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Bevor ich die Diagnose Typ-1-Diabetes bekam, hatte ich selbst keinen blassen Schimmer von den verschiedenen Diabetesformen. Wie in den meisten Köpfen gab es für mich den Typ-2-Diabetes, nur ohne diese explizite Bezeichnung, dafür mit umso mehr Vorurteilen. Ich denke, diese schlechte Aufklärung kommt daher, dass in den Medien nach wie vor am liebsten ein übergewichtiger, alter Mann als Paradebeispiel für den nicht weiter differenzierten Diabetes gezeigt wird.
Vor kurzem gab es in den USA ein limitiertes Getränk bei Starbucks, welches zunächst wegen der Aufmachung und des Namens (Unicorn Frappuccino) und dann wegen des enthaltenen Zuckers (59g) große Aufmerksamkeit auf sich zog. Plötzlich hieß es in den sozialen Medien, dieses Getränk sei „Diabetes in einem Becher“.
Zum Glück wird die Diabetes-Community nicht nur in Deutschland immer präsenter und das Bild des „Diabetes im Becher“ wurde vom „Project Blue November“ öffentlich zurechtgerückt.
Trotzdem kommt es bei manchen Menschen nicht an. Und zwar nicht nur bei völlig Außenstehenden. Es gibt bestimmt Krankheiten, über die ich schon mehrfach etwas gelesen und dann doch die Details wieder vergessen habe – weil mein Kopf mit meinem eigenen (Krankheits-)Kram voll genug ist und weil ich mich einfach nicht darum kümmern muss. Es ist toll, regelmäßig neues Wissen zu sammeln, aber nun einmal auch nicht unbegrenzt möglich. Zumindest nicht mit meinem Gehirn.
Doch es gibt eben auch die Menschen, die die Diabetes-Sache irgendwie betrifft. Die Menschen in meinem direkten Umfeld. Die, in deren Gegenwart ich schon unterzuckert war, die, die den Wechsel von Pen auf Pumpe mitbekommen haben, die, die zwangsweise auch Diabetes-Luft schnuppern (habt ihr bei dem Gedanken auch Insulin-Geruch in der Nase?).
Wir alle haben unsere Typ-Fler (Freunde und Familie von Menschen mit Diabetes), die ein wichtiger Teil im Diabetes-Alltag sind. Hier findet ihr ein tolles Interview von BSL-Autorin Lisa dazu. Aber kennt nicht auch jeder einen Typ-WTFler? Für mich sind das gerade die Menschen, bei denen ich regelmäßig hoffe: „Jetzt haben sie es kapiert!“ Und beim nächsten Treffen fällt dann doch wieder ein Spruch dazu, dass ich mir Zucker in den Kaffee schütte. Und ich denke dann zum wiederholten Male: „What the Fuck?“ Es wird auch 9 ½ Jahre nach meiner Diagnose noch darauf rumgeritten, dass ich, kurz bevor ich zum Arzt ging, so extrem viel Zucker in meinen Tee gemacht habe (das war ein Symptom, nicht die Ursache der Krankheit!). Es sind die, die denken, dir hilft die Kalorienangabe des Schokoriegels weiter, und die, die denken, Obst wäre kohlenhydratfrei.
Ich kann nicht einmal sagen, dass ich von jedem Menschen in meinem Umkreis erwarte, dass er einen Vortrag über Typ-1-Diabetes halten könnte. Das wäre überzogen, ich bin nun einmal auch kein Experte bei beispielsweise Heuschnupfen. Aber wenn ich zwei, drei Pollen-Saisons mit einem Betroffenen erlebt habe, habe ich irgendwann eine Ahnung davon, dass es nicht hilft, wenn ich sage: „Probier es ohne Medikamente und atme draußen einfach mal richtig tief durch.“ Ich halte Heuschnupfen nicht für eine Tierhaarallergie oder die Grippe.
Und manchmal kränkt mich das. Es verletzt mich, dass es diese „What the fuck“-Momente mit Menschen gibt, die ich mag. Weil ich überlege, ob manche Personen mir einfach nicht zuhören oder ob es ihnen komplett egal ist, was ich sage.
Aber vielleicht ist die Situation auch eine ganz andere. Denn in ihrer Welt spielt Diabetes einfach nicht so eine große Rolle wie in meiner. Das, was sie interessiert, ist meine Person und nicht meine Krankheit. Und das ist doch eigentlich etwas sehr Schönes.
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