Bei hohem Blutdruck Kochsalz ersetzen

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Bei hohem Blutdruck Kochsalz ersetzen

Bevor zum Senken eines erhöhten Blutdrucks Medikamente verordnet werden, versucht man immer, den Blutdruck durch Gewichts-Abnahme, mehr Bewegung, weniger Alkohol, Stress-­Abbau und die Aufgabe des Rauchens zu vermindern. Empfohlen wird auch, weniger Kochsalz zu sich zu nehmen. Neu ist, dass der Ersatz von Kochsalz (NaCl) durch Kalium-Chlorid (KCl) äußerst wirkungsvoll sein kann.

Mit etwa 80 % stellt der Bluthochdruck (arterielle Hypertonie) eine der häufigsten Begleit-Erkrankungen des Diabetes mellitus Typ 2 dar und erhöht unter anderem das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Nieren-Erkrankungen deutlich. Die Nationale VersorgungsLeitlinie Dia­be­tes gibt für die Behandlung des Blut­hoch­drucks einen Orientierungs-Wert von 140/90 mmHg (sprich: Millimeter Quecksilbersäule oder Millimeter Hg) an. Dieser Wert soll jedoch mit jedem einzelnen Patienten diskutiert und individuell vereinbart werden. Dabei sind zu berücksichtigen die Verträglichkeit der Medikamente, das Alter und weitere Begleit-Erkrankungen.

Die Behandlung des Bluthochdrucks besteht im Wesentlichen aus zwei Säulen: der nicht medikamentösen und der medikamentösen Therapie. Die Behandlung ohne Medikamente sollte die Grundlage bilden und vor jeder medikamentösen Therapie besprochen werden bzw. diese begleiten. Liegt der obere (systolische) Blutdruckwert über 160 mmHg, muss mit Medikamenten begonnen werden. Das Ziel der Therapie ist, das Risiko für Herz-Kreislauf-Ereignisse zu senken. Die Blutdruckwerte stellen hierbei einen Anhaltspunkt oder Orientierungs-Wert für dieses Risiko dar.

Schulung ist wichtig

Es gibt in Deutschland spezielle Schulungs-­Programme für Menschen mit Hypertonie, die unter anderem über die Möglichkeiten der Blutdruck-Therapie ohne Medikamente aufklären, wie das Behandlungs- und Schulungsprogramm für Patienten mit Hypertonie aus dem Deutschen Ärzteverlag. Das Buch, das die Patienten im Rahmen dieses Schulungs-Programms erhalten, ist auch im Kirchheim-Verlag zu beziehen.

Die nicht medikamentösen Maßnahmen zum Senken des Blutdrucks, die im Behandlungs- und Schulungsprogramm besprochen werden, sind im Wesentlichen:

  • die Selbstmessung des Blutdrucks,
  • Kalorien-reduzierte Kost zur Gewichts-Abnahme,
  • körperliche Bewegung,
  • Reduktion der Aufnahme von Kochsalz,
  • Vermeiden von Rauchen, Stress und Alkohol.

Je intensiver, desto größere Effekte

Sehr wichtige Maßnahmen sind, Gewicht abzunehmen, die Aufnahme von Kochsalz zu reduzieren und sich mehr zu bewegen. Mit diesen Maßnahmen, die den Lebens-Stil beeinflussen, kann man den oberen (systolischen) Blutdruck im Durchschnitt um 5 mmHg und den unteren (diastolischen) Blutdruck um etwa 3 ­mmHg senken. Die Effekte sind umso größer, je intensiver die jeweilige Maßnahme erfolgt. Bisher konnte jedoch durch keine dieser Maßnahmen eine Reduktion von Herz-Kreislauf-Ereignissen oder Todesfällen nachgewiesen werden.

Kalium-Chlorid hilft bei Hypertonie

Wichtige Neuigkeiten gibt es nun zum Thema Kochsalz. 2021 erschien in der renommierten medizinischen Fachzeitschrift New England Journal of Medicine eine in China durchgeführte Studie. In ihr wurde untersucht, ob der Ersatz von Kochsalz durch ein Gemisch aus 75 % Natrium-Chlorid (NaCl) und 25 % Kalium-Chlorid (KCl) neben dem Senken des Blutdrucks auch zu weniger Herz-Kreislauf-Ereignissen und Todesfällen führen kann. 20 995 Teilnehmende mit Blut­hoch­druck und einem mittleren Alter von 65,4 Jahren wurden zufällig in eine Kontroll-Gruppe und eine Interventions-Gruppe eingeteilt. Die Teilnehmenden der Kontroll-Gruppe sollten ihren Salzkonsum nicht verändern und weiterhin normales Speisesalz verwenden. Die Teilnehmenden der Interventions-Gruppe erhielten einen Salz-Ersatz mit weniger NaCl, der KCl enthielt, und sollten zum Würzen, Kochen und Konservieren von Lebensmitteln ausschließlich diesen benutzen.

Ziel: weniger Schlaganfälle und Herz-Kreislauf-Ereignisse

Über einen Studien-Zeitraum von knapp fünf Jahren erfolgten alle sechs Monate Studien-Untersuchungen. Das Haupt-Ziel der Studie war es, die Häufigkeit des Auftretens von Schlaganfällen zu reduzieren. Außerdem untersuchte man, ob schwere Herz-Kreislauf-Ereignisse (wie nicht tödliche Schlaganfälle, nicht tödliche akute Herz-Erkrankungen, Tod wegen anderer Gefäß-Erkrankungen) sowie die Sterblichkeit jeglicher Ursache günstig beeinflusst wurden.

Nach knapp fünf Studien-Jahren traten in der Interventions-Gruppe etwa 30 Schlaganfälle pro 1000 Personen pro Jahr auf und damit weniger als in der Kontroll-­Gruppe, die normales Speisesalz benutzte. Dort traten 34 Schlaganfälle pro 1000 Personen pro Jahr auf. Außerdem traten in der Gruppe, die den Kochsalz-Ersatz einsetzte, etwa 50 schwere Herz-Kreislauf-Ereignisse pro 1000 Personen pro Jahr auf, in der Kontroll-Gruppe hingegen 57 Herz-Kreislauf-Ereignisse. 4172 Studien-­Teilnehmende starben innerhalb der Studien-Dauer. Knapp 40 Todes-­Fälle pro 1000 Personen pro Jahr waren es in der Interventions-­Gruppe, in der Kontroll-Gruppe mehr mit etwa 45 ­Todes-Fällen.

Bezüglich Nebenwirkungen zeigte sich kein Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Der Unterschied im systolischen Blutdruck war jedoch mit 3,34 mmHg weniger in der Interventions-Gruppe im Vergleich zur Kontroll-Gruppe nicht sehr groß, diastolisch gab es keinen Unterschied.

Kochsalz-Ersatz reduziert ­vorzeitiges Sterben

Damit stellt der Kochsalz-Ersatz die erste nicht medikamentöse Möglichkeit in der Therapie des Bluthochdrucks dar, welche in einer wissenschaftlichen Studie Herz-Kreislauf-Ereignisse und vorzeitigen Tod verringern konnte. Die Ergebnisse der in China durchgeführten Studie haben bei vielen Forschern Interesse geweckt und es sind weitere Untersuchungen zu diesem Thema zu erwarten.

Vor Entscheidung für Kochsalz-­Ersatz den Arzt fragen

Nebenwirkungen treten bei der Gabe des Kochsalz-Ersatzes kaum auf. Auch in Deutschland werden entsprechende Präparate angeboten. Wer den Kochsalz-Ersatz verwenden möchte, sollte allerdings vorher unbedingt mit seinem Arzt sprechen – denn bei bestimmten Erkrankungen bzw. Medikamenten kann es zu erheblichen Nebenwirkungen kommen. Dies ist zum Beispiel der Fall bei Erkrankungen der Nieren und bei einer Behandlung der Hypertonie mit Medikamenten, die mit einer Erhöhung des Kalium-Spiegels einhergehen können.


Autorin:

PD Dr. rer. nat./med. habil. Nicolle Müller
Klinik für Innere Medizin III
Universitätsklinikum Jena

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2022; 71 (5) Seite 20-21

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