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Mein Diabetes, meine Geschichte – was zwei Schwestern voneinander lernen können
6 Minuten
Wenn die kleine Schwester der großen alles nachmacht, ist das doof. Ganz besonders, wenn sie plötzlich auch Diabetes bekommt. Svenja (26) und Fabienne (16) teilen sich ihr süßes Schicksal. Beide erhalten im Teenageralter die Diagnose Diabetes Typ 1. Für beide ist es ein Schock, Fabienne konnte aber bei ihrem Start in das Diabetikerleben auf die Unterstützung ihrer großen Schwester zählen. Die zeigen einmal mehr, wie wichtig zum einen unsere Typ-Fler sind, und zum anderen auch das Verständnis, das einem nur andere Diabetiker entgegenbringen können.

Wie habt Ihr erfahren, dass Ihr Diabetes habt?
Svenja: Ich habe die Diagnose im Februar 2007 bekommen. Die typischen Symptome gingen bei mir jedoch schon etwa drei Monate vorher los. Ich nahm stark ab und trank unglaublich viel. Mir fiel das Ganze selbst irgendwann auf und ich bin zum Arzt gegangen. Dort wurde ich erst einmal auf den Kopf gestellt. Dort wurde aber alles auf die Pubertät geschoben, da wären Kreislaufprobleme normal. Ich habe dann selbst mal recherchiert und bin in einem Lexikon auf die Diabetessymptome gestoßen. Da dachte ich sofort: „Oh! Das habe ich!“ Das sagte ich auch zu meiner Mutter, die meiner Selbstdiagnose aber nicht wirklich glauben wollte. Ende Februar wurde das dann auch vom Arzt bestätigt und ich kam ins Krankenhaus.
Fabienne: Bei mir war unsere Mutter dann schon vorgewarnt. Ihr ist aufgefallen, dass ich unheimlich viel trank. Sie wollte dann auch sofort mit Svenjas Messgerät messen. Meine Schwester war aber gerade nicht zu Hause und wir mussten bis zum nächsten Tag warten. Dann wurde aber sofort gemessen und leider zeigte das Gerät „HI“ an, was bedeutete, dass der Wert wohl über 600 mg/dl (33,3 mmol/l) liegen musste.
Svenja: Ich habe zunächst gedacht, dass mein Gerät kaputt ist, und habe selbst gegengemessen. Ich lag bei 180 mg/dl (10,0 mmol/l) und da war klar, dass etwas nicht stimmte. Dann ging es auch sofort ab ins Krankenhaus.
Wie habt Ihr Euch bei der Diagnose gefühlt?
Svenja: Für mich war es damals wie ein Schock. Ich kannte das ja gar nicht! Diabetes war etwas, was man nur mit der Oma verband. Die erste Nacht habe ich verkabelt in einem Krankenbett gelegen und das noch nicht wirklich realisiert. In den folgenden Tagen musste ich dann mein Leben komplett umstellen.
Fabienne: Also, ich habe einfach geweint. Ich habe gedacht, dass die Welt für mich zusammenbricht, obwohl ich wusste, was Diabetes ist, und es schon von meiner Schwester kannte. Ich dachte, ich kann das alles einfach nicht. Svenja hat mir aber unglaublich viel geholfen und ist für mich da gewesen. Sie hat mir geholfen, den Schock zu verarbeiten. Auch meine Mutter hat mir sehr geholfen.

Fabienne, kannst Du Dich denn noch an die Diagnose Deiner Schwester erinnern?
Fabienne: Kaum, da ich da noch sehr klein war. Ich habe mir zwar immer mal wieder angeschaut, was meine große Schwester da macht und wie sie misst, aber nur, weil ich es interessant fand und neugierig war. Es sah immer etwas kompliziert aus. Ich nahm auch ab und zu wahr, dass es Situationen gab, in denen Svenja aggressiv oder launisch war. Heute weiß ich, dass das Unterzuckerungen waren. Mir kam aber nie der Gedanke, dass ich das auch bekommen könnte. Ich konnte mir das überhaupt nicht vorstellen.
Svenja, wie hast Du die Diagnose Deiner Schwester wahrgenommen?
Svenja: Ich war genauso geschockt wie bei meiner eigenen Diagnose. Auch ich wäre niemals auf die Idee gekommen, dass meine kleine Schwester ebenfalls Diabetes bekommen könnte. Nach der ersten Schrecksekunde habe ich aber einen Schalter umgelegt und mein einziger Gedanke war, dass ich nun für meine kleine Schwester da sein muss. Ich wusste, wie sie sich fühlte, ich wusste, was sie durchmachte. Ich hätte mir damals bei meiner eigenen Diagnose gewünscht, dass jemand an meiner Seite gewesen wäre. Jemanden, der mich versteht. Ich hatte bei meiner Diagnose einen viel längeren Krankenhausaufenthalt und zwei Wochen lang Schulung. Bei Fabienne wurde das Ganze auf eine Woche verkürzt, weil die gesamte Familie in Sachen Diabetes bereits so fit war. Da konnte sie definitiv von mit profitieren.
Wie seht Ihr Eure Rolle als Typ-Fler?
