- Aus der Community
„Weil ihr mich nicht anders kennt…“ – Freundschaften vor und nach der Diagnose
3 Minuten
Mit 18 Jahren und frisch bestandenem Abitur platzte die Diagnose Diabetes Typ 1 ziemlich unerwartet mitten in mein Leben. Ich freute mich eigentlich auf einen aufregenden Sommer und auf das bevorstehende Studium. Stattdessen fand ich mich dann erstmal im Krankenhaus wieder, welches ich aber so schnell wie möglich verlassen habe, um mich ins Studium zu stürzen.
Das neue Leben
Irgendwo zwischen Krankenhaus und Umzug in die neue Stadt habe ich mir geschworen, meinen Diabetes nicht zu verstecken, sondern offen damit umzugehen. Öffentliches Spritzen, Messen und Aufklärung kosteten mich anfangs zwar eine enorme Überwindung, fielen mir aber mit der Zeit immer leichter. Zuhause war das jedoch anders.
In Verwandtschaft und unter Freunden aus meiner Schulzeit verstecke ich Sensor, Pumpe und Co oft oder versuche, Unterzuckerungen zu verheimlichen. Warum das so ist, weiß ich selbst nicht so genau. Vielleicht, weil ich zu Hause meine Freunde weniger ausführlich aufgeklärt habe, als ich das heute bei neuen Bekanntschaften mache. Das liegt vermutlich auch daran, dass ich den Diabetes kurz nach der Entlassung aus dem Krankenhaus nicht an die große Glocke hängen wollte und noch nicht so offen darüber sprechen konnte.
Im Gegensatz dazu ist der Diabetes für die Freunde, die ich nach der Diagnose kennengelernt habe, ganz selbstverständlich ein Teil von mir. Mitbewohner und Freunde erinnern mich nach ein paar Gläschen Alkohol mal eben freundlich daran, dass ein kurzer „Blutzucker-Check“ nicht schaden würde. Sie wissen auch genau, warum ich vor einem langen Spaziergang manchmal noch ganz dringend eine Eisdiele aufsuchen muss. Dass ich eine anbahnende Unterzuckerung auf kulinarische Art bekämpfen will, ist dann jedem klar.
Die Person vor der Diagnose
Natürlich ist mir bewusst, dass die Leute zu Hause nicht so gut über meinen tagtäglichen Diabeteswahnsinn Bescheid wissen können. Wir treffen uns schließlich nur ein paar Mal im Jahr. Aber genau dadurch fällt mir der offene Umgang mit dem Diabetes in diesen Freundeskreisen wohl schwerer. Dazu kommt, dass ich zu Hause vermutlich gerne die Person vor der Diagnose bleiben möchte. Ohne plötzliche Unterzuckerungen, damit verbundenen Stimmungsschwankungen, Schweißausbrüchen und Zwangspausen beim Sport etc.

Fünf Jahre nach meiner Diagnose sollte ich eigentlich gelernt haben, dass es auch zu Hause okay ist, diese Seiten der Erkrankung zu zeigen. Im Grunde weiß ich natürlich, dass auch alle Freunde, die mich von früher kennen, dafür Verständnis haben. Insbesondere kurz nach der Diagnose bekam ich aber durch lieb gemeinte oder unbeabsichtigte Aussagen wie „Ah stimmt, du musst ja jetzt spritzen…“, „Ach, ich vergesse ja immer, dass du das jetzt hast…“ das Gefühl, aufgrund des Diabetes anders behandelt zu werden. Genau das ist der Unterschied zu den Freundschaften, die ich nach der Diagnose geschlossen habe. Hier werden Katheterwechsel, Sensorwechsel oder „Traubenzuckerfressattacken“ etc. nicht großartig thematisiert, weil man mich nur mit Diabetes kennt.
Der Neustart zur rechten Zeit
Aus diesem Grund ist es mir heute so wichtig, mein Umfeld möglichst gut aufzuklären. Ich bekomme dann das Gefühl, mich für mögliche „unangenehme“ Situationen wie Unterzuckerungen, plötzliches Piepen der Pumpe etc. nicht rechtfertigen zu müssen. Rückblickend bin ich froh, dass ich direkt nach der Diagnose umgezogen bin. Auch wenn ich mittlerweile auch zu Hause lockerer geworden bin, hätte ich den offenen Umgang mit dem Diabetes ohne diesen Neustart in einer anderen Stadt vermutlich erst viel später gelernt.
Das Thema der Diabetes-Diagnose haben auch Ramona und Katharina in dieser Podcast-Episode angeschnitten. Hört mal rein!
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 1 Tag, 22 Stunden
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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stephanie-haack postete ein Update vor 2 Tagen, 20 Stunden
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 2 Tagen, 19 Stunden
Ich bin dabei 🙂
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 2 Wochen, 3 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike