Rechtliche Anforderungen durch das Internet

4 Minuten

Rechtliche Anforderungen durch das Internet

Mit Hilfe von speziellen Auswertungsprogrammen kann die Therapie von Diabetikern unterstützt werden, in zahlreichen Praxen sind elektronische Diabetesdokumentationssysteme nicht mehr aus dem Arbeitsalltag wegzudenken. Das Einlesen von Messgeräten, der Datenempfang per E-Mail oder die Speicherung von Daten aus Insulinpumpen und Systemen zum kontinuierlichen Glukosemonitoring (CGM) in der "cloud" gewinnen immer mehr an Bedeutung.

Verantwortung für Datensicherheit

Bei der Nutzung solcher neuen Technologien müssen die geltenden Gesetze und Vorschriften beachtet werden. Verstöße gegen die ärztliche Schweigepflicht sind strafrechtlich sanktioniert; auch die Missachtung von Datenschutzbestimmungen kann erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen. Daneben ist der Arzt auch für die Datensicherheit (Schutz seiner Daten vor Angriffen, Vermeidung von Schäden, Risikominimierung) und Datenintegrität (Sicherstellung, dass Daten nicht beschädigt oder verändert werden) verantwortlich.

Ärztliche Schweigepflicht

"(…) Was ich bei der Behandlung oder auch außerhalb meiner Praxis im Umgange mit Menschen sehe und höre, das man nicht weiterreden darf, werde ich verschweigen und als Geheimnis bewahren" – diese Verpflichtung steht im hippokratischen Eid; Verstöße werden auch strafrechtlich sanktioniert. Gemäß § 203 Strafgesetzbuch (StGB) wird "mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft", wer "unbefugt (…) ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis (…) offenbart, das ihm als Arzt (…) anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist".

Auch gemäß § 9 Musterberufsordnung für die Ärzte (MBO) haben Ärzte über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Arzt anvertraut oder bekanntgeworden ist, zu schweigen.

Straf- und berufsrechtliche Sanktionen möglich

Neben straf- und berufsrechtlichen Sanktionen muss der Arzt bei Zuwiderhandlung auch mit Schadensersatz- und Unterlassungsforderungen betroffener Patienten rechnen; schließlich kann ein solches Verhalten auch von anderen Ärzten wettbewerbsrechtlich "abgemahnt" werden, was mit nicht unerheblichen Kosten verbunden ist.

Grundsätzlich gilt: Daten, Diagnosen oder sonstige patientenbezogene Informationen – und dazu zählt schon die bloße Angabe, dass ein Patient bei einem Arzt in Behandlung ist – dürfen nur in gesetzlich bestimmten Ausnahmefällen oder nach vorheriger Einwilligung des Patienten an Dritte weitergegeben werden.

Gesetzliche Übermittlungsbefugnisse und -pflichten finden sich in speziellen Bereichen. Ansonsten ist eine Datenweitergabe ohne Einwilligung nur in Ausnahmefällen zulässig, insbesondere wenn eine konkrete, nicht anders abwendbare Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit (§ 34 StGB) besteht, der Arzt sich selbst gegen strafrechtliche Ermittlungen verteidigen muss oder er gegen den Patienten zivilrechtliche Ansprüche geltend macht.

In allen anderen Fällen dürfen personenbezogene Patientendaten nur dann erfolgen, wenn der Patient zuvor in den konkreten Übermittlungsvorgang eingewilligt hat (Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.07.1991 – NJW 1991, 2 955). Eine pauschale, vorweggenommene Einwilligungserklärung in eine Datenübermittlung ist nicht ausreichend.

Einwilligung der Patienten

Hierbei ergeben sich oft Probleme: Eine wirksame Einwilligung kann nur erfolgen, wenn der Patient überhaupt in der Lage ist, die Reichweite und den Inhalt seiner Einwilligungserklärung zu verstehen. Der Arzt muss im Zweifel nachweisen (können), dass er den Patienten vor (!) Erteilung der Einwilligung umfassend über alle Empfänger sowie den Umfang der vorgesehenen Datenweitergabe informiert und der Patient die Tragweite der abverlangten Einwilligungserklärung begriffen hat.

Ein Aushang im Wartezimmer oder die bloße Mitteilung, dass die Patientendaten zur Datenauswertung oder Speicherung übermittelt werden, reichen nicht aus, um eine (stillschweigende) Einwilligung der Patienten in die Datenübermittlung anzunehmen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 4.3.1994 – NJW 1994, 2 421; OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.10.1997 – NJW 1998, 831).

Der Patient muss also im Vorfeld wissen, aus welchem Anlass und mit welcher Zielsetzung er welche Personen wem gegenüber von der ärztlichen Schweigepflicht entbindet. Dem Arzt obliegt im Streitfall die Beweislast dafür, dass dieses Wissen vorlag. Ein nachträglich eingeholtes Einverständnis reicht nicht aus; bis dahin erfolgte Datenweitergaben bleiben rechtswidrig bzw. strafbar.

Datenpannen nicht unwahrscheinlich

Ein nicht gänzlich unwahrscheinliches Szenario könnte beispielsweise sein, dass die vom Arzt an die Onlineplattform eines Geräteherstellers übermittelten Insulinpumpen- oder CGM-Verläufe plötzlich aufgrund eines Datenlecks frei zugänglich werden. Auch besteht eine grundsätzliche Gefahr, dass die Daten – möglicherweise sogar in Einklang mit dem am Betreiberstandort geltenden Recht – wirtschaftlich weiterverwertet werden, z. B. durch Verkauf der Daten an Versicherungen, Krankenkassen oder Versandhändler.

Man wird davon ausgehen dürfen, dass viele Patienten in Kenntnis solcher Konsequenzen wohl eher nicht bereit wären, einer Datenweitergabe zuzustimmen. Es ist somit riskant, den Patienten lapidar eine formularmäßige Einwilligungserklärung zur Unterschrift vorzulegen. Eine umfassende Aufklärung, in der die Patienten auch über die Risiken der vorgesehenen telemedizinischen Datenverarbeitung informiert werden, ist daher in jedem Fall anzuraten.


Einhalten der Verpflichtungen Dritter überwachen

Übrigens: Selbst wenn der Arzt – was allgemein eher unüblich ist – den Plattformanbieter vertraglich zur Einhaltung europäischer Datenschutzstandards verpflichtet hat, würde dies nicht zur Exkulpation ausreichen können. Denn in diesem Fall müsste der Arzt auch sicherstellen und nachweisen, dass er die Einhaltung dieser Verpflichtungen (regelmäßig) überwacht. Zumindest bei ausländischen Unternehmen dürfte sich dies in der Praxis aber als schwierig oder gar unmöglich erweisen.

Und schließlich: Auch wenn vorab eine umfassende und wirksame Einwilligung eingeholt wurde und der Patient in der Vergangenheit keine Probleme mit der Datenübermittlung hatte, ist dieses Einverständnis nicht unbegrenzt gültig. Die Einwilligung muss regelmäßig und wiederholt eingeholt werden (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.05.1992 – NJW 1992, 2 348).

Elektronische Patientenakte

Neben der ärztlichen Schweigepflicht sind auch die datenschutzrechtlichen Vorschriften (u. a. gemäß § 4 BDSG) einzuhalten. Hiernach ist eine Datenspeicherung und Weitergabe nur zulässig, soweit dies gesetzlich zugelassen bzw. vorgeschrieben ist oder der Betroffene eingewilligt hat. Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorschriften können mit Geldbußen bis 50.000 Euro, in schweren Fällen bis 300.000 Euro oder Freiheitsstrafe geahndet werden (§ 43 BDSG).

Im Rahmen des Behandlungsvertrags kann und darf der Arzt die hierfür notwendigen Daten auch mittels EDV erheben und speichern, ohne dass hierfür eine besondere Einwilligung benötigt wird. Auch die elektronische Führung einer Patientenkartei bedarf daher grundsätzlich keiner Einwilligung. Gemäß § 3a BDSG sind aber "Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten" sowie die "Auswahl und Gestaltung von Datenverarbeitungssystemen" dahingehend zu organisieren, dass "so wenig personenbezogene Daten wie möglich" erhoben, verarbeitet oder genutzt werden.

Risikoszenarien im Praxisalltag (Beispiele)

RA Oliver Ebert

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Ähnliche Beiträge

Diagnose Typ-1-Diabetes: Das Leben neu sortiert

Diagnose Typ-1-Diabetes: Das Leben neu sortiert | Foto: privat

9 Minuten

Exzellent versorgt: tk pharma trade – Kompetenz für Menschen mit Diabetes

Seit über 30 Jahren ist tk pharma trade Partner für moderne Diabetesversorgung. Mit innovativen Lösungen, persönlicher Beratung und regionaler Nähe begleiten wir Menschen mit Diabetes zuverlässig – und setzen gleichzeitig auf Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung und Service-Innovationen.

2 Minuten

Anzeige

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Community-Frage

Mit wem redest du
über deinen Diabetes?

Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Community-Feed

  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

  • Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂

    Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/

  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

Verbände