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[Dieser Beitrag enthält unbeauftragte Marken- und Produktnennung.]
Mein Mann Christoph ist Elektroingenieur und arbeitet in einem Prüflabor, in dem er sich den ganzen Tag mit Messtechnik und statistischen Auswertungen von Messdaten beschäftigt. Das muss ich vorwegschicken, damit ihr versteht, warum er so heiß darauf war, mit mir eine kleine Testreihe zum Vergleich des FreeStyle Libre 1 (FSL1) und des FreeStyle Libre 2 (FSL2) zu machen. Als ich also mein Testpaket* mit zwei Sensoren des neuen FSL2 sowie einem neuen Lesegerät vom Unternehmen Abbott erhielt, beschlossen wir, dass ich beide Sensoren parallel tragen würde und dass wir im Anschluss die Glukosekurven übereinanderlegen und uns die Unterschiede genauer anschauen.
Ebenfalls voranstellen muss ich einen kleinen methodischen Disclaimer, denn natürlich ist unser Experiment nicht wissenschaftlich belastbar. In unserer Alltagsstudie gab es nur eine Teilnehmerin (n=1=ich!), das ist nicht sonderlich repräsentativ. Ich habe auch nicht beide Sensoren am selben Tag gesetzt, sondern mit gut einer Woche Abstand – einfach, weil sich das so ergab und gerade passte. Außerdem habe ich (auch wenn Christoph mich immer wieder gebeten hat, möglichst oft blutig gegenzumessen) im Alltag nicht immer daran gedacht, eine Blutzuckerkontrolle durchzuführen. Christoph war eindeutig der gewissenhaftere Forscher – aber er hat nun einmal selbst keinen Diabetes und brauchte deshalb mich für diese kleine Studie.
Der Plan war, die Weihnachtstage mit den typischen Glukoseschwankungen und der für mich typischen… nun ja… weihnachtlichen Lässigkeit im Umgang mit meinen Glukosewerten für den Test zu nutzen. Unsere Überlegung: Stabile Werte machen flache Kurven, die für Vergleiche nicht gut taugen. Erst wenn es ein paar Berg- und Talfahrten gibt, kann man vermutlich interessante Beobachtungen machen. Um Weihnachten herum gab es diverse spontane Besuche auf dem Weihnachtsmarkt mit Glühwein und Burgunderschinken im Brot, natürlich alles ohne Spritz-Ess-Abstand. Es gab einen Besuch beim Italiener, bei dem ich der Versuchung nachgab und im Parmesan-Laib geschwenkte Tagliatelle mit Trüffeln bestellte, die sich viel Zeit ließen und erst mitten in der Nacht meinen Glukosewert auf 300 mg/dl (16,7 mmol/l) ansteigen ließen. An den Weihnachtstagen selbst standen Familieneinladungen und viel zu üppige Mahlzeiten mit mehreren Gängen auf der Agenda, bei denen man nie genau weiß, wann das Essen tatsächlich auf den Tisch kommt, und ich entsprechend meist auf einen Spritz-Ess-Abstand verzichten musste. Kurz gesagt: viel mehr Glukoseschwankungen als in meinem normalen Alltag, der perfekte Zeitraum zum Testen.
Und so setzte ich ein paar Tage vor Heiligabend den ersten FSL2-Sensor an den rechten Arm, während links schon seit etwa einer Woche ein FSL1-Sensor lief. Ich aktivierte den FSL2-Sensor unmittelbar nach dem Setzen, denn schließlich hatte Abbott versprochen, mit der Einführung des FSL2 habe sich auch das Problem mit mangelnder Messgenauigkeit in den ersten Tagen erledigt. Beim FSL1 warte ich mit dem Aktivieren immer 24 Stunden, denn sonst spuckt das System mir zwei bis drei Tage lang mehr Mist als plausible Werte aus. Ich hatte schon 2015 einmal auf meinem Blog darüber geschrieben. Mit der verzögerten Aktivierung hingegen läuft das FSL1 bei mir normalerweise vom ersten Messwert an prima: Die Werte passen zu den gelegentlich parallel gemessenen Blutzuckerwerten, und der vom FreeStyle Libre vorausgesagte HbA1c-Wert stimmte bislang immer auf 0,1% genau mit dem in der Diabetespraxis ermittelten Laborwert überein. Den zweiten FSL2-Sensor setzte ich deshalb lieber mit 24 Stunden Vorlauf – und siehe da, auf diese Weise funzte es von Anfang an.
