Transition – wenn Kinder mit Diabetes erwachsen werden: „Loslassen geht nur mit Vertrauen“

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Transition – wenn Kinder mit Diabetes erwachsen werden – Jutta John-Schneider
Foto: Jutta John-Schneider
Transition – wenn Kinder mit Diabetes erwachsen werden: „Loslassen geht nur mit Vertrauen“

Für viele steht mit 18 der Wechsel von der Kinderdiabetes-Ambulanz in eine Schwerpunktpraxis an. Jutta John-Schneider berichtet, wie die Transition bei ihrem Sohn ablief.

Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes werden in den meisten Fällen in Kinderdiabetes-Ambulanzen eines Klinikums und selten in Praxen betreut. In den Ambulanzen finden die regelmäßigen Kontroll-Untersuchungen statt. Mit dem 18. Lebensjahr steht bei Jugendlichen der Wechsel zu einem Erwachsenen-Diabetologen oder einer Erwachsenen-Diabetologin an.

Dieser Wechsel fällt nicht immer leicht, da sich viele Kinder und Jugendliche über Jahre an die vertraute Umgebung und das Personal gewöhnt haben und oft die Eltern sie noch lange dorthin begleiten. Der Schritt in die Erwachsenen-Diabetologie ist daher nicht nur einfach ein Arztwechsel, sondern oft auch ein weiterer Schritt beim Loslassen und Selbstständigwerden. Spätestens jetzt wird das Diabetes-Handling komplett eigenständig organisiert.

Modell zur Transition in der Diabetes-Ambulanz von Victors Kinder-Klinik

Wir wollten von Diabetes-Guide Jutta John-Schneider (s. Bild oben) wissen, wie sie die Transition bei ihrem Sohn erlebt hat. Die Kinder-Klinik, in der ihr Sohn bis dato betreut wurde, hat ein Modell zur Transition erarbeitet, das seit mehr als zehn Jahren erfolgreich angewandt wird. So werden die Kinder bis zum 16. Lebensjahr in der Kinder-Diabetes-Ambulanz betreut und erhalten im Anschluss bereits Einblick in die benachbarte Praxis für Erwachsene und den dortigen Alltag.

Kinder-Diabetologin Dr. Sabine Wenzel beschreibt uns die genaue Vorgehensweise: Die Jugendlichen können zwischen dem 16. und 20. Lebensjahr selbst den Zeitpunkt der Transition und des Wechsels zur Erwachsenen-Diabetologie wählen. Hierfür werden zwei Termine gemeinsam mit dem behandelnden Kinder-Diabetologen/der behandelnden Kinder-Diabetologin und dem zukünftigen Erwachsenen-Diabetologen/der zukünftigen Erwachsenen-Diabetologin geplant. Wenn nach dem ersten Termin kein Bedarf für weitere gemeinsame Gespräche besteht, bleibt es auch bei einem Gespräch. Umgekehrt sind, wenn der oder die Jugendliche „länger braucht“, auch drei oder mehr gemeinsame Termine möglich. Dies ist aus Dr. Sabine Wenzels Erfahrung aber sehr selten notwendig.

Auf dem Weg zum „Loslassen“

Gefragt, wie das für sie als Mutter mit dem Loslassen geklappt hat, sagte Jutta John-Schneider: „Loslassen geht nur mit Vertrauen.“ In jedem Alter konnte sie sich auf ihren Sohn Victor verlassen. Dadurch, dass er bereits im Alter von zwei Jahren die Diagnose erhalten hatte, wurde er mit dem Diabetes groß. An allen Veranstaltungen von Kita, Schule und Freizeit nahm Victor teil. Jutta John-Schneider war es immer wichtig, Betreuende gut zu informieren, aber auch von jeglicher Verantwortung freizusprechen. Sie war stets erreichbar.

Wenn sie an die Anfänge von Victors Diabetes im Jahr 2005 zurückdenkt und sie mit den heutigen Möglichkeiten vergleicht, ist sie dankbar. Victor maß stets zuverlässig, aß und spritzte. Er merkte früh, dass er an allem teilnehmen konnte, wenn er den Diabetes gewissenhaft handhabte. Das motivierte ihn. Schrittweise erhielt er somit immer mehr Freiheiten. Dies war wiederum eine Bestätigung, wie wichtig das Umsetzen der Therapie ist. Das erste „richtig Loslassen“ empfand Jutta John-Schneider bei einer durch die Kinderklinik organisierten Skifreizeit. Die teilnehmenden Diabetologinnen, Diabetologen und anderen Mitarbeitenden kannten ihren Sohn bereits durch die langjährige Betreuung. Bei der Skifreizeit machten die Fachpersonen und die Kinder alles allein und es funktionierte hervorragend! Das machte ihr Mut beim weiteren schrittweisen Loslassen.

Nachdem Victor mit etwa 16 Jahren gemerkt hatte, dass er die Gespräche mit der Diabetologin auch allein führen konnte, durfte seine Mutter auch nicht mehr mit ins Behandlungszimmer kommen. „Das fällt anfangs natürlich schwer, aber wenn die Werte und das Verhalten bestätigen, dass es funktioniert, ist es doch der beste Beweis, dass es Zeit zum Abnabeln ist“, sagte sie uns.

In der nächsten Diabetes-Anker-Magazin-Ausgabe berichten wir über das Übergabegespräch bei der Transition.


von Anica Towae, DBW-Vorstandsmitglied

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2024; 72 (9) Seite 57

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • darktear antwortete vor 1 Woche

      Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 3 Wochen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • moira antwortete vor 2 Wochen

      Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 3 Wochen, 1 Tag

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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