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Das Echt essen-Gasthaus im Juni: Familie Waizenegger zeigt im „Mohren“, dass Bio-Genuss und Nachhaltigkeit gut zueinander passen.
Alois Waizenegger sagt, während er Kopf schüttelnd ein Bier zapft: „Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das seinen Lebensraum zerstört“. Aufgewachsen auf einem großen Bauernhof im Oberschwäbischen, studierte er zuerst Agrar-Ingenieur – und merkte schnell, dass die herkömmliche Landwirtschaft nicht seine Sache ist: „Alles, was wir ausbringen, landet irgendwann im Grundwasser“, ist er überzeugt – deshalb wollte er einen Gutshof haben, der im Einklang mit der Natur steht. Den hat er, es das „Mohren“ in Limpach im schönen Deggenhausertal in der Nähe von Überlingen, den er 1963 mit seiner Frau übernahm, Stück für Stück ausbaute und zusammen mit seinem Sohn Jürgen zu einem preisgekrönten Naturhotel machte.
Rechnender Bio-Pionier: Alois Waizenegger | Quieken vor Freude: Schwäbisch-Hällische Schweine |
Einmalig ist dieses Konzept in Deutschland: Auf ausgedehnten 40 Hektar grasen um die 40 Angus-Rinder, eine der besten Fleischrassen, mit ihren Kälbern, die auf der Weide geboren wurden – Viehhaltung wie aus dem Bilderbuch. Im Stall hinter dem Gasthaus quieken fröhlich 30 Schweine, die herumlaufen können – es sind natürlich die Schwäbisch-Hällischen mit ihrem saftigen Fleisch. Auf eigenen Äckern werden alle wichtigen Gemüse angebaut, etwa Kartoffeln, Möhren, Lauch, Zwiebeln, Sellerie – und zwar nach der traditionellen Fruchtfolge, sodass der Boden nicht ausgelaugt wird und dann nicht künstlich gedüngt werden muss – bio auf einem klugen Niveau. Aber der Ingenieur Waizenegger ist auch ein kluger Rechner: „Den Minderertrag durch den ökologischen Anbau hole ich dadurch wieder herein, dass ich Dünger und Spritzmittel spare“.
„Das meiste, was wir in der Küche an Fleisch und Gemüse verarbeiten, kommt vom eigenen Gut“, erläutert Markus Decker, auch er ein Agrar-Ingenieur, der den Hof führt. Sogar der Weizen fürs Vieh wird auf den eigenen Äckern erzeugt. Ein geschlossener Kreislauf, der noch durch einen eigenen Wald ergänzt wird – und den großen Stolz von Alois Waizenegger befeuert: Einen Ofen, der mit den Hackschnitzeln aus dem Wald gespeist wird – und das ganze Hotel heizt: „Der Wald ist nichts anderes als gespeicherte Sonnenenergie“, erläutert Alois Waizenegger – und spart damit die Installation einer Solaranlage.
Zeigt mir stolz ein Angus-Rind: Hofgut-Leiter Markus Decker
Was ich hier so ausführlich erzähle, weil es mich in seiner konsequenten Nachhaltigkeit beeindruckt, muss den normalen Gast nicht kümmern. Der kann den Blick von der Terrasse über den in der ferne glitzernden Bodensee schweifen lassen, kann vor dem Essen in die wirklich elegante Sauna (statt der früheren Kegelbahn) gehen – und hinterher in der guten Luft auf über 600 Meter in äußerst geschmackvoll eingerichteten Zimmern im ersten Bio-Hotel des Sees zufrieden einschlafen.
Aber zuvor gilt es natürlich die Küche von Jürgen Waizenegger zu genießen, der in einer renommierten Küche sein Handwerk gelernt hat – nachdem auch er eine landwirtschaftliche Lehre absolviert hatte. Seine Naturküche bewertet der GaultMillau, der immer ein feines Näschen für ausgefallene Konzepte hat, mit 14 Punkten (fast genau so viele wie der bekannte Johann Lafer) – und schreibt nach dem Genuss einer Wildmaultasche: „Es droht allerhöchste Suchtgefahr!“
Verbindet Natur und Genuss: Koch Jürgen Waizenegger | Weist den Weg zum „Mohren“: Das alte Wirtshausschild |
Drei Gänge habe ich gegessen, serviert von einem souverän-freundlichen weiblichen Service. Angesichts der Größe der Portionen, die meisten Gäste sind Schwaben, reicht das völlig. Versuchen Sie in dem oft ausgebuchten Haus einen Tisch in der schönen alten Stube zu bekommen, dann können Sie dem alten „Chef“ Alois Waizenegger („jetzt ist der Jürgen der Chef“) beim Zapfen zuschauen – und ihn auch fragen, er weiß viel über echte Lebens-Mittel.
Eine kräftig intensive Suppe, natürlich mit Beten aus dem eigenen Garten. Der Clou dabei: Die Einlage aus gebackenem Rucola, der damit viel intensiver schmeckt. Das Ganze für 4,50 Euro. Dazu passt ein fruchtig-herber Birnen-Most von den eigenen (es ist wirklich alles da!) Streuobstbäumen für 2 Euro das Viertel.
Eine wirklich reichliche Portion Salat, knackig-frisch mit einem kräftigen Dressing angemacht. Wer´s schärfer haben will, mischt die kleinen, intensiven Bärlauch-Streifen in den Salat. Sehr schön, die kleinen Plätzchen vom Schwein, voller Geschmack und nicht trocken, wie sonst oft bei Fleisch als „Salatbeigabe“. Natürlich verdanken die Schweine diesen Geschmack auch dem Fett, aber das sind Omega-3-satte „Freund-Fette“, die fit machen. Und Sie essen es ja nicht jeden Tag. Kostet: 10,50 Euro. Ich habe dazu ein süffiges Tettnanger (das Hopfenanbaugebiet!) 0,3 „Keller-Pils“ für 2,30 Euro getrunken.
Saftig und voller Geschmack das Steak – sowohl ein Ergebnis des Schlachtens auf dem eigenen Hof (vermindert Stress-Hormone) wie des vierwöchigen Abhängens. Richtig begeistert haben mich die Möhren, die zeigen, welche kulinarische Raffinesse in so einem Gemüse stecken kann, wenn es biologisch erzeugt wird, also lange reifen kann.
Das sollten einmal die Tester von „Warentest“ essen, die auf Kosten der Steuerzahler mit immensem Aufwand, gerade mal wieder das nachweisen wollen, was sie vorher schon „gewusst“ haben: „Bio ist nicht besser“. Natürlich ist es besser – und es schont auch noch die Umwelt, denn vom Acker auf den Tisch sind es nur ein paar hundert Meter. Und alles, was nicht transportiert werden muss, braucht auch kein Öl – und keine Umwelt verseuchenden Ölbohrungen.
Sorry, für den Exkurs, aber alles hängt halt mit allem zusammen. Das Steak als kleine Portion kostet 21,50 Euro, das Glas Spätburgunder aus der Pfalz war gut, leider zu warm. Dafür habe danach noch einen selbst gebrannten Obstler getrunken.
Fazit: Die Waizeneggers zeigen, dass Bio-Genuss und Nachhaltigkeit gut zueinander passen. Sicher, so einen Weg zu gehen, ist nicht nur leicht: „Am Anfang haben mich die Bauern ausgelacht“, erinnert sich Alois Waizenegger. Heute lacht keiner mehr – sondern kommt lieber an den „Stammtisch“, den es immer noch gibt.
Spezialtipp: Auf dem Weg zum „Mohren“ lohnt sich ein Besuch im Kräutergarten auf dem nahen Berg „Höchsten“, der von dem ehemaligen Kloster-Gärtner Franz Mayer angelegt wurde.
von Hans Lauber
E-Mail: aktiv@lauber-methode.de
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Internet: www.lauber-methode.de
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