- Aus der Community
Forschung an neuen Insulinen: Alles leider kein Wunschkonzert…
4 Minuten
Wenn ich mir mein Traum-Insulin selbst anmixen dürfte, wäre es mir besonders wichtig, dass es in Sekundenschnelle wirkt, sobald mein Blutzuckerspiegel ansteigt. Dann bräuchte ich nicht mehr auf einen Spritz-Ess-Abstand zu achten, der bei mir je nach Tageszeit schon mal bei 20–30 Minuten liegen kann. Am besten erkennt mein Traum-Insulin auch von ganz allein, wann es etwas zu tun gibt – das würde mir die lästige Rechnerei ersparen, sobald Kohlenhydrate im Spiel sind. Ohne Spritzen wäre die Insulintherapie natürlich ebenfalls erheblich angenehmer. Doch vom Traum zurück in die Wirklichkeit: Woran wird aktuell in den Labors geforscht? In einer Sitzung beim diesjährigen ATTD-Kongress habe ich mir angehört, welche neuen Insuline zurzeit erprobt werden – und wie die Chancen stehen, dass sie auch funktionieren und in absehbarer Zeit auf den Markt kommen.
Ultralangwirksame Insuline
Für viele Menschen mit Diabetes wäre es eine erhebliche Erleichterung, müssten sie ihr Basalinsulin nur noch einmal wöchentlich statt alle 12 bis 48 Stunden spritzen. Seit vielen Jahren erprobt man daher unterschiedliche Verfahren zur Verzögerung der Insulinwirkung, wie Professor Dr. Hans de Vries vom Profil-Institut in Neuss berichtete. Nicht alle erreichen das Stadium klinischer Studien. Doch in näherer Zukunft dürften ein paar Kandidaten die Zulassung erhalten. In der Regel entfalten sie ihr Wirkmaximum erst etliche Tage nach der Injektion, und wegen der nur einmal wöchentlichen Gabe müsste man sich erst einmal an die hohen Wochendosen gewöhnen. Doch offenbar kommt es unter solchen ultralangwirksamen Insulinen noch seltener zu Hypoglykämien als bei gängigen Basalinsulinen wie Lantus.

Insulin in Tabletten- oder Kapselform
Doch warum überhaupt spritzen? Warum kann man Insulin eigentlich nicht schlucken wie so viele andere Medikamente auch? Vom Komfort einmal ganz abgesehen muss das Hormon beim Spritzen ziemliche Umwege nehmen, bis es in der Blutbahn ankommt: Über die Kanüle eines Insulinpens bzw. den Katheter einer Insulinpumpe landet das Insulin schließlich zunächst im Unterhautfettgewebe, obwohl es bei stoffwechselgesunden Menschen zuerst über die Gefäße der Leber seine Wirkung dort entfaltet. Die Theorie ist nun, dass Insulin, das zuerst im Magen ankommt, viel schneller Richtung Leber gelangen könnte und damit auch dorthin, wo es tatsächlich zuerst gebraucht wird. Deshalb tüfteln Forschende wie Dr. Eric Zijlstra, ebenfalls vom Profil-Institut Neuss, schon lange an Insulinen, die in Tabletten- oder Kapselform geschluckt werden. Man weiß inzwischen, dass orales Insulin den Blutzucker senken kann. Doch es sind deutlich größere Insulinmengen – bis zu 58-mal mehr! – nötig als beim Spritzen ins Unterhautfettgewebe. Ob und wie gut das Insulin wirkt, kann je nach Abstand zur letzten Mahlzeit und auch deren Zusammensetzung sehr stark schwanken. Darüber hinaus muss das Insulin vor der aggressiven Magensäure geschützt werden, etwa mit einer magensaftresistenten Verkapselung. Trotz der ungelösten Herausforderungen ist Dr. Zijlstra zuversichtlich, dass die Entwicklung von oralem Insulin insgesamt weiter vorangetrieben wird.

„Smarte“ Insuline
Noch einmal weiter entfernt vom praktischen Einsatz sind „smarte“ Insuline, die quasi auf Vorrat gespritzt werden und erst dann ihre Wirkung entfalten, wenn der Blutzuckerspiegel steigt. Die Idee klingt eigentlich simpel. Man sucht sich im Chemiebaukasten ein glukosesensitives Element, das die Freisetzung steuert, und bringt es irgendwie am Insulinmolekül an. Prinzipiell funktioniert das, wie Dr. Tim Heise – auch er arbeitet am Profil-Institut in Neuss – berichtete. Doch es gibt noch einen ganzen Sack voller Probleme in der Praxis: Zum einen können diese glukosesensitiven Anhängsel die Glukosekonzentration bislang noch nicht zuverlässig genug erfassen. Es gelingt zwar zum Teil, mit Erreichen der vorgesehenen Glukoseschwellenwerte rasch Insulin freizusetzen – doch wenn der Glukosespiegel wieder sinkt, muss das freigesetzte Insulin auch wieder schnell gebunden, also quasi eingefangen werden. Daran hapert es zurzeit leider noch. Ach ja, und es gibt noch ein weiteres nicht ganz unwichtiges Detail: Die glukosesensitiven Begleitsubstanzen sind häufig giftig. „Kaum hat man eines der Probleme gelöst, entsteht dadurch auch schon das nächste“, fasste Dr. Heise die aktuelle Lage zusammen. Er glaubt daher nicht, dass in naher Zukunft schon das perfekte smarte Insulin auf den Markt kommen wird.