Svenja: Am Anfang habe ich sie leider immer etwas zurechtgewiesen. Ich sagte ihr, wie sie dieses oder jenes machen sollte. Das war vielleicht nicht das Beste für den Anfang, auch wenn ich ihr im Grunde nur helfen wollte und mir Sorgen machte. Mittlerweile bin ich da etwas entspannter geworden. Natürlich gibt es immer noch manchmal den erhobenen Zeigefinger von der großen Schwester, wenn ich sehe, dass Fabienne Unfug macht und z.B. schluderig die Kohlenhydrate berechnet.
Fabienne: Du bist manchmal genauso schluderig! Dann helfe ich ihr genauso. Früher war das aber wirklich extremer zwischen uns. Mittlerweile ist es entspannter, aber wir passen dennoch aufeinander auf.
Seht Ihr auch Vorteile darin, dass Ihr beide Diabetes habt?
Svenja: Es gab mal eine lustige Situation in einem Geschäft. Wir saßen beide total fertig in der Umkleidekabine, waren zittrig und übel gelaunt. Also wurden die Messgeräte ausgepackt und wir hatten auch tatsächlich beide eine Unterzuckerung. Fabienne hatte zwei Riegel mit und ich zwei Trinkpäckchen. Wir haben dann schwesterlich getauscht und sind zusammen wie zwei Betrunkene nach Hause getorkelt. Fabienne hat auch davon profitiert, dass unsere Mutter bei ihrer Diagnose schon Bescheid wusste und sie optimal unterstützen konnte.
Fabienne: Dich versteht halt generell niemand so gut wie die eigene Schwester und ganz besonders dann, wenn es um den Diabetes geht. Gerade bei einer solchen Situation wie einer Unterzuckerung ist das Gold wert, verstanden zu werden. Außerdem haben wir dieselben Hypo-Symptome. Es ist toll, jemanden zu haben, der einen da total versteht. Ich kann sie immer fragen, wenn irgendwas ist, und sie hilft mir immer.
Hattet Ihr schon mal eine Situation, in der Ihr Angst um die andere hattet?
Fabienne: Es gab erst am vergangenen Wochenende eine Situation, wo ich mir extreme Sorgen um meine Schwester gemacht habe. Sie hatte einen Wert von 441 mg/dl (24,5 mmol/l), was vollkommen untypisch für sie ist. Sie hatte sich unbemerkt in der Nacht den Katheter rausgerissen und wachte morgens mit diesem exremen Blutzucker auf. Ketone hatte sie auch schon. Das ist dann schon beängstigend.
Svenja: Bei mir ist es eine Unterzuckerung, die mir Angst gemacht hatte. Fabienne lag in ihrem Zimmer und hatte schon 11 BE gegessen, aber ihr Blutzucker wollte und wollte nicht nach oben gehen. Ihr war schon schlecht von dem ganzen Essen und sie hatte Sodbrennen, aber es musste eben noch mehr gegessen werden. Wir hatten wirklich Angst, dass sie dann wieder runterrauscht. Sie kam einfach nicht über 80 mg/dl (4,4 mmol/l) und ging immer wieder auf unter 60 mg/dl (3,3 mmol/l) runter.
Fabienne, gibt es Situationen, in denen Deine Schwester schon Vorarbeit in Sachen Diabetes geleistet hat?
Fabienne: Eigentlich nicht. Oder vielleicht in dem Sinne, dass mir vieles erspart blieb. Keine Verbote von Süßem zum Beispiel. Die Kämpfe hat sie schon alle ausgefochten. Es kannten halt alle schon durch Svenja den Diabetes.
Svenja: Einen Kampf, den ich zuvor schon gewonnen habe, war die Akzeptanz. Ich wollte auf jeden Fall vermeiden, dass sich Fabienne für irgendetwas schämt oder den Diabetes vielleicht nicht akzeptieren kann. Als sie noch im Krankenhaus war kurz nach der Diagnose, habe ich sie auf ein Eis eingeladen und mich ganz offensiv in der Öffentlichkeit gespritzt. Ich wollte ihr zeigen, dass es nichts gibt, was sie verstecken muss. Ich habe sie ermutigt, es mir dann gleichzutun, und sie hat es auch auf Anhieb geschafft. Ich selber habe dafür zwei Jahre gebraucht.
Was wünscht Ihr Euch in Bezug auf den Diabetes für die jeweils andere?
Fabienne: Ich wünsche ihr, dass sie einen besseren HbA1c-Wert hat. Im Moment hat sie einen von 6,8%, was ja eigentlich schon gut ist. Aber ich wünsche mir eben, dass das noch besser wird, es ihr gut geht und sie keine Unterzuckerungen mehr hat.
Svenja: Gute Werte! Und auch, dass sie sich daran hält und disziplinierter ist. Sie hat zwar ein HbA1c von 6,1%, aber leider mit vielen Hypos. Ich hoffe auch, dass sie keine Folgeerkrankungen bekommt und alles so gut bleibt, wie es ist. Ein bisschen wünsche ich mir aber auch, dass sie irgendwann sich vielleicht doch den technischen Neuerungen öffnet. Im Moment spritzt sie ja noch mit Pen. Ich habe da auch lange für gebraucht, um mich für eine Pumpe zu entscheiden, und wünsche mir, dass sie diesen Weg auch geht.
Weitere Interviews hat Kathy Maggy im Rahmen der „Mein Diabetes, meine Geschichte“-Reihe unter anderem mit Mila und Lutz geführt!
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 1 Tag
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 6 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 6 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig