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Prof. Dr. Norbert Hermanns (Bad Mergentheim) war Leiter der klinischen Prüfung der HypoDE-Studie, die vor kurzem in der renommierten Wissenschaftszeitschrift „Lancet“ veröffentlicht wurde. In der Studie wurde untersucht, ob kontinuierliche Glukosemessung (CGM) bei Menschen mit Hypoglykämie-Problemen die Häufigkeit von Unterzuckerungen vermindert.
Genau 149 Menschen mit Typ-1-Diabetes aus zwölf diabetologischen Schwerpunktpraxen aus Deutschland haben an der HypoDE-Studie teilgenommen. Über die wichtigsten Ergebnisse berichtet Dipl.-Psych. Prof. Dr. Phil. Norbert Hermanns, Leiter des Forschungsinstituts an der Diabetes Akademie (FIDAM) in Bad Mergentheim im Interview.
Gibt es Belege, dass CGM bei Hypoglykämie-Problemen hilft?
Prof. Hermanns: Die kontinuierliche Glukosemessung (CGM) ist mittlerweile seit ungefähr 20 Jahren verfügbar. Bereits bei den ersten Anwendungen dieser Methode hatte man beobachtet, dass damit der Anteil niedriger Glukosewerte deutlich reduziert werden konnte. Allerdings hat es dann doch noch fast 15 Jahre gedauert, bis man die Wirksamkeit von CGM bei Personen mit Unterzuckerungsproblemen systematisch untersuchte.
Auch hier zeigte es sich, dass die Studienteilnehmer mit einer kontinuierlichen Glukosemessung deutlich weniger schwere Unterzuckerungen aufwiesen als die Teilnehmer, die kein CGM benutzten und lediglich ihren Blutzucker mehrfach am Tag gemessen haben. Auch der Anteil niedriger Glukosewerte unter 70 mg/dl (3,9 mmol/l) war bei CGM-Nutzern deutlich geringer als bei Teilnehmern mit der traditionellen Blutzuckerselbstkontrolle.
Allerdings führten in diesen Studien viele bzw. alle Studienteilnehmer eine Insulinpumpentherapie durch. Es war daher unklar, ob der positive Effekt von CGM auf die Besserung von Unterzuckerungsproblemen auch bei Personen nachweisbar ist, die eine intensivierte Insulintherapie (ICT) durchführen.
Was ist das Besondere der HypoDE-Studie?
Prof. Hermanns: Das Besondere der HypoDE-Studie ist, dass nur Personen mit Hypoglykämieproblemen und einer intensivierten Insulintherapie mit mehrfachen täglichen Insulininjektionen eingeschlossen wurden. In der Studie trug eine Gruppe von Teilnehmern für 6 Monate ein Gerät zum CGM, während die Kontrollgruppe in der Zeit normale Blutzuckerselbstkontrollen durchführte.
Eine andere Besonderheit dieser Studie ist, dass sie ausschließlich in deutschen Schwerpunktpraxen durchgeführt wurde. Denn oft sind die Studienergebnisse, die in anderen Ländern gewonnen werden, wegen der Unterschiede in den Gesundheitssystemen nicht eins zu eins auf Deutschland übertragbar.
Was ist das Hauptergebnis der Studie?
Prof. Hermanns: Bei den Studienteilnehmern mit einem CGM traten deutlich weniger niedrige Glukosewerte auf als in der Kontrollgruppe. Konkret wurde die Anzahl von leichten Unterzuckerungen um zwei Drittel gesenkt – von durchschnittlich 11 Ereignissen auf 3,5 Ereignisse pro Monat – während Teilnehmer der Kontrollgruppe keine wesentliche Verbesserung zeigten.
Aber auch die Häufigkeit schwerer Unterzuckerungen, deren Behandlung die Hilfe anderer (z. B. Partner/Partnerin, Eltern, Notarzt) erforderte, konnte durch die Nutzung von CGM halbiert werden.
Was ist Dein persönlicher Tipp für die Leser des Diabetes-Journals?
Prof. Hermanns: Das häufige Auftreten von leichten Unterzuckerungen am Tag oder in der Nacht kann das Risiko für schwere Unterzuckerungen deutlich erhöhen. Daher gilt es, niedrige Glukosewerte möglichst früh zu erkennen und schnell zu behandeln. Für Personen mit Unterzuckerungsproblemen haben sich vor allem Schulungen zur Verbesserung der Wahrnehmung von Unterzuckerungen bewährt.
Die HypoDE-Studie hat nun gezeigt, dass die kontinuierliche Glukosemessung ein weiteres wichtiges Hilfsmittel bei der Behandlung von Unterzuckerungsproblemen sein kann – nicht nur für Insulinpumpenträger, sondern auch für jene, die ihren Diabetes mehrfach am Tag mit Insulininjektionen behandeln.
das Interview führte Prof. Dr. phil. Bernhard Kulzer
Diabetes Zentrum Mergentheim,
Forschungsinstitut Diabetes-Akademie Bad Mergentheim (FIDAM),
97980 Bad Mergentheim
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2018; 67 (11) Seite 28-29
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