Backpacking mit Diabetes

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Backpacking mit Diabetes

Aus einem Urlaub in Spanien, in dem ich verzweifelt und spontan zur Zuckertütchendiebin in Cafés wurde, weil es im Supermarkt weder Haribo noch Traubenzucker in der Apotheke gab, wusste ich es besser. Ich wollte bestens vorbereitet sein für die bisher besten 4 Monate meines Lebens: Backpacking in Südamerika mit meiner besten Freundin.

Theorie und Praxis – dazwischen ein Heulkrampf

Der Diabetes hat wesentliche Schritte in meinem Leben immer mit beeinflusst. Im Ausland zu studieren oder Work & Travel in Neuseeland zu machen, war mit der Versorgung nicht so leicht vereinbar und ich bekam immer zu kalte Füße vorher. Diesmal wollte ich es nicht zulassen, dass mir der Diabetes irgendwo im Weg stand. Meinen Diabetesbedarf für 4 Monate kann ich ja einfach mitnehmen, so viel brauche ich in 4 Monaten ja nicht – soweit die Theorie.

Die Praxis (Achtung, nicht als verlässliche Packliste verwenden :D):

  • Kleidung für ungefähr 10 Tage
  • 1 Paar Turnschuhe, 1 Paar Sandalen
  • Schlafsack und Reisehandtücher
  • diverse Kosmetik- und Pflegeprodukte für die ersten Wochen
  • Pumpenbedarf für 4 Monate
  • für den Notfall 3 Monate Versorgung mit Pens, also Insulin für 8 Monate
  • 8 Packungen FreeStyle Libre und ein Ersatzmessgerät
  • eine Ersatzpumpe
  • diverse Hausapotheke und Blutdrucktabletten
  • nicht erwähnenswerter Kleinkram
  • ein 45l großer Rucksack

Ergibt: passt nicht. Heulkrampf. Neu packen. Passt nicht. Wutausbruch. Neu packen. Passt fast. Durchatmen. Halb neu packen. Passt immer noch nicht. Heulkrampf.

Quelle: Sara Brandt

Pack-Ende gut, alles gut

Im Laufe der vorbereitenden Packversuche, die ich zum Glück aus Aufregung sehr früh anfing, reduzierte ich mein Gepäck auf immer weniger Volumen. Aus 7 T-Shirts wurden 4, aus diversen Pflegeprodukten wurde nur noch das Notwendigste. Den Diabetesbedarf und vor allem meine Traubenzucker reduzierte ich nicht und so saß ich am Abend vor dem Abflug ein letztes Mal verzweifelt auf dem Fußboden und wie durch ein Wunder passte am Ende alles.

Ich sah eben nur aus wie ein Packesel. Ein Packesel mit Kühltasche. Und 2 extra Taschen Handgepäck.

Während der ersten Monate, die wir unterwegs waren, hatte ich ständig Panik, dass mein Rucksack nicht dort ankam, wo wir ankamen, deshalb fand der Großteil meines Diabetesbedarfs weiterhin im Handgepäck Platz. So auch das Insulin und eben die Dinge, die man sowieso im Handgepäck hat: eine Flasche Wasser, ein Buch, etwas zu essen. Und gefühlte 100kg Traubenzucker.

Da ich natürlich unterwegs ab und zu eine Tüte Haribo o.ä. kaufen konnte, hatte ich immer mehr als genug Haribo. Dass 30 Grad in Kolumbien sich nicht gut mit Gelatine vertragen, ist mir dann auch irgendwann aufgefallen – also stieg ich auf Trinkpäckchen um. Die gibt es natürlich überall. Wie schlau von mir!

So verging unsere Reisezeit schnell, ich wurde natürlich um immer mehr Diabetesbedarf in meinem Gepäck erleichtert und damit kommt auch der entscheidende Vorteil von uns Diabetikern beim Reisen: Am Ende hat man am meisten Platz im Koffer! So konnte ich Mitbringsel, Süßigkeiten und Kleidung kaufen und einpacken – es hat immer gepasst. Eine Packung Katheter verbraucht – eine Packung Süßigkeiten aus Argentinien eingepackt.

Insulin-abhängig und Insulin-anhänglich

Nach Hause gekommen bin ich mit noch genau einem Würfel Dextro Energy, 3 Kathetern und einigen Teststreifen. Die Planung ging super auf. Für den Rückflug ging das Packen wie im Schlaf und nicht ich war es, die Heulkrämpfe bekam, weil es einfach nicht passen wollte, sondern meine beste Freundin – sie hatte nämlich seit unserem Besuch in Peru einen Poncho für Ihrem Bruder dabei…

Quelle: Sara Brandt

Zum Glück waren wir nach 4 Monaten einfach Profis im Packen (klingt toll – war auch toll!) und haben die Verzweiflung dann doch schnell bewältigt.

Wehmütig nahm ich sogar mein Insulin, welches in der letzten Nacht aufgrund eines Stromausfalls im Kühlschrank gekocht wurde, wieder mit nach Hamburg. Es war natürlich verfallen, aber ich hatte nun so viel Platz, dass es mir egal war – ich konnte das Insulin, mit dem ich Lateinamerika durchreist habe, nicht einfach in Argentinien zurücklassen. Ich war ein bisschen anhänglich geworden.

Mein Fazit

Mein Fazit: Der Diabetes kann mir zwar vieles erschweren, aber mich an etwas hindern kann er nicht. Ich kann alles – vielleicht eben nur mit ein bisschen mehr Vorbereitung und Vorsicht. Das Packen braucht vielleicht ein bisschen mehr Zeit und Geschick, aber wenn man den Vorteil, dass sich das Gepäck automatisch reduziert, im Auge behält, ist das gar nicht so schlimm.

Die Freude über alles, was man für den neugewonnenen Platz unterwegs kaufen kann, ist einfach viel größer als die Packwut vom Anfang. Und die Freude am Reisen, die Erfahrungen sowieso – die kann mir keine Insulintragetasche, keine Katheterpackung und keine Ersatzpumpe nehmen. Niemals. Egal, was ich alles mitnehmen muss.

 

 


Auch Beate war mehrere Wochen mit einem Rucksack unterwegs und hat ihre Erfahrungen dazu geteilt: Den Jakobsweg mit Diabetes im Rucksack – planen, erleben, genießen

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  • gingergirl postete ein Update vor 6 Tagen, 9 Stunden

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

  • hexle postete ein Update vor 1 Woche

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

  • tako111 postete ein Update vor 1 Woche, 3 Tagen

    Fussschmerzen lassen leider keine Aktivitäten zu!

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