Fazit:
Ich verließ die Online-Sitzung mit gemischten Gefühlen. Einerseits ist es toll, dass so viel an neuen Insulinen geforscht wird, damit unsere Diabetestherapie in Zukunft noch ein bisschen einfacher, angenehmer und sicherer wird. Ich bin auch sehr dankbar, dass die Forschenden in den Laboren sich durch die diversen Rückschläge nicht entmutigen lassen und immer weiter an ihren Ideen arbeiten. Doch andererseits bin ich auch ein wenig ernüchtert. Denn seit ich vor ein paar Jahren zum ersten Mal von der Option eines glukosesensitiven „smarten“ Insulins gehört habe, bin ich ehrlich gesagt ein bisschen verliebt in diese Idee und hätte mich gefreut, wenn ein solches Insulin schon in Greifweite wäre.
Smarte Insuline – the next big thing!? – Auch Basti hat sich schon mit dem Thema beschäftigt!
Diabetes-Anker-Newsletter
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Ähnliche Beiträge
- Behandlung
Diabetes-Anker-Podcast – Höhen & Tiefen: Was die Diagnose Doppel-Diabetes bedeutet – im Gespräch mit Katharina und Daniel
- Behandlung
Neue Staffel der Video-Reihe „Diabetes-Docs erklären Technik“ gestartet
2 Minuten
Diabetes-Anker-Newsletter
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Über uns
Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.
Community-Frage
Mit wem redest du
über deinen Diabetes?
Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.
Werde Teil unserer Community
Community-Feed
-
bloodychaos postete ein Update vor 3 Tagen, 2 Stunden
Hey, brauche Eure Hilfe. Habe den G7 genutzt. Als der über mehrere Monate (Frühjahr/Sommer 2025) massive Probleme (teils Abweichungen von 150 mg/dL, Messfaden schaute oben heraus) machte bin ich zum G6 zurückgegangen. Dessen Produktion wird nun eingestellt. Ich habe solche Panik, wieder den G7 zu nutzen. Habe absolut kein Vertrauen mehr in diesen Sensor. Aber mit meiner TSlim ist nur Dexcom kompatibel. Ich weiß nicht was ich machen soll, ich habe solche Angst.
-
loredana postete ein Update vor 4 Tagen, 22 Stunden
Die Registrierung mit dem Geburtsjahr war echt sportlich. Wollte es schon fast wieder abbrechen.
-

Mit “meinem” Omnipod 5 wird der Dexcom G7 Ende 2026 voraussichtlich der einzige verfügbare Sensor sein.
So richtig begeistert über die Einstellung des G6 bin ich auch nicht, auch wenn es absehbar war.
Ich habe einfach die Hoffnung, dass die Qualitätsprobleme beim G7 bis dahin ausgestanden sind.
Ich warte das Thema noch einige Monate ab.
Wenn ich Ende 2026 feststelle, dass die Kombination aus meiner Pumpe und dem CGM für mich nicht funktioniert, bin mir sicher, dass meine Diabetes-Ärztin und ich eine gute Lösung für mich finden.
Hier habe ich aufgeschnappt, dass für die t:slim wohl eine Anbindung des Libre 3 in der Mache ist:
https://insulinclub.de/index.php?thread/36852-t-slim-mit-libre-3-wann/
Leider steht keine überprüfbare Quelle dabei. 🤷♂️
Ein weiterer mir wichtiger Gedanke:
Angst und Panik sind in diesem Zusammenhang vermutlich keine hilfreichen Ratgeber. Hoffentlich schaffst Du es, dem Thema etwas gelassener zu begegnen.
(Das sagt der Richtige: Ich habe in meinem letzten DiaDoc-Termin auch die Hausaufgabe bekommen, mal zu schauen, was mir gut tut.)
@ole-t1: Hey Ole, ganz lieben Dank für Deine Nachricht. Die Produktion des G6 endet laut einem Artikel auf dieser Seite ja zum 1. Juli 2026. Wann der Libre3 mit der TSlim kompatibel sein wird weiß man ja noch nicht. An sich gefällt mir Dexcom auch besser als Libre und die erste Zeit lief der G7 ja auch super bei mir. Ich kann mir schwer vorstellen, dass der G7 von heute auf Morgen nicht mehr bei mir funktioniert? Es gab ja auch das Gerücht das Dexcom eine zeitlang Produktionsprobleme hatte, dass wäre ja eine Erklärung, aber da geht Dexcom natürlich auch nicht mit hausieren.
@bloodychaos: Moin, ich benutze den G 7 seit Dezember 2022 (vorher G 6). Seit Dezember 2024 in Kombination mit der t:slim X 2 Ja, es hat immer mal wieder einen Sensor gegeben, der nicht richtig funktioniert hat . Dann wurde ein neuer gesetzt, der Vorfall an Dexcom gemeldet und es gab dann wenige Tage später einen neuen Sensor.
Wie ole-t1 schon geschrieben hat, erst einmal die Ruhe bewahren und nicht in Panik verfallen. Alle auf dem Markt erhältlichen Sensoren haben Schwankungen in der Genauigkeit ihrer Angaben. Wichtig ist daher zu beurteilen, ob das, was der Sensor anzeigt, überhaupt sein kann.
Zum Beispiel durch blutiges Nachmessen (dabei bitte dran denken, dass der Gewebezucker, den die Sensoren messen, rd. 20-30 Minuten hinter dem Blutzucker hinterher hinkt).