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Weniger Kohlenhydrate? Hör mir bloß auf!
4 Minuten
„Lass mir bloß meine Ruhe mit Low Carb“, so häufig die Reaktion von anderen Typ-2-Diabetikern auf meine selbst gewählte Ernährungsweise mit weniger Kohlenhydraten.
Wenn die Diagnose Typ-2-Diabetes gestellt wird, kann man in Sachen Ernährung unterschiedlich reagieren. Ja wirklich, es gibt auch jenseits der offiziellen Leitlinien Optionen, nur werden die einem nicht in jeder Diabetesschulung verraten. Die meisten Diabetiker orientieren sich daher an der Empfehlung der DGE, die als Ansage rausgibt, weiterhin etwa 50% der Energiezufuhr über Kohlenhydrate zu bestreiten. Die Berechnung der Broteinheiten wird in der Diabetesschulung passend vermittelt und der Blutzucker dann mit Hilfe des Facharztes medikamentös in die Schranken gewiesen. Das ist normales Prozedere und Alltag in der Typ-2-Diabetes-Hochburg Deutschland.

Weniger Kohlenhydrate – das finden inzwischen auch Diabetologen gut
Es gibt jedoch auch noch die Möglichkeit, die Richtung zu wechseln und auf den Pfad der Low-Carb-Ernährung einzuschwenken, also konsequent Kohlenhydrate zu reduzieren. Nicht wenige Diabetologen bieten inzwischen mit der LOGI-Ernährung (Low Glycemic and Insulinemic) den Einstieg in eine moderat kohlenhydratreduzierte Kost an.
Warum die Kohlenhydrate reduzieren?
Denken wir doch mal kurz logisch und schalten unser Hirn ein. Wenn ich an einer Kohlenhydratverwertungsstörung leide, ist es nicht wirklich schlüssig, weiterhin Kohlenhydrate zu futtern, als würde das Problem nicht existieren.
„Du kannst keine Kohlenhydrate abbauen? Macht nix. Iss doch viele Kohlenhydrate.“
Nachdem ich in meiner Diabetesschulung verstanden hatte, was mein gesundheitliches Problem ist, gab es für mich eigentlich nur die Schlussfolgerung, dass es wohl gesünder ist, wenn ich mit den Kohlenhydraten etwas auf die Bremse trete. Keine Vollbremsung, aber so viel, wie es braucht, um Wirkung zu zeigen.
Ich verließ also die breite Straße der DGE-Empfehlung und begann, mein eigenes Ding zu machen. Das kann man gut finden oder nicht, aber es war meine Entscheidung, und die bitte ich zu respektieren. Allen Skeptikern zum Trotz bin ich heute trotz mehr Fett und weniger Kohlenhydraten auf dem Teller eine Vielzahl Kilos leichter.
Da meine Bauchspeicheldrüse noch Insulin produziert, komme ich mit der reduzierten Zufuhr an Kohlenhydraten so gut zurecht, dass ich keinerlei Medikamente mehr nehmen muss. Ich pendele zwischen Langzeitwerten von 5,4 bis 5,7% und muss außer den Quartalsuntersuchungen keine Blutzuckermessungen mehr über mich ergehen lassen.
Gegenwind aus der Typ-2-Community
Ein toller Erfolg, und man sollte meinen, dass mir ein Rattenschwanz an Typ-2-Diabetikern an den Lippen hängt, um zu hören und zu lernen, wie ich das so super hinbekommen habe. Aber falsch gedacht, denn von einigen Ausnahmen abgesehen, weht mir in der Typ-2-Community immer wieder ganz schön Gegenwind um die Nase, wenn ich berichte, wie ich mit meiner Diabetes-Erkrankung umgegangen bin.
Schreiben Sie mal in einem allgemeinen Typ-2-Forum, dass Sie sich als Diabetikerin Low Carb ernähren, und ein kleiner Shitstorm ist Ihnen gewiss. Von energischen Hinweisen, dass man Low Carb als Diabetiker nicht darf, bis zu Belehrungen, dass Diabetiker zu jeder Mahlzeit zwingend eine Scheibe Brot essen müssen.
Es kommt noch schlimmer. Denn es kommt immer wieder der Einwurf, dass die eigene Diabetikerberaterin ausdrücklich gesagt hat, dass Kohlenhydrate zu reduzieren schlecht sei für Diabetiker und dazu sehr gefährlich. Natürlich gibt es auch immer noch die Fraktion, deren Leben ohne Pastazufuhr scheinbar unmittelbar endet, und dann die Gruppe an Diabetikern, die sich per se nicht vorstellen können, auch nur ein Minimum mehr an Zeit in der Küche zum Kochen aufzuwenden.
Warum sind so viele dagegen?
Warum geben so viele Typ-2-Diabetiker einer kohlenhydratreduzierten Ernährung keine Chance und verteidigen diese Haltung so überaus energisch?
Natürlich muss man die Reduzierung der Kohlenhydrate behutsam angehen, besonders wenn die Gefahr einer medikamentenverursachten Unterzuckerung besteht. Aber die pauschalen Aussagen, manchmal sogar von vermeintlich fachkundigem Beratungspersonal, sind eher bedenklich. Wir wollen doch mündige und verantwortungsbewusste Patienten? Dann sollten wir diese auch mit umfassenden Informationen füttern und ihnen alle Möglichkeiten und Wege aufzeigen, die es gibt. Klar und transparent, im Sinne und zum Nutzen der betroffenen Diabetiker.
Pauschal “Bäääh!” und “Böööse!” rufen ist einfach kindisch
Es gibt immer ein Für und Wider, egal welche Ernährung das Rennen macht. Entscheiden muss jeder Diabetiker für sich, wie er seine Ernährung gestalten will und auch dauerhaft kann. Es gibt nicht einen Weg, der für jeden Diabetiker passt, auch wenn es das Lehrbuch oder die Wissenschaft vielleicht gerne so hätte. Sind wir realistisch, auch an diesen „einen“ offiziellen Weg halten sich ja viele Diabetiker nicht.
Diabetiker sind Menschen und die lassen sich nicht immer in theoretische Schemata pressen
Wenn jetzt die Ausrede kommt, dass weniger Kohlenhydrate nicht als Option benannt wird, weil Diabetiker das auf Dauer nicht aushalten können, dann kann ich nur sagen, dass fettreduziert mit ordentlicher Kohlenhydratzufuhr auch nur schlecht langfristig durchgehalten wird. Fettarme Kost schmeckt häufig nicht wirklich lecker und hat in der Sättigung echte Schwächen. Außerdem will ich betonen, dass sich die Low-Carb-Ernährung in den letzten Jahren gewandelt hat. Ganze Kochbücher werden inzwischen mit gemüselastigen Low-Carb-Schmausereien gefüllt, wie ich aus allererster Hand berichten kann.
Macht Insulin etwas kampfeslustig?
Könnte man meinen, denn man wird mir gegenüber teilweise richtig bissig. Als wollte ich den Leidgenossen das Brot vom Teller klauen, sind die häufig für keine sachlichen Argumente offen. Dabei bin ich nie überschäumend missionierend unterwegs, sondern will einfach erreichen, dass quergedacht wird und jeder für sich selbst prüft, ob Low Carb nicht doch ein gangbarer Weg ist, der der Gesundheit und dem Genuss guttut.
Vielleicht sind die massiven Vorbehalte das Ergebnis der Diabetesschulungen, in denen die Low-Carb-Ernährung nicht immer sehr wohlwollend betrachtet wird. Häufig ist es wahrscheinlich einfach auch die Unkenntnis darüber, was weniger Kohlenhydrate auf dem Teller ganz praktisch bedeuten. „Schmeckt nicht“, und damit ist die Sache dann schon vom Tisch. Ganz bestimmt schwingt auch oft die Angst vor Veränderung mit. Vielleicht, nachdem man sich gerade mit einer Krankheit arrangiert hat, ist das Maß voll und die Lust, sich mit der Krankheit und dem Drumherum erneut zu beschäftigen, gering.
Bitte keine virtuelle Erdolchung wegen der Kohlenhydrate!
Alles nachvollziehbar, da könnten wir doch toll drüber quatschen. Nur rechtfertigt das eben nicht, seine eigene Meinung als Diabetesgesetzmäßigkeit wild blökend kundzutun. Ich will nicht für meine kohlenhydratreduzierte Gemüsepfanne virtuell erdolcht werden. Mache ich im Gegenzug auch nicht, wenn im Diabetikerforum gelegentlich kohlenhydratgeschwängerte Torten und Berge von Nudeln als Essensbilder gepostet werden, bei denen die Broteinheiten in meinem Kopf gerade so durchrattern. Ich halte es mit dem Grundsatz: „Wenn du nichts Nettes oder zumindest Konstruktives beizutragen hast, dann besser die Klappe halten“, und fahre damit ganz gut. In diesem Sinne freue ich mich über einen netten Austausch in der Blood Sugar Lounge.
Link-Tipp zum Thema “Umstellung auf Low Carb”: Steffie erzählt, wie sie es geschafft hat und wie sich ihr Gewicht und ihre Diabeteseinstellung verändert haben. Und natürlich beschäftigen sich auch weitere BSL-Autoren mit Low Carb – zum Beispiel Kathi und Heike.
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 4 Tagen, 14 Stunden
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 1 Woche, 6 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 6 Tagen, 9 Stunden
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 4 Tagen, 9 Stunden
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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