Krankenhausreform: DDB sieht Mängel bei Sicherheit und Versorgung

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Krankenhausreform: DDB sieht Mängel bei Sicherheit und Versorgung

Anfang 2025 soll das Krankenhaus­versorgungs­verbesserungs­gesetz in Kraft treten. Was bringt die Krankenhausreform für Menschen mit Diabetes?

Die Krankenhausreform hat grundsätzlich drei Ziele:

  • die Behandlungsqualität zu sichern und zu steigern,
  • flächendeckende medizinische Versorgung zu gewährleisten und
  • Bürokratie abzubauen.

Im Kern sieht das Gesetz vor, Krankenhäuser künftig zu einem Großteil über ein Vorhalte-Budget zu finanzieren. Das bedeutet: Sie bekommen eine feste Vergütung dafür, dass sie bestimmte Leistungen „vorhalten“, sie also im Bedarfsfall anbieten können. Diese Vergütung bekommen die Einrichtungen unabhängig davon, ob und wie oft sie die Leistungen in einem Jahr tatsächlich erbringen. Das lenkt das System weg von der Fokussierung auf solche Leistungen, die gemäß Fallpauschalen besonders einträglich für die Häuser sind. Die Vorhalte-Vergütung, die einen Teil der Kosten deckt, soll zudem ein „Massensterben“ von Kliniken verhindern. Viele Häuser wirtschaften derzeit am Rand der Kosten-Deckung. Die Reform soll gerade kleineren Kliniken ihr Überleben sichern.

Die Vergütung der Leistungen ist daran gebunden, dass die Krankenhäuser einheitlich festgelegte Qualitäts-Standardserfüllen. Das Gesetz sieht derzeit 65 Leistungsgruppen vor, in denen festgelegt wird, welche Standards zu erfüllen sind und wie deren Vorhaltung vergütet wird. Das wird auch bedeuten, dass kleinere Häuser, die bestimmte Leistungen nur selten erbringen und darauf nicht optimal ausgelegt sind, die entsprechende Leistungsgruppe nicht anerkannt bekommen oder eventuell ganz geschlossen werden. Die Verteilung und Angebote der Krankenhäuser in einer Region zu planen, fällt in die Verantwortung der Länder.

Versorgungszentren sollen wohnortnah ärztliche und pflegerische Versorgung anbieten

Krankenhäuser sollen zum Teil durch „sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen“ ergänzt oder ersetzt werden, kleinere können zu einer solchen Einrichtung umgebaut werden. Diese Versorgungszentren werden wohnortnah ärztliche und pflegerische Versorgung anbieten. Um Bürokratie abzubauen, sollen die Prüfungen der Krankenhäuser durch den Medizinischen Dienst vereinheitlicht werden und grundsätzlich digital dokumentiert werden. Die Festlegung bundeseinheitlicher Qualitäts-Anforderungen soll den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) entlasten.

Finanziert werden soll die Umstrukturierung der Kliniklandschaft aus einem Transformations-Fonds, den Bund und Länder eingerichtet haben. Allerdings nimmt der Bund seinen Anteil von 25 Milliarden Euro zumindest zum Teil aus dem Gesundheitsfonds, in den auch Beiträge der Mitglieder gesetzlicher Krankenversicherungen einfließen. Dieses Finanzierungs-Modell ist aus verschiedenen Gründen sowohl unter Bürgerinnen und Bürgern als auch unter Fachleuten umstritten.

DDB-Vorsitzende Sandra Schneller im Interview:

Was bringt die Reform für Menschen mit Diabetes? Welche Chancen oder Risiken bergen die strukturellen Veränderungen im System?

Derzeit leben in Deutschland etwa 9 Millionen Menschen mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes. Diabetes gehört zu den Erkrankungen, die verschiedene Bereiche der Versorgung beanspruchen und zusammenführen – von der Fußpflege über die Vorsorge für Gefäße und Organe bis hin zur Augenheilkunde oder Transplantations-Chirurgie. Sind Menschen mit Diabetes in den vorgesehenen interdisziplinär ausgestatteten Versorgungs-Einrichtungen eventuell sogar besonders gut aufgehoben?

Sandra Schneller: Ein Diabetes mit seinen zahlreichen schweren Folgeerkrankungen sollte grundsätzlich in solchen interdisziplinären Einrichtungen gut versorgt sein – vorausgesetzt, dass alle versorgungsrelevanten Daten (Diagnosen und Therapien) sinnvoll und effektiv mit dem Patienten zusammen abgestimmt werden können. Gleichzeitig lässt das Vorhaben der Bundesregierung, Krankenhäusern zukünftig fast überall die Möglichkeit zu geben, hausärztliche Versorgung anzubieten, auch Befürchtungen aufkommen: Ist die hausärztliche Versorgung in den ländlichen Gebieten noch sichergestellt, wenn entsprechend qualifizierte Ärzte bevorzugt in den Zentren arbeiten? Durch die Ballung der verschiedenen Arme der Versorgung auf die Versorgungszentren sind ohnehin für viele Patienten unter Umständen weitere Wege in Kauf zu nehmen. Die Mehrzahl der Menschen mit Diabetes ist fortgeschrittenen Alters und meist auch nicht mehr so mobil. Die Versorgung dieser großen Patientengruppe könnte deutlich beeinträchtigt sein.

Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin sowie die Deutsche Diabetes Gesellschaft bemängeln, dass die Krankenhausreform nicht genügend finanzielle und personelle Mittel für die fachärztliche Weiterbildung vorsieht. Inwiefern kann das für Menschen mit Diabetes zum Nachteil werden?

Schneller: Dass Gelder für Forschung, Wissenschaft und Weiterbildung in so überschaubarem Maß bereitgestellt werden, führt früher oder später zu einer schlechteren Versorgung; einer Versorgung nämlich, die nicht auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik ist. In diesem Bereich zu sparen, mündet in unüberschaubare Kosten im Gesundheitssystem, verursacht durch vermeidbare Folgeerkrankungen und deren zusätzliche Therapiekosten bei Millionen von Betroffenen.

Das Gesetz soll das Krankenhaussystem entbürokratisieren. Trotzdem wird ein neues Gremium eingerichtet, das über die Qualitätskriterien und -standards entscheidet, nach denen die Leistungsgruppen der Krankenhäuser beurteilt werden. Ist dieses neue Gremium nötig?

Schneller: Qualität als Erfüllung von Anforderungen wird im Moment durch den G-BA ausgestaltet. Sie muss sich an den Bedarfen von Patientinnen und Patienten und im Weiteren an denen der Bevölkerung ausrichten. Deshalb wurde die Patienten-Beteiligung im G-BA gesetzlich verankert, allerdings werden sie zu wenig in die Prozesse einbezogen und haben kein Mitbestimmungsrecht. Es besteht also weiterhin Verbesserungsbedarf in der Versorgungs-Steuerung und vor allem sehen wir Defizite in der Qualität der Patientensicherheit. Das Sicherheitsdefizit entsteht nicht zuletzt dadurch, dass die Leistungserbringer nur mangelhaft vernetzt sind. Gerade bei Diabetes mit Folgeerkrankungen ist eine Abstimmung zwischen den Fachärzten dringend notwendig. Dass diese mit einem neuen, zusätzlichen, Kosten verursachenden Gremium herbeizuführen ist, bezweifele ich.



von Dr. Ulrike Schneeweiß

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

  • gingergirl postete ein Update vor 1 Woche, 5 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 1 Woche, 6 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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