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Es ist Tag 1 der Diabetes-Blog-Woche und das heutige Thema lautet: „Abgabetag: Wem würdet ihr einen Tag lang euren Diabetes geben und warum?“
Mein erster Gedanke war: „Dazu kann ich nichts schreiben, das ist ja super fies!“, denn auch, wenn der Typ-1-Diabetes für mich irgendwie erträglich ist, ist er nichts, was ich jemand anderem wünsche. Nach einigem Hin- und Herüberlegen und Ideen, welchem Typ Mensch ich eventuell doch für einen Tag die Betazellen klauen wollen würde (nämlich der Sorte: “Ich habe zwar keine Ahnung, bin mir aber sicher, dass Diabetes no big deal ist.”), fiel mir noch eine konkrete Person ein: ein Lehrer von früher.
Nach meiner Diabetes-Diagnose musste ich sehr schnell wieder zur Schule gehen. Ich weiß nicht mehr, ob ich eine oder zwei Wochen zu Hause war, aber ich war auf jeden Fall noch mehr im Schockzustand, als dass ich mich im Diabetes-Management irgendwie routiniert fühlte. Zu dem Zeitpunkt trug ich zwar schon vorbildlich immer Traubenzucker in meiner Hosentasche mit mir herum, rechnete aber nicht damit, ihn zu benötigen. Bis ich meine erste Hypoglykämie hätte, würde es noch einige Zeit dauern, meinte die Diabetesberaterin aus meiner allerersten Schwerpunktpraxis.
Und dann passierte es doch. Ich war noch keine ganze Woche wieder beim Unterricht, da stand auf dem Messgerät irgendein Wert mit einer 5 vor der zweiten Ziffer. Zum Blutzuckermessen war ich zur Toilette gegangen und während ich noch überlegte, ob das dann jetzt also eine Unterzuckerung ist, ob ich jetzt gleich unbemerkt umfalle und wie viel ich essen sollte, damit das nicht passiert, stand eigentlich auch die nächste Schulstunde an, und zwar Physik.
Wie wir alle wissen, darf im Naturwissenschafts-Trakt nicht gegessen werden. Also sagte ich zu meinem Lehrer, dass ich einen Moment später in den Unterricht kommen würde, weil ich jetzt was essen und dann gucken müsse, wie mein Körper das alles so verkraftet. Er antwortete mit hochgezogenen Augenbrauen, dass ich mich jetzt aber ja nicht auf meinem Diabetes ausruhen solle. Und damit war er geschaffen, der Grund, weswegen Herr XYZ die zweifelhafte Ehre hätte, meinen Diabetes einen Tag lang von mir zu bekommen. Diabetes und ausruhen. Das ist wie 35°C im Schatten und frieren. Damals fühlte ich mich deswegen ganz ertappt und überlegte, ob ich mich wohl zu sehr anstelle in dem Moment. Heute würde ich ihn fragen, ob er einen Marathonlauf auch als Ausgangssituation zum Ausruhen sehen würde.
Im Nachhinein finde ich die ganze Situation sogar sehr gefährlich. Wenn ich mir vorstelle, ich wäre noch unsicherer gewesen und hätte mich einfach still in den Unterricht gesetzt. Ohne etwas zu essen, um mich nicht „auszuruhen“ und nicht aufzufallen – aber eventuell umzufallen. Setzen, sechs, Herr Lehrer. Die Strafarbeit: einen Tag Diabetes “mit alles”.
In meiner Vorstellung erhält Herr XYZ heute ein Päckchen mit all dem Diabetes-Zubehör, das er braucht – natürlich mit konventionellem Blutzuckermessgerät, damit er sich auch ja schön oft piksen muss – und einer passenden Karte dabei (ich stelle sie mir mit einem schönen Faultier-Motiv vor):
„Sehr geehrter Herr XYZ,
ab diesem Moment produziert ihr Körper leider kein Insulin mehr, anbei finden Sie Ihr Diabetes-Probe-Set für 24 Stunden voll unvergesslicher Momente. Aber ich bitte Sie inständig, sich darauf jetzt nicht auszuruhen – viel Spaß!
Mit freundlichen Grüßen
Katharina”
Die Diabetes-Blog-Woche wird übrigens organisiert von den Blood Sugar Lounge-Autoren Ilka, Sascha und Saskia.
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