„Die darf im Unterricht essen, die hat Diabetes!“

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„Die darf im Unterricht essen, die hat Diabetes!“

Wer kennt das nicht: Man ist bei der Arbeit, in einer Besprechung, unter Leuten, in einer Situation, in der eigentlich gerade konzentriert gearbeitet und nicht gegessen werden soll. Und dann kommt die „Hypo“, und irgendwie muss halt doch Zucker in den Körper.

Noch als Erwachsene:r kann das unangenehm sein, denn hier wird plötzlich offensichtlich, dass ich als Mensch mit Diabetes nicht immer alles genau so, in dem Tempo und zu der Zeit machen kann wie Menschen mit funktionierender Bauchspeicheldrüse. Doch als Kind in der Schule kann so eine Situation ungleich schwieriger sein. Wir wollen schließlich alle dazugehören, normal sein, nicht auffallen. Wie also damit umgehen?

„Hypos“ in der Schule – unterschiedliche Reaktionen

Davon erzählen mehrere der Menschen mit Typ-1-Diabetes, mit denen ich für meine Promotion in Schottland gesprochen habe. Die Künstlerin und Sprachwissenschafts-Kollegin Alex Lorson hat tolle Comics gezeichnet, die Geschichten aus diesen Unterhaltungen aufgreifen (mehr Comics findet ihr zum Beispiel in dieser Artikelserie in der Blood Sugar Lounge, und Porträts gezeichnet von Alpo Honkapohja, auch Sprachwissenschaftler und Künstler, in einer aktuellen Artikelserie im Diabetes-Journal und ab Herbst als Buch im Kirchheim Verlag) – unter anderem die ganz unterschiedlichen Erfahrungen mit Diabetes in der Schule, insbesondere einer Unterzuckerung mitten im Unterricht, auch noch in einer Vertretungsstunde mit einem strengen Lehrer, der keine Ahnung hat, dass das jeweilige Kind Diabetes hat.

Quelle: Mirjam Eiswirth / Umsetzung: Alex Lorson

Der Comic zeigt die parallelen Geschichten von zwei Kindern mit Diabetes – das eine hat früh seine ganze Klasse aufgeklärt und sagt, dass sie sehr offen mit dem Thema umgegangen ist. Dem anderen war das alles einfach nur peinlich und unangenehm, er wollte nicht auffallen, möglichst so sein wie alle anderen, keine Sonderbehandlung brauchen.

Die grünen Kästchen: „Hoffentlich merkt es niemand!“

Beide erzählen, wie sie mitten im Unterricht plötzlich unterzuckerten. Connor, dessen Erfahrung in den leicht grün hinterlegten Kästchen dargestellt ist, sagt: „Ich war in einer ziemlich strengen Schule, da durften wir im Unterricht nicht essen oder trinken, mussten immer ganz höflich und still sein, und wenn man gegen die Regeln verstoßen hat, wurde das nie fallen gelassen. Also habe ich, wenn ich zu tief war, immer versucht, möglichst unauffällig und heimlich ein Stück Traubenzucker oder ein paar Gummibärchen zu essen. Den meisten Lehrern hatte ich nicht mal gesagt, dass ich Diabetes hatte. Wenn dann jemand bemerkt hat, dass ich gerade dabei war, was zu ‚naschen‘ – so sah das ja erstmal aus – gab’s Ärger, und ich habe mich unglaublich geschämt.“ Mittlerweile, so sagt er, kann er viel offener mit seinem Diabetes umgehen, aber das war ein langer Weg.

Die blauen Kästchen: „Wir sind Sparta!“

Tess, deren Erzählung in den blau hinterlegten Kästchen dargestellt ist, hatte einen leichteren Start – ihre Eltern hatten gemeinsam mit ihr gleich nach ihrer Diagnose sowohl das Lehrer:innen-Kollegium als auch die Klasse „aufgeklärt“. Als dann eines Tages ein Vertretungslehrer den Unterricht übernahm und Tess zwischendurch essen musste – was sie, wie sie sagt, ganz selbstverständlich tat, ohne sich viel um die Lehrkraft oder die anderen Kinder zu kümmern, kam sofort die Rüge. Doch anstatt dass Tess sich verteidigen musste, stellte die ganze Klasse sich hinter sie und rief: „Die darf was essen, die hat Diabetes!“ – wie im Film „Wir sind Sparta!“ erzählt Tess lachend.

Wie sind eure Erfahrungen?

Geschichten dieser Art kennen wir sicher alle – sei es aus der Schule, von Ausflügen, aus dem Freizeit- oder Arbeitskontext. Wie geht ihr damit um, wenn ihr unterwegs oder unter Leuten zu tief seid, und was habt ihr schon so an Reaktionen erlebt?


Mirjams ersten Comic-Beitrag findet ihr hier.

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