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Gerade ging in Leipzig die Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) zu Ende, eine Experten-Tagung. Deren Motto: Forschung von heute für die Praxis von morgen. Schön wär’s – aus Ärzte- wie aus Patientensicht!
Dabei ist es ja nicht so, dass die Diabetes-Experten nicht forschen würden: Die 6.000 Teilnehmer in Leipzig stellten in Symposien, über 100 freien Vorträgen und auf unzähligen Studien-Postern Dutzende neuer Ansätze vor; die permanent kritisierte Pharmaindustrie in Deutschland bringt neue Wirkstoffe zur Marktreife; und so weiter. Nur: Dringen die Erkenntnisse zu den Patienten durch?
Forschung von heute für die Praxis von morgen: Wenn dieses DDG-Motto 2013 stimmt, müssten wir dann nicht die Ergebnisse der Forschung von gestern in der Praxis von heute finden können? Nein, sage ich. Vor allem nicht in der Diabetologie 2013:
Ein erstes Aus liegt schon vor für einen der völlig neuen Wirkstoffe, die den Blutzucker bei Typ-2-Diabetikern im guten Bereich halten sollen – indem überschüssiger Zucker über den Harn ausgeschieden wird (Dapagliflozin); der Wirkstoff habe keinen Zusatznutzen gegenüber dem Herkömmlichen; dies sagt das mächtige Institut für Qualität und Wirtschaftlickeit im Gesundheitswesen (IQWiG). So ging es im Frühjahr 2013 auch dem Diabetes-Medikament Trajenta, das in rund 40 Ländern Diabetikern verordnet werden kann – in Deutschland aber zunächst nicht.
Diabetes-Wirkstoffe, die schon verordnet werden (Bestandsmarkt), werden in den nächsten Monaten vom IQWiG geprüft: Es handelt sich um die Medikamente Victoza und Byetta sowie Bydureon. Zusatznutzen oder zu teuer? Verordnung möglich oder nicht? Bei alledem, liebe Leser, ist doch sicherlich eines gewährt: dass nämlich das Wissen der Experten einfließt in gesundheitspolitische Entscheidungen?
Das Beispiel des (Trajenta-) Wirkstoffs Linagliptin zeigt anderes. Prof. Stephan Matthaei (DDG-Präsident bis Mai 2013) zitierte bei der Leipziger Kongress-Eröffnung Arbeiten deutscher Diabetes-Experten, veröffentlicht in international renommierten Zeitschriften: Demnach sei der Wirkstoff gegenüber Herkömmlichem „nicht unterlegen“, „ähnlich effektiv“, führe dabei zu weniger Unterzuckerungen und zu immerhin 3 kg Gewichtsabnahme im Durchschnitt.
Trotzdem sieht die Gesundheitspolitik keinen Zusatznutzen – und der IQWiG-Chef Hecken sich zu „keinem anderen Ergebnis“ imstande. Matthaei: „Spielt die publizierte wissenschaftliche Evidenz überhaupt eine Rolle?“
Fachgesellschaften sollen laut Matthaei mehr bei der Bewertung von Medikamenten einbezogen werden. Und zwar nicht in dem Sinne, wie es dem DDG-Pressesprecher Prof. Andreas Fritsche wiederfahren ist: Ihn hatte das IQWiG als Gutachter eingeladen – bei dem Wirkstoff Dapagliflozin. Fritsche machte seine Arbeit, das IQWiG erstellte die Nutzenbewertung des Wirkstoffes; und wies forsch den DDG-Experten als Gutachter aus.
Nur: Exakt null Prozent seiner Gutachter-Stellungnahme fanden Eingang in die negative IQWiG-Nutzenbewertung. „Wenn die Sicherheit der Therapie für die Patienten auf dem Spiel steht, werden die Ärzte aktiv, gehen die Ärzte auf die Straße!“, sagte DDG-Präsident Matthaei schließlich als einer der Redner: nicht auf dem Kongress, sondern auf einer Demonstration am 9. Mai auf dem Marktplatz in Leipzig.
von Günter Nuber
Kontakt:
Kirchheim-Verlag, Kaiserstraße 41, 55116 Mainz, Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0,
Fax: (0 61 31) 9 60 70 90, E-Mail: redaktion@diabetes-journal.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2013; 62 (6) Seite 21
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