutlichen die sprachliche Unfähigkeit des Zeichners.

Was ich bei der Accu-Chek Spirit nicht kann: Wenn ich wegen Alarm eine Unterbrechung der Bolusabgabe habe, kann ich nicht feststellen, was mir noch an Insulin fehlt. Das steht zwar im Bolusspeicher, aber da komme ich nicht dran; und sie gibt mir nach Beheben des Alarms nicht freiwillig das noch fehlende Insulin. Meine Cozmo meckert auch; ich sehe es natürlich auch nicht, aber sie gibt mir hinterher das restliche Insulin.

Das Schönste bei einer Pumpe wäre eine Sprachausgabe, aber bei den meisten fehlen selbst Minimalanforderungen.

Das Wort Tagebuch fiel schon mehrmals. Führen Sie eins?

Der Trend geht ja zu Apps und Smartphone. Wenn der Programmierer die vorgegebenen Standards einhält und nicht wild drauflos hantiert, sind diese Apps für Blinde barrierefrei.

Ich habe zum Blutzuckermessen das Diamond Mini, das über Bluetooth läuft, einige Tage getestet. Mit den Teststreifen habe ich bis jetzt keine Fehlmessung gehabt. Und um mein Messergebnis zu erfahren, muss ich erst den Streifen herausnehmen, aber dann wird der Wert sofort über Bluetooth an mein Smartphone und auch direkt in SiDiary gegeben. Der ist dann für mich lesbar – im Gegensatz zu den Geräten von Sanofi, wo der Wert nur als Bild kommt.

Was müsste aus Ihrer Sicht geschehen, damit sich mehr ändert für Diabetiker mit Augenproblemen in Bezug auf die Hilfsmittel?

Auch Sprache kostet wenig, aber wenn ich Sprache in einer Pumpe habe, brauche ich auch einen guten Lautsprecher; dann haben wir keine Wasserdichtigkeit. Man könnte die Sprache aber in die Fernbedienungen integrieren. Diese sind schließlich "Mini-PCs" so wie Navis und Smartphones – und die können sprechen. Es ist keine Frage der Technik und des Geldes, sondern nur noch eine Frage des Darandenkens.

An wen können sich sehbehinderte und blinde Diabetiker wenden, wenn sie Unterstützung bei den Hilfsmitteln suchen?

Frau Droßel, vielen Dank für das informative Gespräch.

Forderungen an die Barrierefreiheit der medizintechnischen Hilfsmittel, die für die Selbsttherapie benötigt werden

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  • tako111 postete ein Update vor 2 Tagen, 16 Stunden

    Fussschmerzen lassen leider keine Aktivitäten zu!

  • Hallo guten Abend ☺️

    Ich heiße Nina, bin 33j jung und Mama von drei zauberhaften Mädels.
    Und vor kurzem bekam ich die Diagnose Diabetes Typ 3c. Nach 5 Jahren – 11 Bauchspeicheldrüsen Entzündungen und schwangerschaftsdiabetes 2024, hat meine Drüse nun fast aufgegeben.. Ich bin irgendwie froh diese Schmerzen nicht mehr zu haben, aber merke wie schwer der Alltag wird. denn hinzukommt noch dass ich alleinerziehend bin.
    Aktuell komme ich überhaupt nicht klar mit der ganzen Situation, täglich habe ich hunderte Fragen die niemand beantworten kann. Dass ist mehr als verrückt.
    Wie habt ihr euch gefühlt in dem Moment als es diagnostiziert wurde?

    Ich freue mich sehr auf einen netten Austausch und eure Erfahrung.

    Liebe Grüße, schönen Abend
    Nina 🙂

    • Willkommen Nina, …
      da hast du ja sich schon einiges hinter Dir. Wie schaut es bei Dir mit Mutterkindkur aus, auch in hinblick einer Diabetesschulung. Hast du guten Diabetologen, Teilnahme DMP, Spritzt du selber oder Pumpe, auch hier gibt es viele Fragen. Wie sieht es mit Selbsthilfegruppen bei Euch aus. …
      Oder Forum? Gerade am Anfang, wo noch alles neu ist, – ist es schon eine tägliche Herausforderung, – da kann es hilfreich sein kleine Ziele sich zu setzen. Dabei finde ich die Aktzeptanz am wichtigsten, oder auch sich selber spritzen zu müssen, oder das Weg
      lassen bzw. bändigen des Naschen … etc. Kleine Schritte …

      Viele Fragen bekommst du auch in eine Diabetes-Schulung beantwortet,
      falls noch nicht gemacht, spreche das bei Deinem Diabetologen an!

      Über weiteren Austausch bin ich auch erfreut, schildere ruhig deine Bausstellen, … doch letztendlich sollte Dein Arzt das beurteilen.

      LG

      Wolfgang

  • swalt postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Dia-Newbies vor 3 Tagen, 23 Stunden

    Hallo zusammen. Ich möchte mich erst einmal vorstellen. Ich bin “noch” 59 Jahre, und habe wahrscheinlich seit 2019 Diabetes. Ich würde mir wünschen, endlich angekommen zu sein. Wahrscheinlich seit 2019, weil ich in einem Arztbrief an meinen damaligen Hausarzt zufällig auf den Satz: “Diabetes bereits diagnostiziert” gestoßen bin. Ich habe meinen Hausarzt dann darauf angesprochen und wurde mit “ist nicht schlimm” beschwichtigt.
    Lange Rede. Ich habe einen neuen Hausarzt und einen sehr netten Diabetologen, bei dem ich jetzt seit 4 Jahren in Behandlung bin. Ich vertrage die orale Therapie nicht und spritze ICT. Dennoch bin ich in diesem Thema immer noch absoluter Neuling. Natürlich habe ich viermal im Jahr ein Gespräch mit meinem Diabetologen. Das hilft aber im täglichen Umgang nicht wirklich. Auch die anfangs verordnete Schulung war doch sehr oberflächlich und das war es. Ich kenne nicht die Möglichkeiten, die mir zustehen. Ich habe mir alles, was ich zu wissen glaube aus Büchern angelesen. Irgendwie fühle ich mich allein gelassen, irgendwie durchgerutscht. Ich kenne niemanden in meinem Bekanntenkreis, der Diabetes hat und die nächste Selbsthilfegruppe ist über 50 km entfernt.
    Und so bin ich jetzt hier gelandet. Ich möchte wissen, wie ihr das handhabt, damit ich verstehe, was ich richtig mache und was falsch. Damit ich weiß, dass ich nicht allein damit lebe.

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