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Seit nunmehr vier Jahren bin ich Anwender eines Real-Time-CGM-Systems. Im Sommer 2012 hatte ich aufgrund meiner beginnenden beruflichen Tätigkeit und einer sehr ausgiebigen sportlichen Freizeitgestaltung größere Probleme mit meiner Einstellung und einer akzeptablen Kontrolle meines Diabetes. Eine Insulinpumpentherapie, viel Bewegung und ausgewogene Ernährung halfen mir nicht, das HbA1c unter 8,5 Prozent zu senken. "Erschwerend" nahm ich in kürzester Zeit rund 20 Kilogramm zu – eine Schilddrüsenerkrankung vom Typ Hashimoto wurde diagnostiziert.
Aus dieser Unzufriedenheit, der gesundheitlichen Belastung und seit über 20 Jahren "zerstochenen" Fingern begab ich mich auf die Suche nach einer Möglichkeit, meinen Blutzucker mit weniger Lücken zu überwachen und meine Behandlung dadurch zu optimieren. Ich fand die kontinuierliche Glukosemessung.
Anfänglich verunsichert, was nun der Unterschied von der gemessenen Gewebeglukose zum Blutzucker ist, erweckte das System trotzdem sofort mein Interesse. Die gleichen Messeinheiten, die gleichen Absolutwerte und ein lediglich kleiner Zeitunterschied in der Verlaufskurve lassen mich, auch wenn medizinisch inkorrekt, weiter den Begriff Blutzucker verwenden.
Allein die Möglichkeit, zu jeder Zeit den Blutzucker auf der Pumpe ablesen zu können, eine Meldung zu erhalten, wenn die zuvor eingestellten Unter- und Obergrenzen verletzt werden, und nach über 20 Jahren mit punktueller Messung das Gefühl zu haben, sich nicht permanent selbst zu überwachen, sondern eine technische Hilfe zu erhalten, bewegten mich dazu, das Messsystem zu beantragen.
Versichert bei einer gesetzlichen Krankenkasse erwartete ich bei diesem damals noch nicht als Kassenleistung angebotenen Hilfsmittel große Probleme im Antragsprozess. Im Gegenteil: Eine umfangreiche Stellungnahme meinerseits und die medizinische Begründung meines Arztes reichten aus, um im Oktober 2012 eine Kostenübernahme für das CGM-System zu erhalten. Ein Grund dafür: Für mich ist es schwierig, Unterzuckerungen frühzeitig zu erkennen. Hinzu kam meine Tätigkeit als Prozessingenieur, tätig oft in Reinraumkleidung. Mission Blutzuckermessen – impossible!
Die ersten Wochen mit dem neuen System waren ungewohnt. Die mitgelieferten Pflaster für eine bessere Fixierung des Sensors, auch bei stärkerer Bewegung, funktionierten bei mir nicht. Unter diesem Pflaster bildete sich innerhalb kürzester Zeit eine Rötung, und so wurde ein Tragen über sechs Tage sehr schmerzhaft. Ich ersetze diese Pflaster nun durch Wundverbandspflaster, die ich nach dem Duschen erneuere und so keine Trageprobleme oder Hautirritationen habe.
Inzwischen lebe ich mit dem Sensor sehr gut. Einmal gelegt und kalibriert, ergibt sich für mich ein hervorragendes Lebensgefühl, immer einen kleinen Beobachter in der Hosentasche zu haben, der neben der eigenen Wahrnehmung ein Auge auf den Blutzucker hat. Gerade leichte Anstiege des Blutzuckers konnte ich persönlich nie wahrnehmen. Steigt der Blutzucker nach dem Essen doch an, warnt einen die Pumpe an der eingestellten Obergrenze, und man kann noch einmal Insulin nachlegen. So sind sehr hohe Werte nahezu unmöglich, da ein rechtzeitiges Gegenwirken immer möglich ist.
Über die letzten Jahre nahm mein Leben an Fahrt auf: berufliche Karriere und Beziehung in Regensburg, Fernstudium zum Master of Business Administration (MBA) und Lehraufträge in Zwickau und der Slowakei, Promotion in Budapest, Familie in Chemnitz, Prüfer für die Industrie- und Handelskammer in Regensburg. Ich bin sehr viel unterwegs, gehe gezwungenermaßen in den verschiedensten kulinarischen Hotspots Europas essen und laufe dennoch mit meinem Blutzucker sehr gut geradeaus.
Unterzuckerungen werden frühzeitig gemeldet, Überzuckerungen ebenfalls. Ich kann immer rechtzeitig korrigieren, sobald die voreingestellten Grenzen erreicht werden. Auch ein kurzer Blick zwischendurch auf die Pumpe, sei es vor einer Prüfung oder in der Vorlesung vor 80 Studenten, ist jederzeit möglich und gibt mir ein sicheres Gefühl.
Mögen bei einigen Anwendern anfängliche Ängste vor noch einem Pflaster mehr am Bauch herrschen, kann ich dieses System dennoch nur empfehlen. Die körperlichen Hindernisse werden durch die optimierte Einstellung sowie die Sicherheit und Freiheit in der Behandlung für mich mehr als aufgehoben.
Meine Jahresverordnung wurde 2016 nicht mehr akzeptiert, und einige Probleme mit der Weiterverordnung des Systems standen an. Nachdem ich im Dezember 2015 meine Rezepte für die erneute Jahresverordnung in 2016 einreichte, wurde mir die Therapie nur noch bis zum 31. März 2016 freigegeben. Für mich war diese Entscheidung unverständlich, da ich über die gesamte Laufzeit mein HbA1c um ca. 1,5 Prozent gesenkt hatte und die psychische Verfassung deutlich besser war – da ich nicht ständig in dem fragenden Gefühl war, ob mein Blutzucker gerade in Ordnung ist.
Nachdem durch den Gemeinsamen Bundesausschuss und das Bundesgesundheitsministerium dieses Hilfsmittel als gesetzliche Kassenleistung genehmigt wurde, steht es nunmehr vielen Typ-1-Diabetikern zu. Wichtig ist bei einem Antrag aus meiner Sicht, dass eine umfangreiche Begründung des Arztes vorliegt und man als Betroffener selbst Stellung dazu nimmt, warum ein Real-Time-CGM-System wichtig ist. In diesem Sinne wünsche ich allen Interessenten viel Erfolg in der Beantragung eines CGM-Systems!
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