- Aus der Community
Diabetes ist nicht gleich Diabetes – was tun bei Vorurteilen?
5 Minuten
„Diabetes? – Ach, das hat meine Oma auch.“
„Da darfst du ja nichts Süßes essen!“
„Na ja, es ist ja nur Diabetes – da musst du doch eh nur Tabletten nehmen.“
„Diabetes? Aber du bist doch gar nicht dick!“
„Diabetes? In deinem Alter? Den hast du bestimmt geerbt.“
„Na ja, mach halt bisschen mehr Sport, dann geht der Diabetes schon wieder weg.“
„Typ 1? War das das mit den Tabletten?“
„Du hast als Kind bestimmt zu viel Eis gegessen.”
„Hast du dann den schlimmen Diabetes oder den anderen?“

Na, kommt euch das bekannt vor?
Habt ihr das als Typ-1-Diabetiker schon mal gehört? Oder habt ihr das als „Nicht-Diabetiker“ vielleicht sogar schon mal gesagt?
Ob die Empfehlung, Sport zu machen, das Wundermittel Zimt auszuprobieren oder einfach nur der Ratschlag für Diäten – Diabetes ist und bleibt stigmatisiert. Viele Menschen kennen den Unterschied zwischen Typ-1- und Typ-2-Diabetes nicht oder kennen, wenn überhaupt, nur den Typ-2-Diabetes. Dieses Phänomen zieht sich durch alle Alters- und Sozialschichten Deutschlands. Es sind nicht nur die Jungen oder die Alten oder die Frauen oder die Männer, die sich nicht „auskennen“.
Manche Typ-1-Diabetiker belächeln die Sache. Andere erklären ausführlich, wo die Unterschiede liegen. Die nächsten sind einfach nur noch genervt.
Wie erkläre ich am besten die Unterschiede?
Ich nehme immer gerne die Beschreibung her, die man mir mit meinen 10 Jahren im Krankenhaus vermittelt hat. Bis jetzt hat es damit eigentlich jeder verstanden: Stell dir vor, in deinen Blutbahnen gibt es kleine Türen mit Schlössern davor. Die Kohlenhydrate, die du zu dir nimmst, stehen vor der Tür. Wenn sie durch die Tür gehen, werden sie zu Energie. So weit, so klar?
Doch was ist mit dem Schloss? Der Schlüssel für die Schlösser ist das Insulin. Bei gesunden Menschen gibt es genug funktionierende Schlüssel, die die Türen automatisch aufsperren. Die Typ-2-Diabetiker haben zwar noch eigene Schlüssel, aber das Schloss ist schon ein bisschen rostig und klemmt. Durch die Tabletten, die sie nehmen, wird das Schloss geölt und die Türe geht wieder leichter auf.
Typ-1-Diabetiker haben keinen eigenen Schlüssel mehr für ihre Schlösser. Sie müssen sich die Schlüssel, also das Insulin, von extern zuführen. Diese externen Schlüssel funktionieren genauso gut wie die der gesunden Menschen. Deshalb müssen Typ-1-Diabetiker auch nicht unbedingt Diät halten.

Natürlich gibt es noch diverse „Mischformen“. Diagnostizierte Typ-2-Diabetiker, die trotzdem Insulin spritzen müssen, Schwangerschaftsdiabetes und die MODY-Formen. Ja, der Diabetes ist kompliziert.
Warum ist es so „schlimm“, wenn jemand den Unterschied nicht kennt?
Vor allem die Medien suggerieren immer noch, dass Diabetes gleich Diabetes ist. Forscher, die entdeckt haben, dass Zimt, Nüsse oder Kaffee Diabetes vermeiden helfen, haben schon Recht. Aber eben nur für den Typ-2-Diabetes. Und auch dann nur in gewissen Maßen. Wenn ich solche Reportagen im Fernsehen sehe, möchte ich manchmal am liebsten den TV-Sender anrufen und meinem Ärger Luft machen.
Eigentlich kann man dem Einzelnen keinen Vorwurf machen. Ich kenne mich auch nicht mit jeder Art von Krebs aus. Viele Menschen, die das Wort „Diabetes“ hören, haben automatisch die 80-jährige Omi oder die adipöse Couch-Potatoe im Kopf. Sie denken an „zu viel Zucker gegessen“ oder „zu wenig Bewegung“.

