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Neuer Leitfaden für Patientenschulung: WHO nimmt politische Entscheidungsträger in die Pflicht
3 Minuten

Nichtübertragbare bzw. chronische Erkrankungen sind in Europa mittlerweile für 90 Prozent aller Todesfälle verantwortlich. Dennoch sind die meisten Gesundheitssysteme weiterhin auf die Behandlung von Menschen mit akuten Erkrankungen ausgerichtet. Ein neuer Leitfaden der WHO soll nun den Fokus auf die Stärkung des Selbstmanagements mithilfe von Programmen für die Patientenschulung lenken.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat einen neuen Leitfaden zur therapeutischen Patientenschulung veröffentlicht, die Menschen mit chronischen Erkrankungen befähigen und unterstützen soll, ihre Gesundheit selbst zu managen und dabei auf eigene Ressourcen zurückzugreifen. Denn schließlich verbringen Menschen mit Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder chronischen Atemwegserkrankungen nur wenig Zeit mit ihren Behandlungsteams und müssen ihren Alltag eigenständig bewältigen.
WHO-Leitfaden: deutsche Vertreter steuern viele Erfahrungen bezüglich der Patientenschulung bei
Für Gesundheitsfachkräfte, die hierzulande in der Diabetologie tätig sind, ist das Konzept per se nichts Neues. Hier sind Patientenschulungen seit Langem integraler und bewährter Bestandteil der Behandlung. In anderen Ländern hingegen sind Schulungsprogramme für Menschen mit chronischer Erkrankung zum Teil noch weit weniger etabliert. Zentrale Themen des Leitfadens sind die praktische Ausgestaltung und Bereitstellung von Schulungsprogrammen, aber auch theoretische Erkenntnisse rund um die Patientenaufklärung und gelungene Kommunikation. Von deutscher Seite war Professor Dr. Karin Lange, bis 2023 Leiterin der Forschungs- und Lehreinheit Medizinische Psychologie an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), an der Ausarbeitung des WHO-Leitfadens beteiligt.
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➤ Diabetes-Schulungen helfen bei der Bewältigung der Erkrankung
Sie konnte nicht nur ihre Expertise in der Entwicklung von Diabetes-Schulungsprogrammen, sondern auch ihre Erfahrungen mit der Hannoverschen integrierten berufsorientierten und adaptiven Lehre („HannibaL“), dem 2005 eingeführten Modellstudiengang Medizin an der MHH, einbringen. Ein wesentlicher Aspekt der medizinischen Ausbildung in HannibaL sind der frühe Kontakt mit Patientinnen und Patienten und entsprechende Kommunikationstrainings in Kleingruppen. „Bei HannibaL können Studierende mit Schauspielern Situationen üben, damit sie nicht nur aus dem Buch lernen, sondern praktisch trainieren – unter anderem, wie man Patienten Kompetenzen für das Selbstmanagement vermittelt“, so Prof. Lange.
In anderen Ländern geht es weniger bürokratisch zu
Der WHO-Leitfaden enthält viele Fallbeispiele, die von den Autorinnen und Autoren aus ihren jeweiligen Ländern zusammengetragen wurden und die konkrete Herausforderungen samt praktischen Lösungsansätzen illustrieren. Und obwohl Prof. Lange das hiesige Schulungssystem im Rahmen der Disease-Management-Programme (DMP) grundsätzlich positiv bewertet, stellte sie im Austausch mit ihren internationalen Kolleginnen und Kollegen auch fest: „Kleinere Länder wie Schweden oder Slowenien sind nicht so bürokratisch wie wir hier. Dort hat man einen besseren Blick für die Realität. Die machen einfach und müssen ihre Zeit nicht mit unendlich vielen Anträgen vergeuden, fünfmal ausdrucken, an eine Behörde schicken und dann zwei Jahre warten, bis endlich einmal etwas passiert.“
Was sagt der G-BA?
Über die Aufnahme von Schulungsprogrammen in die DMP wacht der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), der entsprechende Unterausschuss wird von Karin Maag geleitet. Angesprochen auf die langen Zertifizierungs- und Zulassungsprozesse gibt sie zu: „Wir sehen, dass vielleicht die eine oder andere Stelle überregulierend tätig geworden ist.“ Doch mit Blick auf die jüngst erfolgte Zulassung von Videoschulungen und auch einzelnen digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA), die zulasten der GKV verordnet werden können, hält sie Menschen mit Diabetes in puncto Schulungen für prinzipiell gut versorgt. Handlungsbedarf sieht Maag eher an anderer Stelle: „Es gibt mehr chronische Erkrankungen als DMP, da können wir uns schon noch ein bisschen strecken.“
Denn der Weg bis zur Zertifizierung und Zulassung eines Schulungsprogramms durch das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) ist lang. So erhielt z. B. erst Ende Februar 2024 und damit rund zehn Jahre nach der ersten konzeptionellen Idee das Pumpen-Schulungsprogramm INPUT die Zertifizierung für den Einsatz im Rahmen der Diabetes-DMP. Das CGM-Schulungsprogramm SPECTRUM hingegen erfülle bereits seit fünf Jahren die formalen Anforderungen des BAS – doch eine Zulassung und damit auch Finanzierung durch die GKV sei weiterhin nicht in Sicht, kritisiert Prof. Lange. Von dem WHO-Leitfaden erhofft sie sich daher einen Impuls auch in Richtung der Krankenkassen, die Kosten für evaluierte Schulungsprogramme zu übernehmen.
von Antje Thiel
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gingergirl postete ein Update vor 2 Tagen, 12 Stunden
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus -
hexle postete ein Update vor 3 Tagen, 16 Stunden
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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