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Egal in welcher Lebenslage, mein Anspruch an mich selbst ist, alles alleine regeln zu können. Nicht, weil mein Ego zu groß ist, um um Hilfe zu bitten, sondern weil ich es mir einfach beweisen will und weil ich mich verantwortlich für mich fühle. Im Bezug auf den Diabetes kommt hinzu, dass ich – wie ihr auch – im Alltag alleine mit all dem Krankheits-Kram fertig werden MUSS. Meine Diabetologin liegt nicht um die Ecke und selbst wenn, würde ich dort nicht rund um die Uhr abhängen wollen.
So sind (oder waren) es also erst einmal mein Diabetes Typ 1 und ich ganz alleine vs. das ganz normale Leben inklusive Menschen ohne Diabetes. Und das ganz normale Leben wollte, dass ich lerne, Lebensmittel ohne dazugehörige Tabellen ganz alleine zu schätzen und dabei auch Fehler zu machen. In meiner Welt gab es niemanden, der das hätte für mich übernehmen können. Ebenso gab es aber auch niemanden, der verstand, was eine Hypoglykämie für mein Wohlbefinden bedeutete, oder den Stress nachvollziehen konnte, wenn meine Hände zu kalt zum Blutzuckermessen waren. Mein Diabetes und ich wurden eine kleine eingeschworene Gang – mit etwas kauzigen Zügen. Es war ausgeschlossen, dass uns jemand verstehen könnte.
Aber dann eröffnete sich mir diese andere Diabetes-Welt. Mit Facebook-Gruppen, Blogs, Tweet-Chats, Stammtischen, speziellen Messen, Veranstaltungen, und etwas später kam auch die Community der Blood Sugar Lounge dazu. Teilgenommen habe ich erst einmal an nichts von dem.
Abgesehen davon, dass alles, was mit Menschen zu tun hat, sowieso Stress bei mir hervorruft, ging es in diesem Fall ja nicht nur darum, genug Selbstbewusstsein für mich selbst aufzubringen. Es ging darum, meinen Diabetes öffentlich und damit angreifbar zu machen. Meinen Diabetes, den ich jahrelang in einem imaginären Tresor vor blöden Kommentaren schützen musste, weil Menschen uns nicht verstanden.
Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte, wenn plötzlich Menschen da waren, die tatsächlich nachvollziehen konnten, wie es mir ging. Mir hat es gereicht, zu sehen, dass andere Typ-1-Diabetiker auch Tage mit katastrophalen Blutzuckerwerten erlebten und dass sie auch darunter litten. Es hat mich getröstet, dass es anderen damit auch nicht gut ging. Dass es eben nicht rund um die Uhr dieses „nahezu leben wie ein Gesunder“ ist, was Unbeteiligte so gerne meinten. Manchmal war Diabetes ein Leid, das (mit)geteilt werden musste.
Ich war nicht mehr alleine mit meinem Diabetes. Ich verdrückte ein Tränchen, und meine Bauchspeicheldrüse hat zwanghaft versucht, aus Solidarität einen Tropfen Insulin abzudrücken. Hat nicht geklappt – Diabetes Typ 1 eben. Aber genau damit war ich nicht mehr alleine.
Ebenso wenig, wie ich mich daran erinnere, wie ich auf all diese Kommunikationsebenen der Diabetes-Szene aufmerksam wurde, erinnere ich mich daran, wann ich mich das erste Mal traute, darin mitzumischen. Und mit „mitmischen“ meine ich, zwei oder drei Posts in der Facebook-Gruppe „Diabetes Typ 1“. Bis ich mit meinem Blog angefangen habe, blieb ich sehr passiv und habe mir lieber alle aktuellen Geschehnisse von Tine (ebenfalls Autorin in der BS-Lounge) mitteilen lassen. Seitdem ich das nicht mehr tue – und ich bin nach wie vor keine der aktivsten Diabetes-Blogger – hat sich noch etwas verändert: Ich bin nicht nur nicht mehr alleine mit meinem Diabetes, ich fühle mich mit meinem Diabetes als Teil von etwas. Als Teil von euch.
Ich finde es wichtig, daran zu denken, dass es manchmal einfach reicht, Verständnis zu zeigen bzw. zu bekommen, wenn was in der Therapie schiefläuft – es muss nicht immer nur um die Optimierung gehen. Wir sind da, um füreinander da zu sein. Aber es ist eben auch so, dass wir alle erst einmal nur einen Schnittpunkt haben: den Diabetes (Typ 1). Das sagt nicht aus, dass alle Menschen mit dieser Krankheit dafür gemacht sind, sich gegenseitig bedingungslos super zu finden. Aber wir sollten alle wissen, dass jeder von uns mindestens den Respekt des anderen verdient hat. Dafür, dass er als Mini-Team mit seinem Diabetes durch das Leben geht, und dafür, dass er manchmal noch versucht, anderen genau dabei zu helfen.
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