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Ärzteschaft, Verbraucherschutz und Krankenkassen erwarten von der Bundesregierung einen Gesetzesentwurf gegen Junkfood-Werbung, die sich an Kinder richtet, sowie die Konkretisierung der Ernährungsstrategie.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) erarbeitet federführend die Ernährungsstrategie, die Ende 2023 vom Bundeskabinett beschlossen werden soll. Bis 2025 sollen erste Maßnahmen umgesetzt werden. Derzeit sind Experten-Workshops und Umfragen zu Handlungsfeldern und Maßnahmen terminiert.
Das von Bundesminister Özdemir vorgelegte Eckpunktepapier hatte das Kabinett kurz vor Weihnachten beschlossen. Als zentrale Ziele werden u.a. eine stärker pflanzenbetonte Ernährung und das Reduzieren von Zucker, Fetten und Salz in verarbeiteten Lebensmitteln genannt. Zudem sollen Mahlzeiten in der Gemeinschaftsverpflegung die Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) einhalten und einen „erhöhten Anteil an saisonal-regional und ökologisch-klimafreundlich erzeugten Lebensmitteln“ bieten.
„Es bleibt unklar, wie genau die Bundesregierung diese Ziele erreichen möchte“, kommentiert Barbara Bitzer, Sprecherin der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK), die Ankündigungen.
„Eine Zuckersteuer für Erfrischungsgetränke sucht man im Eckpunktepapier vergebens – das ist ein großer Fehler und darf so nicht bleiben! Eine Ernährungsstrategie ohne Zuckersteuer wäre mutlos und stünde im Widerspruch zu den klaren Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesernährungsministeriums. Aus medizinisch-wissenschaftlicher Sicht ist eine Steuer oder Abgabe für Zuckergetränke überfällig – im Gegenzug sollte die Mehrwertsteuer für Gemüse und Obst komplett gestrichen werden.“ Auch Minister Özdemir bekundet öffentlich „große Sympathien, die Mehrwertsteuer für Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte auf null zu setzen“. Allerdings stehe das Bundesfinanzministerium dem weiter ablehnend gegenüber, berichten Medien.
Bewegung gibt es auch bei einem anderen Ernährungsthema, das SPD, Grüne und FDP im Koalitionsvertrag notiert haben: Werbeeinschränkungen bei ungesunden Produkten für Kinder. Nachdem der Discounter Lidl (3.200 Filialen) angekündigt hat, „grundsätzlich – mit Ausnahme von Aktionsartikeln zu Weihnachten, Ostern und Halloween – keine ungesunde Lebensmittel mehr an Kinder (zu) bewerben“, fordert die Verbraucherorganisation foodwatch das Gleiche von Aldi. Lidl ist nach eigenen Angaben der erste deutscher Lebensmitteleinzelhändler der eine entsprechende Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation umsetzt. Bis Ende 2025 will man es bei den Eigenmarken schaffen, nur noch Produkte mit Kinderoptik auf der Verpackung zu verkaufen, die die WHO-Kriterien für gesunde Lebensmittel erfüllen.
Vor der Politik verlangt foodwatch ein TV-Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel auf allen Kanälen zwischen 6 Uhr morgens und 23 Uhr abends. Eine bei Dr. Tobias Effertz, Universität Hamburg, beauftragte Auswertung zeigt: Fast die Hälfte der Werbung für Zuckerbomben oder fettige Snacks, die Kinder im Fernsehen wahrnehmen, läuft zur abendlichen Primetime. Zwischen 20 und 22 Uhr sehen fernsehnutzende 3- bis 13-Jährige im Schnitt fünf Werbespots für Ungesundes.
foodwatch hat schon zusammen mit 40 anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen, darunter DDG und VDBD, in einem offenen Brief eine „umfassende Regelung“ gefordert. Eine „Werbebeschränkung light“, die lediglich klassische Kindersendungen adressiere, werde „ihr Ziel verfehlen“. Vom BMEL erwartet das Bündnis, dass es in Kürze einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorlegen wird.
von Michael Reischmann
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