Entspannung pur – wie autogenes Training und progressive Muskelentspannung wirken

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Entspannung pur – wie autogenes Training und progressive Muskelentspannung wirken

Stress lässt unseren Blutzucker steigen. Umso wichtiger ist es, den Körper zu entspannen und ihm eine kleine und effektive Auszeit zu gönnen. „Progressive Muskelentspannung“ und „Autogenes Training“ lese ich in verschiedenen Medien, während ich gezielt Entspannungsmethoden suche. Doch was hat es mit diesen Methoden auf sich? Wie wirkt sich ein Entspannungstraining auf meinen Blutzucker aus? Und welche Methode hilft mir, mich im Alltag zu entspannen? Um das herauszufinden, habe ich beides einmal ausprobiert:

Progressive Muskelentspannung

Edmund Jacobson, ein amerikanischer Physiologe, erkannte 1929, dass die Muskelanspannung von Gefühlen abhängt. Er beobachtete sogar, dass Gefühle wie Angst abnehmen, wenn man die Muskeln entspannt. Diesen Effekt nutzt die progressive Muskelentspannung. Dabei sollen einzelne Muskelgruppen zunächst angespannt und anschließend locker gelassen werden. Ziel dieses Wechselspiels ist es, die Entspannung bewusster wahrzunehmen. Dabei stößt diese Entspannung weitere Prozesse im Körper an: Wir atmen ruhiger, der Puls und der Blutdruck können sich senken. Die Entspannung breitet sich auf den gesamten Körper aus.

Meine Erfahrungen:

Wie in einem Tiefschlaf fühle ich mich, ohne dabei zu schlafen, nach etwa 30 Minuten immer wieder leichter Anspannung einzelner Muskelgruppen und Entspannung derselben. Ich probiere die progressive Muskelentspannung mit der kostenlosen Audio-Datei der Techniker Krankenkasse aus, die man auf der Website der TK in langen und kurzen Versionen öffnen kann. Wenn schon, denn schon, denke ich mir, und entscheide mich für die rund 32 Minuten lange Version mit Musik.

Bevor es mit den Übungen losgeht, ertönt eine Entspannungsmusik und die sanfte Stimme eines Mannes, der mich mit den Worten „Guten Tag“ begrüßt. Dann soll ich mich bequem hinsetzen oder hinlegen und meine Atmung beobachten. Anschließend führt er mich durch die Übungen: Los geht es mit der rechten Hand, dann der Oberarm, die Schultern, der Nackenbereich, der Kopf, der Rücken, der Bauch, der Po, der Oberschenkel, die Wade bis hinunter zum Fuß.

Der Kopf? Ja, der Kopf. Zuerst lege ich die Stirn in Falten, dann rümpfe ich die Nase und zu guter Letzt mache ich noch einen Schmollmund. Dabei bin ich froh, dass mich währenddessen niemand beobachtet. Es gibt mehr Gesichtsmuskeln, als ich im Alltag wahrgenommen hatte. Zwischen den Gesichtsausdrücken lasse ich immer wieder locker und beobachte den Unterschied zwischen der Anspannung und der Entspannung an der zuletzt angespannten Muskelgruppe. Das Anspannen soll dabei keineswegs anstrengend sein. Stattdessen soll ich nur so stark anspannen, dass ich gerade noch eine Anspannung spüre.

Die Muskeln zu bearbeiten, kenne ich vom Sport. Je mehr Muskelarbeit, umso wärmer fühlt sich der Körper an. Doch eine so kleine Anspannung und anschließende Entspannung sorgt bei der progressiven Muskelentspannung bereits dafür, dass sich mein Körper ganz angenehm warm anfühlt – das hätte ich nicht gedacht.

Blutzucker vorher: 126 mg/dl (7,0 mmol/l)

Blutzucker hinterher: 91 mg/dl (5,1 mmol/l)

Mein Fazit:

Die progressive Muskelentspannung hilft, Anspannungen wahrzunehmen und den Körper in einen mollig warmen und sehr entspannten Zustand zu versetzen. Einschlafgefahr besteht nicht, wenn man sich auf die aktuellen Muskelgruppen konzentriert. Mein Blutzucker ist dabei leicht gesunken.

Autogenes Training

Nur drei Jahre nach der Erkenntnis von Edmund Jacobson (1932) entwickelte der deutsche Arzt und Hypnose-Experte Johannes H. Schultz das autogene Training. Nur durch Konzentration soll man dabei entspannen und in einen Ruhezustand gelangen, der ähnlich wie bei der progressiven Muskelentspannung die Atmung, den Puls und den Blutdruck verlangsamen kann.

