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Diabetes-“Heilung”: Ist sie möglich?
4 Minuten
											Die verfügbaren Innovationen lassen inzwischen eine zwar nicht ursächliche, aber "technische Heilung" des Typ-1-Diabetes möglich erscheinen, weil die wesentlichen Komponenten vorhanden sind, nämlich Glukosesensoren, Insulinpumpen und qualitativ hochwertige kurzwirksame Insuline. Zusammen mit entsprechenden Algorithmen zur Berechnung der Insulindosierung auf Basis aktueller Glukosewerte und des metabolischen Zustands des Patienten lässt sich damit ein autonom geregeltes, geschlossenes System aufbauen (Closed-Loop-System).
Artifizielles Pankreas bisher nicht physiologisch
Die Nachbildung der natürlichen Regulation des Glukosestoffwechsels mit Hilfe eines idealen Systems würde bedeuten, das Insulin so zu ersetzen, dass es nach der Zufuhr zunächst in hoher Konzentration in der Pfortader der Leber zur Verfügung steht, erst danach die Peripherie erreicht und dort die Glukosekonzentration reguliert. Idealerweise wäre dazu das Sekretionsmuster der insulinproduzierenden Betazellen nachzubilden, ein kurzer Gipfel bereits in der Phase unmittelbar nach Nahrungsaufnahme und anschließend die von der Glukosekonzentration abhängige Sekretion.
Die physiologische Insulininfusion bedarf also der Insulinabgabe in die Pfortader. Näherungsweise erreicht werden kann das über eine Zufuhr in den Bauchraum (intraperitoneal), wobei der Katheter über die Leber gelegt wird und das Insulin auf deren Gewebe abgibt. Aus Nutzen-Risiko-Erwägungen heraus ist dieser Zugangsweg nicht für eine breite Indikationsstellung geeignet.
Mit der Insulinabgabe ist nur die Reaktion auf ansteigende Glukosewerte gegeben. Im Fall sinkender Glukosekonzentrationen werden kontrainsulinäre Hormone, insbesondere Glukagon, wirksam. Auch diese Seite müsste bei einem idealen Closed-Loop-System berücksichtigt werden.
Closed-Loop-Systeme mit Kompromissen
Die derzeit favorisierte Variante besteht in der subkutanen Insulinzufuhr aus einer externen Insulinpumpe. Dieses Closed-Loop-System bietet am ehesten den Zugang für eine alltagstaugliche Lösung. Das bedeutet aber Kompromisse:
Algorithmus muss viel berücksichtigen
Weiterhin bedarf die Steuerung des Systems eines kontinuierlich messenden Glukosesensors. Hier ist die subkutane Messung möglicherweise ideal. Allerdings ist die Diabetestherapie derzeit noch auf die Messung des Blutzuckers ausgerichtet. Richtet man sich daran aus, so sind die physiologisch bedingten Unterschiede zwischen Blutglukose und Gewebsglukose, z. B. im Fall von Glukoseanstiegen und -abfällen, mit zu berücksichtigen.
Das Bindeglied zwischen einer externen Insulinpumpe und einem im Unterhautfettgewebe platzierten Glukosesensor ist die Software, welche die Algorithmen zur Insulinabgabe auf Grundlage der gemessenen Glukosewerte beinhaltet. Diese muss die genannten Abweichungen des Alltagssystems im Vergleich zum idealen Closed-Loop-System abfangen.
Das heißt, dass die Pharmakodynamik des subkutanen Insulins, die Notwendigkeit der prädiktiven Beurteilung der Glukosekonzentration und Zeitverzögerungen durch die Glukosemessung bei der Kalkulation der Insulingabe auf Grundlage der gemessenen Glukosewerte zu berechnen sind. Besonders herausfordernd ist die Aufgabe, wenn das System keine schnell wirksamen Gegenmaßnahmen bei abfallendem Glukosewert vorsieht, also ohne Glukagon gesteuert wird.
In Forschung und Studien
Bisher wurden Closed-Loop-Systeme in verschiedenen Arbeitsgruppen entwickelt, z. B. internationale Forschungsprojekte, wie "AP@home", "DREAM" und "DIAdvisor" in Europa, Vorhaben der JDRF (Juvenile Diabetes Research Foundation) in den USA und Unternehmen wie Medtronic und Johnson & Johnson, und in Studien getestet. Die benutzten Modelle und Algorithmen sind dabei durchaus vergleichbar, ebenso die Ergebnisse, die eine deutlich bessere Glukoseregulation zeigen, als das unter der Insulinpumpentherapie der Fall ist. Aber die Ergebnisse zeigen hyperglykämische Glukoseexkursionen über den physiologischen Grenzbereich hinaus und auch Hypoglykämien.
Dazu wird diskutiert, ob die Algorithmen zu verfeinern sind, die Glukosesensoren genauer messen müssen und noch kürzer wirksames Insulin bereitgestellt werden muss. Durch neue Insuline wie ViaJect™ oder BioCharperone Lispro oder eine enzymatische Wirkungsbeschleunigung wie bei Insulinanaloga mit Hyaluronidase könnte Letzteres gegeben sein. Trotzdem wird ein Unterschied bleiben, denn das kurze Zeitintervall der Insulingabe über die Pfortader der Leber kann mit subkutaner Insulingabe nicht erreicht werden. Das betrifft auch bereits mehrfach publizierte Studien mit einem bihormonellen System, also der simultanen Infusion von Insulin und Glukagon.
Inselzellen transplantieren
In den letzten Jahrzehnten hat sich die Transplantationsmedizin bewährt, so dass der vollständige Ersatz des gesamten Pankreas bzw. auch das Transplantieren ausschließlich der insulinproduzierenden Inselzellen (Inselzelltransplantation) möglich ist. Beide Methoden zur Wiederherstellung der endogenen Insulinproduktion stoßen allerdings an Grenzen, weshalb sie nach wie vor recht selten angewendet werden können.
Problem: fremdes Gewebe
Ein generelles Problem bei Organtransplantationen und auch bei der Transplantation einzelner Zellen besteht im Einpflanzen von fremdem Gewebe in den Körper des Patienten. Ein grundsätzliches Problem ist die nicht ausreichende Verfügbarkeit von Spenderorganen, egal, ob die Implantation des gesamten Pankreas erfolgt oder die Transplantation der vorher aufwendig separierten Inselzellen. Weiterhin bedarf die Transplantation von fremdem Gewebe einer immunsuppressiven Therapie, um Abstoßungsreaktionen zu vermeiden.
Derartige Medikamente – egal ob steroidhaltig oder nicht – sorgen für Nebenwirkungen. Insbesondere erhöht die Immunsuppression das Risiko für Infektionskrankheiten verschiedener Art. Diese Probleme führen generell zu einer Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses. Eine Transplantation ist deshalb sicher nicht gerechtfertigt, um eine bessere Diabeteseinstellung zu erzielen. Sie ist deshalb derzeit nur wirklich sinnvoll, wenn gleichzeitig andere Organe ersetzt werden müssen, in der Regel die Niere wegen bestehender Niereninsuffizienz und Dialysepflichtigkeit.
Die simultane Transplantation von Niere und Pankreas/Inselzellen ist deshalb eine bevorzugte Transplantationsmethode. Eine immunsuppressive Therapie muss in diesem Fall sowieso vorgenommen werden. Auch ist selbst die Einjahresüberlebensrate der Pankreata/Inselzellen keinesfalls 100 %. Die dem Typ-1-Diabetes zugrundeliegende Autoimmunerkrankung tritt weiterhin auf und findet im transplantierten Gewebe ein neues Ziel. Auf keinen Fall kann man bei der derzeit praktikablen Transplantationsmedizin von einer "biologischen Heilung" sprechen.
Besser Zellen verkapseln
Eine Verbesserung der Situation würde eintreten, wenn sich Inselzellen erfolgreich verkapseln ließen, so dass kein Angriff des Immunsystems auf diese erfolgen kann. Die Verkapselung muss so beschaffen sein, dass an die verhüllten Inselzellen noch Nährstoffe herankommen, um die Zellen lebensfähig zu halten. Das recht große Molekül Insulin muss nach außen abgegeben werden können. Dagegen dürfen die aktiven Zellen des körpereigenen Immunsystems nicht in die Kapsel eindringen.
An diesem Problem wird umfassend geforscht, sowohl was die Verkapselung einzelner Zellen betrifft als auch von ganzen Zellverbänden. Letzteres bedeutet den Einschluss von Inselzellen in eine biokompatible Kammer, die dem Patienten subkutan implantiert wird (siehe auch Interview Seite 18).
Gentherapie am Anfang
Ethische Bedenken gibt es bei der Gentherapie, die sich ebenfalls noch am Anfang der Entwicklung befindet. Als denkbare Ansätze für die "biologische Heilung" bietet diese die Herstellung insulinproduzierender Zellen für die Transplantation über die
Alle diese Zugänge sind im Tiermodell experimentell realisiert worden, befinden sich aber bezüglich der humanen Anwendung noch im Stadium der Grundlagenforschung. Selbst bei erfolgreichen Versuchen und einer sicheren Technologie der Herstellung der Inselzellen ist es ein weiter Weg bis zu einer Zulassung einer solchen "biologischen Heilung" – die sicher aufkommenden Diskussionen über ethische Fragen mit eingeschlossen.
Fazit
Die technische und die biologische Heilung sind Gegenstand intensiver Forschung. Die Frage ist, bis zu welchem Punkt von einer Therapie und ab welchem Punkt von einer Heilung gesprochen werden kann. "Heilung" wäre, dass der Patient völlig frei ist von therapeutischen Maßnahmen.Die technische Umsetzung des artifiziellen Pankreas ist greifbar, stellt aber nur die bestmögliche Therapie dar. Die biologischen Methoden, Herstellung und Verkapselung von Inselzellen bzw. Gentherapie, kommen einer Heilung näher, befinden sich aber trotz umfangreicher Forschung immer noch am Anfang.
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 6 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina - 
	
	
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 1 Tag
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus- 
	
	darktear antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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	moira antwortete vor 1 Woche
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
 
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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	lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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	connyhumboldt antwortete vor 5 Tagen, 19 Stunden
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
 
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig