Wie zum Typ 1 noch ein Typ F dazu kam…

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Wie zum Typ 1 noch ein Typ F dazu kam…

Erstmal zu mir, Typ 1

Ich bin Steffi, 49 Jahre alt, und lebe davon 39 Jahre mit Diabetes Typ 1. In dieser langen Zeit habe ich schon einiges erlebt: Bei meiner Behandlung als Kind bin ich mit Einmalspritzen, Mischinsulin und Urinteststreifen gestartet. Über eine ICT-Einstellung, verschiedene Pen-Arten, verschiedenste Insuline (Humaninsulin und verschiedene kurz- und langwirkende Insulinanaloga), Patch- und Schlauchpumpe bin ich nun bei einem Hybrid-Closed-Loop-System angekommen!

Neben – oder besser mit – dem Diabetes habe ich immer versucht, ein normales Leben zu führen und habe meinen Diabetes mehr oder weniger alleine gemanagt. Ich war autark und stark, habe keine Hilfe eingefordert, aber leider auch wenig angenommen. Aber es lief, ich kam soweit klar, habe meinen Weg im Umgang mit Diabetes im Alltag gefunden.

Berufung

Da eben der Diabetes seit der Kindheit zu meinem Leben gehört, habe ich zu meinen Weiterbildungen als Fachapothekerin für Ernährung und Ernährungsberaterin auch noch die Weiterbildung zur Diabetesberaterin gemacht. Seit meiner Retinopathie-Erkrankung vor vier Jahren biete ich nebenberuflich Beratungen an und engagiere mich ehrenamtlich im Diabetes-Bereich.

Nun auch Typ F durch meinen Partner

Meinen jetzigen Lebenspartner lernte ich vor sieben Jahren kennen und lieben. Allerdings hatten wir damals komplett unterschiedliche Lebensstile – und vor allem Ernährungsgewohnheiten. Ich hatte plötzlich einen Raucher an meiner Seite, was ich nie wollte und vor allem einen Mann, der sich fast komplett von Zucker ernährte! Ihr merkt an der Vergangenheitsform, dass sich seitdem einiges geändert hat: Das Rauchen ist verschwunden und beim Essverhalten hat er zum Glück doch den Benefit und auch den Geschmack an frischen, ausgewogeneren Lebensmitteln gefunden! Allein der Konsum von gesüßten Getränken, gezuckertem Kaffee sowie Süßigkeiten zwischendurch war ein Dauerthema zwischen uns beiden – bis Ende letzten Jahres …

Die Diagnose

Ich kürze hier mal die Story ab, es war eine Odyssee über fünf Wochen!

Es begann bei ihm mit starken, krampfartigen Bauchschmerzen, dann langanhaltender Durchfall, totaler Kraftverlust und Verlust von 10 kg Körpergewicht innerhalb von 4 Wochen bei einem eh schlanken Mann.

Nur durch Zufall zeigte sich bei einer Blutuntersuchung ein Nüchternwert von 195 mg/dl. Diesen hatte der Doc zunächst gar nicht bemerkt. Erst auf mein Drängen ließ er dann den Langzeitwert bestimmen … ein HbA1c von 8,9 Prozent!

Mittlerweile stand auch die andere Diagnose: colitis ulcerosa, eine chronisch entzündliche Darmerkrankung, die mit Mesalazin und Cortison behandelt wird.

Der Diabetologe

Leider auch nur auf mein Drängen hin war der liebe Mann (die Ärzte kümmerte das alles echt wenig) bereit, zu einem mir bekannten Diabetologen zu gehen. Das ganze zwei Tage vor Heiligabend!

Dieser hatte aber sofort auch Autoantikörper, Enzyme usw. bestimmt. Zudem hatte er ihm angeordnet, ein Blutzucker-Tagebuch zu führen. Da eben die Feiertage vor der Tür standen, er postprandiale Werte von 300 bis 400mg/dl aufwies und ich als alter Diabetes-Hase mit Insulin umgehen kann, hatte mein Partner einen Fertigpen mit Lispro und Nadeln bekommen. Die Order war, mit 3 IE vor jeder Mahlzeit zu beginnen.

Der Alltag

Schnell merkten wir, dass dies nicht ausreicht und ich durfte vorsichtig die Dosierung erhöhen. Das alleine nahm die Blutzuckerspitzen noch nicht wirklich, wir haben dann klassisch den Spritz-Ess-Abstand vergrößert; teilweise bis auf 30 bis 40 Minuten.

Wie zum Typ 1 noch ein Typ F dazu kam – AdobeStock_Towfiqu Barbhuiya_389875343
Foto: Towfiqu Barbhuiya – stock.adobe.com

Die erste Insulininjektion war für uns beide schon merkwürdig. Mein Partner nahm und nimmt das ganze tatsächlich mit viel Humor (zumindest nach außen). Ich war und bin da eher ängstlich, habe echt Angst vor deutlichen Hypos. Der Mann nicht so sehr, trägt aber brav Traubenzucker in jeder Hosentasche.

Das ganze hat mich doch sehr an frühere Jahre ohne Pumpe, Sensor, AID-System usw. erinnert. Gerade die Jeanstaschen voll zerkrümelten Traubenzuckerpäckchen. Ich habe dann doch noch schnell Freestyle-Libre-Sensoren organisiert, das erleichtert den Alltag seitdem sehr!

Mein Partner managt das jetzt echt super! Da das Cortison ausgeschlichen wurde, sank der Insulinbedarf sichtlich! Einziger Diskussionspunkt ist noch seine Ernährung, die zwar sehr zuckerreduziert ist, aber trotzdem noch nicht gesund.

Der Fett- und Eiweißgehalt seiner Mahlzeiten ist oft immens, der Gemüse- und Obst-Anteil dafür eher spärlich Enttäuscht. Da die Bauchspeicheldrüse ja noch über eine Eigenproduktion von Insulin verfügt, funktioniert diese Ernährungsweise blutzuckertechnisch natürlich schon. Hier im Haus sorge ich aber für gesunden Ausgleich, da ich für die Familie schon eine vollwertige, ausgewogene, sehr pflanzenbasierte Kost anbiete. Das ist halt eh meine Passion und – wie ich glaube – die Basis unserer Gesundheit!

Unser Arrangement

Inzwischen leben wir beide ganz gut mit unseren Diabetes-Typen. Wir thematisieren es nicht ständig, aber irgendwie sind beide doch präsent. Wir planen Mahlzeiten nun zeitlich, sodass jeder rechtzeitig Insulin geben kann, um gemeinsam essen zu können. Gleiches gilt für gemeinsame Jogging-Runden.

Witzig sind die abendlichen Blicke auf unsere jeweiligen Sensordaten bzw. Tagesverläufe. Und die Kommentare, was jeweils gut oder weniger gut geklappt hat. Ich muss mich allerdings noch daran gewöhnen, mich mit meinem Typ-1-Diabetes nicht direkt mit ihm vergleichen zu können. Sein Körper produziert noch eigenes Insulin, auch die Glukagon-Gegenreaktion läuft deutlich milder bei ihm ab. Das macht mich selbst nach 39 Jahren doch noch traurig, da mir die Schwere meiner chronischen Erkrankung so deutlich aufgezeigt wird! Vielleicht soll so nun aber doch noch der letzte Rest Verarbeitung und totale Akzeptanz stattfinden 🙂

Dafür dann tatsächlich DANKE mein Schatz, auf ein langes, süßes Leben miteinander ❤️

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