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„WeinAmRhein“: Spaß am Wein
6 Minuten

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Das Echt essen-Gasthaus im August (Teil 3): Spannende Weinkarte, mitreißende Sommelière: Im Kölner Weinlokal macht Trinken Spaß. Schade, dass die Küche nicht ganz mithält.
Es gibt Restaurants, die funktionieren einfach. Das „WeinAmRhein“ nahe dem Kölner Hauptbahnhof gehört dazu. Eine große Fensterfront lässt unverstellt in das Design-starke Innere blicken. Weiße, relativ eng gestellte Tische ohne Tischwäsche, hochwertige Plexiglasstühle, auf denen es sich bequem sitzt. Besonderer Clou: An den Querfronten der langen, locker ineinander übergehenden zwei Räume gibt es handgewebte Teppiche mit symbolischen Rebzeilen.
Was macht aber die Beliebtheit dieser immer gut besuchten Location aus? Es sind die Menschen: Werner Bouhs ist ein souveräner Patron, der jedem das Gefühl gibt hochwillkommen zu sein. Er kommt gänzlich ohne eitles Chefgehabe aus – was wunderbar zur sympathischen Art der Restaurantleiterin Sonja Gilles passt, die auch die internationalen Gäste herzlich integriert – endlich einmal eine Inklusion, die klappt.
Teil der Wein-Inszenierung: Wandteppich mit Rebzeilen
Wein in allen Facetten wird hier inszeniert. So sind in den schwarzen Schieferboden Gesteinsproben großer europäischer Weingüter integriert, um das Terroir zu symbolisieren, etwa Quarzit von Kühn aus dem Rheingau oder Kreide vom Champagner-Haus Bollinger. Großartig die Weinkarte, die zu recht „Weinbuch“ heißt und auf rund 90 Seiten über 1200 Positionen listet – wobei alles gastfreundlich kalkuliert ist, und es auch gute Tropfen um die 30 Euro pro Flasche gibt.
Alles über Wein
Wichtiger noch als diese Superlative ist die überaus kompetente Beratung, vor allem durch die Sommelière Melanie Panitzke, der heimliche Star des sympathischen Bistros. Sie „lebt“ Wein leidenschaftlich, sie erklärt gestenreich, weckt die Lust. Wein wird hier nicht als Hochamt zelebriert, sondern als Freude auf den Genuss. Ein wenig erinnert ihre temperamentvolle Art an den legendären Silvio Nitzsche, einst Sommelier im legendären 3-Sterne-Haus von Dieter Müller, jetzt in Dresden Chef eines der besten europäischen Wein-Lokale.
Natürlich lassen sich Tropfen aus dem Weinbuch bestellen, etwa zehn Jahre alte Rieslinge vom legendären Weingut Keller aus dem rheinhessischen Flörsheim oder ein sogar bezahlbarer roter Margaux vom Weingut Chateau Rauzan-Sègla. Aber noch viel mehr Spaß bereitet es, sich jeweils aktuell an den Offenen zu delektieren – etwa dem sehr guten Riesling-Sekt von Kirsten an der Mosel.
Ein gereifter Weißwein aus dem Kamptal: 2007er Loimer
Die Überraschung des Abends war für mich ein gereifter 2007er Grüner Veltliner vom Weingut Loimer aus dem Kamptal. Ein unvergleichlich intensiver Wein, der trotzdem kraftvoll elegant daher kommt. Biologisch-dynamisch wird auf dem niederösterreichischen Gut gearbeitet – eine Art der Weinerzeugung, die von immer mehr bedeutenden Erzeugern praktiziert wird, ohne dass groß darüber gesprochen wird. Auch Melanie Panitzke hat eine Vorliebe dafür, auch ohne das groß zu propagieren. Sicher, so etwas Großes hat seinen Preis, mit 14,50 Euro schlägt ein Glas zu buche. Natürlich geht es auch günstiger, etwa ein guter Kühn-Quarzit für 5,70 Euro – wobei erfreulicherweise immer erst ein Probierschluck eingeschenkt wird.
Große Weine, überschaubare Küche
Ach, ja zu essen gibt es auch. Das war nie die große Stärke von WeinAmRhein – und soll nun laut einer aktuellen Kritik des „Kölner Stadtanzeigers“ besser geworden sein. So richtig begeistert war ich dennoch nicht. Bei der Vorspeise wurde die subtile, fein geschnittene Kalbszunge für 16 Euro von einer grobschlächtigen Perlzwiebel attackiert, keine wirklich gute Kombination. Auch der Wein, der schon erwähnte 14er Riesling Quarzit aus dem Rheingau, hatte da keine richtige Chance. Vielleicht wäre hier ein kräftiges Weißbier besser gewesen. Als wenig durchdachte Mischung aus Rettich und Pumpernickelkrümeln entpuppte sich auch „Wilder Meerrettich“ für 15 Euro.
Allerlei auf Leipziger Art: Mit Kabeljau
Gespannt war ich auf das „Leipziger Allerlei“ für 27 Euro, das in meinem Kochbuch „Heimatküche“ das Gericht war, das am meisten faszinierte. In der Originalversion spielen in diesem Klassiker Krebse die Hauptrolle, hier war es ein ordentlich zubereitetes Stück Kabeljau, dem eine Minute weniger Garzeit gut bekommen wäre. Und das Allerlei? Korrekte Möhren, Erbsen und eine sehr gute Morchel, erfrischende Zitrone. Alles recht – nur mit dem großartigen Gericht, das Klaus Neidhart vom Bodensee für mein Buch gezaubert hat, kann es natürlich nicht mithalten. Wer sehen will, wie das „Allerlei“ kein Allerlei ist, dem empfehle ich Foto und Rezept im Anschluss.
Was tun? Ein „Gabelgeld“ zahlen – und sich das Essen mitbringen? Sicher nicht, aber etwas bestellen, wo wenig „gekocht“ werden muss. Etwa ausgezeichnete spanische, toskanische Würste und Schinken oder Rohmilchkäse vom Affineur Waltmann.
Fazit: Ein Wohlfühl-Bistro, wo dem Wein eine große Bühne bereitet wird.
Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag ab 18 Uhr und Dienstag bis Freitag mit einem preiswerten Mittagsmenü und einer hohen Frequenz gut gewandeter Business-People.
Kontakt: Tel.: 0221/91 24 88 85, Internet: www.weinamrhein.eu
Auf Seite 66 meiner „Heimatküche“ steht das „Leipziger Allerlei“. Holen Sie sich hier schon einmal Appetit auf das Gericht und auf das Buch:
Leipziger Allerlei – von Klaus Neidhart und Christian Dierich
Es zählt zu den bekanntesten deutschen Gerichten – und es ist das mit dem miserabelsten Ruf: Leipziger Allerlei. Das kommt daher, dass dieser Klassiker von der Fertiggerichtindustrie zu einem lieblosen Dosenfraß und von den Großkantinen zu einem undefinierbaren Gemüsebrei verkocht wurde.
Wird das Allerlei aber raffiniert zubereitet, so wie es Klaus Neidhart vom „Gottfried“ in Moos und Christian Dierich für dieses Gericht getan haben, ist es ein Gemüsegericht (mit einer kleinen Krebseinlage), das zu den besten der Welt gehört. Allerdings: Es ist ein wenig aufwendig. Aber es lohnt sich – natürlich vor allem im Frühling, wenn die Gemüse noch jung und zart sind.
Gemüse |
||
2 | kleine Kohlrabi | |
2 | Karotten | |
6 EL | Erbsen | |
5 | Zuckerschoten | |
10 |
Spargel, gemischt grün und weiß | |
4 | Frühlingszwiebeln | |
16 | Frühlingsmorcheln, möglichst frisch | |
16 | Flusskrebse, abgekocht und ausgebrochen | |
Frischer Kerbel | ||
Zitronenabrieb | ||
Butter, Salz, Muskat |
Krebsbutter |
||
Karkassen der Krebse | ||
1 EL | Olivenöl | |
2 | Karotten | |
1 | kleiner Fenchel | |
1 | sehr kleiner Sellerie | |
1 EL | Tomatenmark | |
1 |
Cognac | |
1 |
Noilly Prat | |
1 |
Weißwein | |
2 EL | Butter |
Zubereitung
- Gemüse: Die Gemüse würfeln (die Zuckerschoten ganz lassen) und in heißem Wasser kurz blanchieren. In eiskaltes Wasser geben, damit die Farbe und Vitalstoffe erhalten bleiben. Das blanchierte Gemüse in Butter andünsten und mit der Blanchierbrühe ablöschen. Salzen, muskaten und warm stellen.
- Krebsbutter: Für die Krebsbutter die Karkassen der Krebse mit klein geschnittenem Wurzelgemüse (etwa Sellerie, Karotte, Fenchel) in wenig Olivenöl anrösten. Das Tomatenmark zugeben und anrösten, bis es leicht karamellisiert. Das baut die Säure ab, küsst die zarte Süße wach. Mit Cognac ablöschen und flambieren. Dann den Weißwein, den aromatischen Wermut Noilly Prat und einen Schuss kaltes Wasser (entfaltet das Aroma) angießen. Anschließend langsam sieden lassen, durch ein Sieb passieren und auf kleiner Flamme einreduzieren. Später kalte Butter einmontieren, was die Sauce bindet und schmackhaft macht.
- Krebse: Die Morcheln mit klein geschnittenen Zwiebeln in geschmolzener Butter rund 3 Minuten lang leicht anschwitzen, mit Cognac ablöschen. Die Krebse in kochendem Salzwasser 2 Minuten lang ziehen lassen, dann im Eiswasser abschrecken. Anschließend in der Krebsbutter schwenken.
- Anrichten: Zum großen Finale Gemüse, Morcheln und krebsbuttergeschwängerte Krebse vermählen. Zitronenabrieb, feinst gewiegten Kerbel darüber – und noch einmal abschmecken.
- Getränk: Der ideale Wein zu diesem Gemüseklassiker ist ein 2014er Grauer Burgunder Kabinett von Hermann Dörflinger aus Müllheim. Der kraftvolle, badisch-trockene (also mit unter 2 Gramm Restzucker) Wein harmoniert gut mit dem Gericht. Wer es noch kräftiger mag, nimmt aus demselben Jahrgang die Spätlese mit dann 13,5 Prozent Alkohol.
Wie’s gut tut
So großartig wie das Allerlei schmeckt, so wohltuend ist es auch: Die Gemüse sind ein belebendes Elixier, vor allem die Erbsen mit ihren pflanzlichen Eiweißen. Reichlich Proteine spenden auch die Krebse. Die nur wild wachsenden Morcheln sind ungeheuer geschmacksstark und vermitteln ein schnelles Sättigungsgefühl, was der schlanken Linie nützt.
von Hans Lauber
E-Mail: aktiv@lauber-methode.de
, Internet: www.lauber-methode.de
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