Diabetes als Stigma immer noch Thema: Film soll informieren und aufklären

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Diabetes als Stigma immer noch Thema: Film soll informieren und aufklären | Foto: ArpPSIqee - stock.adobe.com
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Diabetes als Stigma immer noch Thema: Film soll informieren und aufklären

Viele Menschen mit Diabetes erleben Stigmatisierung – oft durch Vorurteile und Unwissen. Ein neuer Film des Landesverbands NRW der Deutschen Diabetes-Hilfe soll aufklären und Betroffenen Mut machen.

Schon lange, bevor ich selbst betroffen war, hörte ich, wie jemand über einen anderen berichtete: „Der hat ja Diabetes!“ Ich glaubte, bei dieser Äußerung einen abwertenden Unterton wahrgenommen zu haben. Das bestätigte sich schnell, als ergänzt wurde: „Der hat ja auch ganz schön viel Speck auf den Rippen!“ Für mich klang das so: „Selbst schuld, er hätte wohl besser weniger fressen sollen!“

Damit wurde die Person gedanklich in eine Schublade mit Menschen gesteckt, die alle mit einem bestimmten Makel behaftet sind. Das nennt man Stigmatisierung! Es wurde hierbei nicht einmal darüber nachgedacht, um welchen Typ des Diabetes es sich bei dem Betroffenen handeln könnte. Schließlich ist doch bekannt, dass sich Diabetes Typ 1 aus einer schicksalhaften Fehlfunktion des Immunsystems entwickelt, auf die die hiervon Betroffenen absolut keinen Einfluss haben.

Typ-2-Diabetes: Vererbung und Gewicht

Etwas anders stellt sich die Sachlage bei Diabetes Typ 2 dar. Hier wissen wir, dass sich diese Erkrankung im Wesentlichen durch die erbliche Veranlagung und körperliches Übergewicht entwickeln kann. Der Faktor erbliche Veranlagung ist auch absolut nicht von den Betroffenen beeinflussbar und damit ebenso durch eine schicksalhafte Tatsache begründet.

Das Übergewicht könnte jedoch durch die Ernährungsgewohnheiten der Betroffenen entstanden sein. Damit könnte man meinen, dass dieser Faktor für die Erkrankung an Diabetes Typ 2 durch das eigene Verhalten begründet wird. Aber das wäre eine sehr vereinfachte Sichtweise, die der Problematik nicht ausreichend gerecht wird.

Unterschiedliches Futterverwerten

Auch aus der guten Zusammenarbeit unseres Landesverbands mit dem Adipositasverband Deutschland e. V. wissen wir, dass das Übergewicht neben dem eigenen Verhalten auch stark von der persönlichen Veranlagung der Menschen abhängt. So gibt es Menschen, die trotz reichlicher Nahrungsaufnahme immer beneidenswert schlank bleiben. Andere sind „bessere Futterverwerter“, die schneller an Gewicht zunehmen, ohne sich sehr umfangreich zu ernähren.

Dieser Personengruppe fällt es bekanntlich ausgesprochen schwer, das übermäßige Körpergewicht wieder loszuwerden. Aus diesem Grund hat der Adipositasverband mit allen Kräften darum gekämpft, dass Adipositas als Krankheit anerkannt wurde. Mit seiner Kampagne „Hilfe statt Häme“ setzt er sich auch dafür ein, dass Menschen mit Adipositas nicht stigmatisiert werden.

Als Zwischenergebnis können wir festhalten, dass die Stigmatisierung von Menschen mit Diabetes in zahlreichen Punkten sachlich ungerechtfertigt ist. Bei vielen Betroffenen löst die Stigmatisierung in allen Bereichen ihres Lebens (z. B. Kita, Schule, Universität, Beruf und Freizeit) große Scham aus und führt hierdurch zu unnötigen Verhaltensweisen. So gehen z. B. viele Menschen mit Diabetes im Rahmen eines Restaurant-Besuchs zur Toilette, um Insulin zu spritzen. Diesen unwürdigen Gang könnte man sich jedoch einfach ersparen, indem man das Insulin dezent am Tisch injiziert.

Ein weiteres Beispiel ist, dass man seinen Diabetes im Berufsleben verschweigt. Das kann beispielsweise im Fall einer Unterzuckerung (Hypoglykämie) zum Verhängnis werden, weil nahe Kollegen in Unkenntnis nicht rechtzeitig die richtige Hilfe leisten können.

Mit Stigmatisierung umgehen lernen

In der ersten Zeit meiner Erkrankung hat auch mich die Stigmatisierung oft verletzt. Durch die Arbeit in der Selbsthilfe habe ich dann aber gelernt, zu akzeptieren, dass Diabetes ein Teil von mir und meines Lebens ist, dessen ich mich nicht schämen muss. Deshalb fällt es mir auch nicht schwer, offen hiermit umzugehen. Selbst die Arbeit an Diabetes-Infoständen in meiner Heimatstadt stellt für mich kein Problem dar. Das Stigma Diabetes kann mich also nicht mehr treffen.

Bedauerlicherweise leiden immer noch zu viele Menschen mit Diabetes an ihrer Stigmatisierung. Aus diesem Grund bemüht sich der Landesverband NRW e. V. der Deutschen Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes (DDH-M, LV NRW e.V.), der Stigmatisierung entgegenzuwirken. Im Rahmen dieses Projekts hat er bei der Birkelbach Mediagroup die Produktion eines Films in Auftrag gegeben, der über Diabetes als Stigma informiert und Anregungen anbietet, um Stigmatisierung zu vermeiden. Dieser Film wird voraussichtlich im April 2025 fertiggestellt sein und kann von der Website des DDH-M, LV NRW e.V. heruntergeladen werden.


von Hansgünter Bischoff

Erschienen in: Diabetes-Anker, 2025; 73 (3) Seite 80-81

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 6 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 3 Wochen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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