Oft vergessene Katheter

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Oft vergessene Katheter

Diabetes-Technologie: Meistens verbinden sich heutzutage mit diesem Begriff, auch bei mir, Insulinpumpen und Systeme zum kontinuierlichen Glukose-Monitoring (CGM-Systeme). Das finde ich naheliegend, denn das sind aus meiner Sicht die entscheidenden Fortschritte aus den letzten Jahren in der Diabetes-Therapie.

Neulich aber fiel mir auf, dass ein ganz wichtiger Faktor dabei so gut wie nie erwähnt wird: Wie sieht es bei den Fortschritten in Bezug auf die Katheter für die Insulinpumpen aus? Es fiel mir deshalb auf, weil ich mich mal wieder ziemlich geärgert hatte über das, was einem als Fortschritt angeboten wird…

„Bastelei“ mit der Kanüle

Seit dem Beginn meiner Therapie mit Insulinpumpen – das war am 1. September 1991 – verwende ich Katheter, die eine Kanüle haben, die ich nicht senkrecht, sondern in einem schrägen Winkel einsteche. Damals gab es nur die schräg einzustechenden Kanülen aus Stahl, festkleben musste man sie mit einem separaten Pflaster. Das war manchmal schon ziemliche Bastelarbeit, damit die Kanüle nicht wieder herausrutschte, bevor sie festgeklebt war. Die Kanüle und der Schlauch des Katheters waren fest verbunden. Die Insulinpumpe musste ich deshalb, weil sie nicht wasserdicht war, z.B. beim Duschen in einem Plastikbeutel, der extra für diesen Zweck vom Hersteller angeboten wurde, an die Duschstange hängen. Irgendwann hatte ich mich daran gewöhnt, mich unter der Dusche so zu bewegen, dass ich die Kanüle nicht herausriss und ich mich nicht im Schlauch verhedderte.

Drei echte Fortschritte

Quelle: Fiedels – stock.adobe.com

Im Laufe der Zeit kam es zu drei wesentlichen Veränderungen, die ich durchaus als Fortschritte empfunden habe: Zum einen bekamen die Kanülen ein integriertes Pflaster, sodass das Einstechen und das Festkleben keine Bastelei mehr waren. Zum Zweiten konnte ich Kanüle und Schlauch nun voneinander trennen, also abkoppeln und die Pumpe zum Beispiel beim Duschen beiseitelegen – die Duschverrenkungen waren nicht mehr nötig. Und zum Dritten konnte ich nun wählen zwischen Kanülen aus Stahl und Kanülen aus Teflon.

Kanülen sind Fremdkörper in der Haut

Quelle: Terriana – stock.adobe.com

Die Haut muss dabei viel aushalten. Fremdkörper, was Kanülen nun einmal für meinen (wie für jeden) Körper sind, erzeugen in meiner Haut (wie das physiologisch normal ist) Abwehrreaktionen in Form von Entzündungen. Diese können mal nahezu nicht wahrnehmbar, mal deutlich sicht- und spürbar ausfallen. In den bald 30 Jahren meiner Karriere mit Insulinpumpen konnte ich diesbezüglich viel beobachten, kann aber glücklicherweise berichten, dass ich nie schwerwiegende Entzündungen hatte. Das lag zum einen sicher daran, dass ich immer auf Sauberkeit achtete, wie das jedem empfohlen wird. Es lag sicher auch daran, dass ich immer Kanülen bzw. am Anfang Pflaster hatte, bei denen ich die Einstichstelle unter dem Pflaster sehen und bei Rötungen schnell reagieren konnte. Aber es lag offenbar auch daran, dass ich die Kanülen nicht mit einer Setzhilfe einstach, sondern per Hand. So war nach meinem Empfinden der Einstich sanfter, die Verletzung der Haut nicht so stark. Außerdem merkte ich so sofort, wenn ich eine schmerzhafte Stelle erwischte, und konnte die noch nicht weit eingestochene Kanüle wieder herausziehen und an einer anderen Stelle einstechen.

Von Einstechen per Hand zum Einstechen mit Setzhilfe

Das funktionierte bis vor Kurzem. Dann aber wurden für meinen Pumpentyp die einzig verfügbaren schräg einzustechenden Kanülen von Hand-Einstechen auf Einstechen ausschließlich mit Setzhilfe umgestellt. Alternativ gibt es zwar senkrecht einzustechende Kanülen, die ich per Hand setzen kann, aber beim Ausprobieren zeigte sich sehr schnell, dass diese bei mir nicht funktionieren – während ich in den vielen Jahren vorher geschätzt insgesamt zwei bis drei Verschlüsse der Kanüle hatte, gab es hier bei spätestens jeder zweiten Kanüle Verstopfungsalarm. Also musste ich die neuen schrägen Kanülen mit Setzhilfe verwenden…

Fortschritt ist für mich Rückschritt

Seitdem liegt fast jede Kanüle an einer schmerzenden Stelle und ich entwickele an der Einstichstelle relativ schnell eine Rötung. Nach dem Herausziehen der Kanüle nach zwei, maximal drei Tagen ist fast immer eine zwar kleine, aber ordentlich harte Stelle zu fühlen. Diese geht zwar innerhalb von ein bis zwei Tagen zurück, aber dass sich überhaupt diese Veränderungen einstellen, die ich beim Einstechen per Hand so gut wie nie hatte, ärgert mich schon. Immerhin soll meine Haut noch ein paar Jahrzehnte so intakt bleiben, dass ich die Insulinpumpentherapie gut durchführen kann. Aber was bleibt mir übrig? Das Pumpenmodell zu wechseln, kommt wegen der mir sehr helfenden Funktionen dieses Modells nicht infrage, obwohl es für andere Pumpen noch meine Wunsch-Katheter gibt (abgesehen davon, dass man eine Insulinpumpe nicht wie eine Kaffeemaschine einfach ersetzen kann, wenn einem etwas nicht gefällt). Aber als „Fortschritt” empfinde ich diese Entwicklung der Katheter wahrlich nicht! Im Bereich der Katheter und Kanülen ist auch sicher noch viel Forschung nötig, was medizinisch geeignet ist und was weniger.

Habt Ihr im Diabetesbereich auch schon Dinge als Fortschritt angeboten bekommen und wart enttäuscht?


Erfahrt von Caro mehr zum Unterschied von Stahl- und Teflonkanüle: Kathetervergleich – Stahl- oder Teflonkanüle

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  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

  • Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂

    Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/

  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

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