Insgesamt war ich zufrieden mit dem FSL2: Handhabung, Sensorgröße – alles unverändert gegenüber dem FSL1. Wegen der (optionalen) Alarme muss das Lesegerät häufiger aufgeladen werden als beim FSL1, doch ca. fünf Tage Akkulaufzeit finde ich absolut akzeptabel – mein iPhone muss ich schließlich nahezu täglich laden. Die Alarme sind für mich gewöhnungsbedürftig, auch wenn sie nicht so penetrant nerven wie die des Dexcom, den ich im Frühjahr 2018 einmal zur Probe tragen durfte und mit dem ich mich offen gestanden gar nicht anfreunden konnte. Doch zum Thema Alarme haben Susanne Löw und Stephanie Haack hier in der Blood Sugar Lounge schon genug geschrieben, sodass ich mich hier auf die Verlaufskurven beschränken möchte.
Nachdem beide Testsensoren abgelaufen waren, lud Christoph sich also die gesammelten Glukosedaten herunter: die mit dem iPhone gescannten Daten des FSL1 aus der LibreLink App und die mit dem neuen Lesegerät gescannten Daten des FSL2 über LibreView. Er exportierte alle Daten in die Software Famos, mit der man noch bessere Datenanalyse betreiben kann als mit Excel. Die Hauptschwierigkeit lag darin, dass natürlich nicht alle Messwerte zur selben Uhrzeit erhoben wurden, was einen direkten Vergleich auf der Zeitachse erschwert. Doch Christoph bastelte eine Weile damit herum, bis es ihm gelang, die parallel gemessenen Glukosekurven nebst vereinzelten Blutzuckerwerten übereinanderzulegen.
Hier nun also unsere Beobachtungen und meine Schlussfolgerungen – wohlgemerkt für meine Therapie, denn mehr als meine eigenen – stellenweise auch lückenhaften – Werte habe ich mir ja nicht angeschaut.
Als ich den ersten FSL2-Sensor unmittelbar nach dem Setzen aktiviert hatte, erinnerten die Messwerte doch stark an die Kraut-und-Rüben-Kurven aus der ersten Zeit mit dem FSL1, als ich den Trick mit der verzögerten Aktivierung noch nicht kannte. Die blauen Punkte in der Grafik sind die FSL2-Messwerte, die Dreiecke stammen vom FSL1. Wie man in Abb. 1 sieht, hat der FSL2-Sensor in den ersten zwei Tagen ein ziemliches Durcheinander gemessen und sich erst nach ein paar Tagen dem FSL1-Sensor so weit angenähert, sodass mir die Werte plausibel erschienen. (Kleine Randnotiz: In der Nacht vom 20. Dezember 2018 sieht man übrigens den katastrophalen Pasta-Verlauf der oben erwähnten Tagliatelle aus dem Parmesan-Laib. Den morgendlichen Gruselwert habe ich natürlich ein bisschen zu beherzt korrigiert und mich prompt in eine Hypoglykämie geschossen.) Der zweite FSL2-Sensor, den ich erst 24 Stunden nach dem Setzen aktivierte, lief von Anfang an besser (siehe Abb. 2). In den ersten Tagen mit dem zweiten FSL2-Sensor habe ich auch mehr blutige Messungen gemacht, und man sieht gut, dass es in Sachen Genauigkeit im Vergleich zum Blutzucker bei mir weder mit dem FSL1 noch mit dem FSL2 viel zu meckern gibt.
Wer schon ein wenig Erfahrung mit CGM oder FGM/iscCGM hat, der weiß, dass die im Unterhautfettgewebe gemessenen Glukosewerte den Blutzuckerwerten ein wenig „hinterherhinken“. Das liegt daran, dass der Zucker nach dem Essen erst in die Blutbahn und dann erst ins Zwischenzellwasser des Unterhautfettgewebes gelangt. In der Regel wird der Unterschied mit 10 bis 20 Minuten angegeben. Beim gleichzeitigen Testen von FSL1 und FSL2 schien es mir, als sei diese Zeitdifferenz beim FSL2 etwas geringer als beim FSL1 (siehe Abb. 3). Allerdings war die Zeitdifferenz keineswegs konstant, denn sonst hätten sich ja zwei exakt gleiche Kurven zeigen müssen, die lediglich ein wenig auf der Zeitachse verschoben sind. Doch wie man in Abb. 4 und 5 sieht (hier hat Christoph sich ein bisschen näher in den Verlauf nach meinem unschönen 300er-Pasta-Wert eingezoomt), variiert der sogenannte „time lag“ doch recht stark.
Leider messen CGM- und FGM/iscCGM-Systeme nachts manchmal Glukosewerte, die um einiges niedriger liegen als der Blutzuckerwert. Wenn man ein System hat, das einen bei niedrigen Werten mit einem Alarmton weckt, ist ein Fehlalarm besonders ärgerlich. Weil ich nicht zu nächtlichen Unterzuckerungen neige und mich das FSL2 mit seinem optionalen Alarm in einer Nacht gleich zweimal mit einem Fehlalarm weckte, deaktivierte ich die Hypoglykämie-Alarme schon nach wenigen Tagen. Doch ich glaube, in meinen Kurvenvergleichen eine Bestätigung für eine These gefunden zu haben, die ich schon häufiger von anderen Nutzern gehört habe. So gibt es Überlegungen, dass der Sensor falsch niedrige Werte anzeigen kann, wenn das Gewebe stark zusammengedrückt wird und deshalb punktuell nicht ausreichend viel Gewebeflüssigkeit für eine solide Messung enthält. Ich bin ein Seitenschläfer und wechsele in der Nacht immer wieder die Seite. Daher liege ich immer entweder auf dem einen oder dem anderen Oberarm. Die beiden folgenden Bilder erklären Christoph und ich uns so, dass ich einmal gegen 2 Uhr nachts offenbar auf der rechten Seite gelegen und meinen Oberarm mit dem FSL2 mit meinem Gewicht komprimiert habe (siehe Abb. 6) und einmal auf der linken Seite, sodass ich den FSL1-Sensor am linken Oberarm gestört habe (siehe Abb. 7).
Da ich für meinen Teil nicht superscharf auf Alarme bin, habe ich kein Problem damit, dass ich erst im August 2019 mit meinem nächsten FSL-Rezept auf das FSL2 umsteigen werde. Ich gehe aber davon aus, dass ich mit dem FSL insgesamt ebenso zufrieden sein werde wie zuvor mit dem FSL1 – und zwar sowohl in puncto Handhabung als auch in Sachen Zuverlässigkeit und Genauigkeit. Wie sieht es bei euch aus? Wer von euch hat auch schon das FSL2 ausprobiert? Habt ihr ähnliche Beobachtungen wie ich gemacht?
*Ich habe das Testpaket mit zwei Sensoren und einem Lesegerät des FSL2 unentgeltlich vom Unternehmen Abbott erhalten. Mit der Lieferung waren keine besonderen Bedingungen verknüpft. Weder habe ich mich verpflichtet, überhaupt über meinen Test zu berichten, noch gab es Vorgaben, wie ich zu berichten habe. Dieser Beitrag spiegelt ausschließlich meine persönlichen Erfahrungen und Eindrücke wider.
Für Katharina waren die fehlenden Alarme damals ein Grund dafür, vom FreeStyle Libre 1 zum Dexcom G5 zu wechseln: Wechsel vom FGM zum CGM – was ist anders?
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