Meine Erfahrungen:

Motiviert und gespannt wähle ich eine kostenlose Audiodatei auf der Website des Reha-Zentrums Bad Bocklet aus. „Ich bin ganz ruhig“, sagt eine Frauenstimme. Es folgt eine Pause, ehe sie ihren Satz wiederholt. Anschließend sagt sie: „Mein rechter Arm ist schwer.“ Das wiederholt sie ebenfalls einige Male. Aufmerksam versuche ich, ihren Anweisungen zu folgen und mir vorzustellen, dass mein Arm schwer wird. Tatsächlich empfinde ich nach kurzer Zeit ein Schweregefühl. Doch gleichzeitig merke ich, wie ich ungeduldig werde und meine Gedanken abschweifen.

Nachdem zuerst der rechte Arm schwer wurde, soll ich mir dasselbe nun bei weiteren Körperteilen vorstellen: beim linken Arm, bei beiden Armen zusammen, anschließend beim rechten Bein, beim linken Bein und bei beiden Beinen zusammen. Bei der darauffolgenden Übung wiederholt sich diese Abfolge. Diesmal soll ich mir vorstellen, dass diese Körperteile angenehm warm werden. Dabei wiederholt die Stimme immer wieder: „Mein rechter Arm ist ganz warm.“ Dazwischen höre ich immer wieder den Satz: „Ich bin ganz ruhig.“

Nach rund 15 Minuten der 26-minütigen Sitzung fühle ich mich fast schon erdrückt von der Schwere und Ruhe. Zusätzlich schweifen meine Gedanken ab und ich überlege, was ich heute noch machen werde. Also beschließe ich, eine andere Audiodatei auszuprobieren, und werde auf der Website der HOYREHA GmbH, einer Tagesklinik, fündig. Insgesamt 10 Folgen Entspannungstraining erwarten mich dort. Ich wähle die Folge 7 „Autogenes Training mit Phantasiereise“ aus. Wieder ertönt eine Frauenstimme.

Diesmal soll ich zunächst meine Atmung beobachten. Anschließend beginnt die Phantasiereise: eine Wanderung durch den Wald, hin zu einer Blumenwiese und einer kleinen Holzhütte mit kleinem Glockenspiel an der Eingangstür und einer Bank zum Hinsetzen und Verweilen. Anders als bei der weniger phantasievollen Version zuvor schweifen diesmal meine Gedanken nicht ab. Den Wald und die Blumenwiese stelle ich mir ganz genau vor. Die Traumreise erinnert mich an ein Hörbuch. Nach der Folge bin ich zwar nicht ganz so tief, aber doch ähnlich entspannt wie nach der progressiven Muskelentspannung.

Blutzucker vorher: 107 mg/dl (5,9 mmol/l)

Blutzucker hinterher: 110 mg/dl (6,1 mmol/l)

Mein Fazit:

Wenn ich autogenes Training durchführe, dann nur noch mit Phantasiereise. Diese Version hat mir deutlich besser gefallen. Sie ist lebhafter und eröffnet eine für mich aktivere und angenehmere Art von Entspannung. Der Blutzucker ist in etwa gleich geblieben.

Ob autogenes Training oder progressive Muskelentspannung – mit welcher Methode man gut entspannen kann, muss jeder für sich selbst herausfinden. Für mich war sowohl die progressive Muskelentspannung als auch das autogene Training mit Traumreise angenehm. Beides kann man im Alltag in nur wenigen Minuten gut anwenden. Mich hat es für den Rest des Tages sehr entspannt. Meinen Blutzucker hat beides kaum beeinflusst. Wie die Entspannungsmethoden langfristig und in stressigen Wochen auf den Diabetes wirken, gilt es nun herauszufinden. Nach meinen Erfahrungen könnte ich mir einen positiven Effekt regelmäßiger Entspannung auf den Blutzucker durchaus gut vorstellen. Ich bin gespannt beziehungsweise entspannt und freue mich auf weitere Erfahrungen.


Entspannen und Stress abbauen – das gelingt Heike besonders gut bei Wandertouren in den Bergen , während Susanne beim Yoga zu körperlicher und geistiger Fitness gelangen möchte.

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  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

  • Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂

    Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/

  • insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 3 Wochen

    Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

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