Für uns Typ-1-Diabetiker gibt es noch keine Heilung. Wir müssen mit der Krankheit leben. Es ist eine Autoimmunkrankheit, die plötzlich auftritt und jeden treffen kann. Und wir würden alles essen oder eben nicht essen, wenn der Typ-1-Diabetes dadurch weggehen würde. Aber so einfach ist es leider nicht. Wir leben zwischen Spritzen und Teststreifen. Zwischen Kohlenhydrate-Zählen und Berechnungen. Unser Leben ist schon kompliziert genug. Da können „lustige“ Kommentare manchmal sehr kränkend sein.
Ich möchte den Typ-2-Diabetes hier auf keinen Fall abwerten. Vor allem für dicke Menschen, die meistens am klassischen Typ 2 leiden, ist es ein großer Einschnitt, auf einmal ihre Ernährungs- und Sportgewohnheiten zu ändern.
Aber sind wir mal ehrlich: Diese Menschen KÖNNEN etwas tun. Wir nicht. Michael hat das in einem Video schön zusammengefasst: „Dein Leben hängt von einem Schokoriegel ab“ – und er hat Recht.
Worum geht es für uns Typ-1-Diabetiker eigentlich?
Es geht nicht um die Dinge, die wir nicht essen dürfen, denn wir dürfen auch mit unserem Typ-1-Diabetes alles essen, was wir wollen. Fünf Kugeln Schokoladeneis oder eine ganze Packung Gummibären sind auch für einen gesunden Menschen nicht optimal. Darüber sind wir uns, glaube ich, einig.
Es geht auch nicht darum, dass wir Sport treiben müssen wie die Wilden. Ein bisschen Sport tut jedem Menschen gut.
Es geht nicht darum, dass wir zu alt oder zu dick sind oder schlechte Gene haben.
Es geht auch nicht darum, ob der Diabetes „schlimm“ oder „nicht so schlimm ist“. Jede Krankheit ist schlimm, weil sie uns unser Leben nicht mehr so führen lässt, wie wir es gerne möchten.
Es geht darum, dass wir vor uns nicht das Essen sehen, sondern die BE/KE. Es geht darum, dass wir nicht ohne eine Masse an Utensilien das Haus verlassen können. Und wenn wir was vergessen haben, dann geht’s nochmal zurück. Es geht darum, dass wir zerstochene Finger und Knötchen und blaue Flecken an unseren Spritzstellen haben. Es geht um den Typ-1-Papa, der sich nicht einfach sorgenlos aufs Fahrrad schwingt und mit seinen Kids eine Radtour unternimmt. Es geht um die junge Frau, die sich ein Kind wünscht, aber erst Rücksprache mit ihrem Diabetologen und dem Gynäkologen halten muss, um das Risiko fürs Baby zu minimieren.
Es geht um die unzähligen Besuche bei verschiedensten Ärzten. Es geht um die Angst vor Folgeerkrankungen. Blindheit, Gliedmaßen, die abgenommen werden müssen etc. Es geht darum, dass man sich nach einer Unterzuckerung noch mindestens eine Stunde wie vom LKW überfahren fühlt.

Mein gut gemeinter Rat an die „Nicht-Diabetiker“
Um all diese großen und kleinen Einschnitte in unseren Leben geht es. Um Dinge, die gesunde Menschen oder Typ-2-Diabetiker (meistens) gar nicht stören oder worüber sie sich nie Gedanken machen müssen.
Jeder Diabetiker, egal ob Typ 1 oder Typ 2, geht anders mit seiner Krankheit um. Manche werden sich bei diesem Artikel denken: „Warum jetzt so einen Aufriss?“ Anderen spreche ich voll aus der Seele.
Sei es, wie es sei. Liebe gesunde „Nicht Diabetiker“: Bevor ihr das nächste Mal stigmatisiert, gut gemeinte Ratschläge gebt oder Witze macht, versetzt euch in unsere Lage. Schaut hinter den Vorhang, steckt uns nicht in Vorurteil-Schubladen, schert uns nicht alle über einen Kamm oder zeigt ein bisschen Empathie. Denn wir sind viel zu viele unserer „Art“. Und es kann jeden von euch auch irgendwann treffen.
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Vorurteile und Nicht-Wissen, wenn’s um Diabetes geht? Damit hat auch Melissa schon reichlich Erfahrungen gemacht.
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 1 Tag
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 2 Wochen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 6 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig