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Laut der Deutschen Krebshilfe erkranken jedes Jahr etwa 500.000 Menschen bundesweit neu an Krebs. Etwa die Hälfte aller Fälle wäre durch einen gesünderen Lebensstil mit mehr Bewegung vermeidbar. Immer wieder kommt die Frage auf, ob auch der Diabetes das Krebsrisiko erhöhen kann.
Menschen mit Typ-2-Diabetes haben ein 1,2- bis 1,7-fach erhöhtes Risiko für Brust-, Darm-, Harnblasen- und Bauchspeicheldrüsenkrebs. Das Risiko, an Leberzellkrebs zu erkranken, ist sogar mehr als doppelt so hoch wie bei Menschen ohne Diabetes. Auch das Erkrankungsrisiko für Tumoren an Niere, Schilddrüse und Speiseröhre ist im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung deutlich erhöht.
Übergewicht und Bewegungsmangel fördern nicht nur das Entstehen von Diabetes Typ 2, sondern auch das Entstehen verschiedener Krebsarten. Denn Insulin fungiert hier als Wachstumsfaktor. Da beim Typ-2-Diabetes die Organe zunehmend weniger auf Insulin reagieren, weist das Blut oft schon vor Diagnose der Erkrankung über Jahre hinweg eine ständig erhöhte Konzentration des Hormons auf. Gerade deshalb sind Ernährungs- und Lebensstiländerungen in der Behandlung des Diabetes so wichtig.
Beim Typ-1-Diabetes spielen aber Übergewicht und ein überhöhter Insulinspiegel (“Insulinresistenz”) meist keine Rolle, und daher sind die erwähnten Beobachtungen für Kinder und Jugendliche nicht relevant.
Bezüglich eines möglichen Zusammenhangs zwischen Typ-1-Diabetes und Krebs analysierten Wissenschaftler die Daten aus den Nationalen Diabetes- bzw. Krebs-Registern aus Australien, Dänemark, Finnland, Schottland und Schweden. Daten aus Deutschland können derzeit nicht heranzogen werden, da sich ein deutsches Register derzeit noch im Aufbau befindet.
Insgesamt wurden 9.149 Krebserkrankungen auf 3,9 Millionen Personenjahre festgestellt. (Der Begriff Personenjahre oder auch Patientenjahre wird oft in klinischen Studien verwendet. Beispiel: Nehmen 20 Patienten 10 Jahre lang an einer Studie teil, entspricht das 20 x 10 = 200 Personenjahren.) Diese Daten wurden mit den Krebsdatenbanken in jedem Land kombiniert. So konnte das Auftreten von Krebs bei Typ-1-Diabetes mit den Daten der allgemeinen Bevölkerung verglichen werden.
Das allgemeine Krebsrisiko von Männern mit Typ-1-Diabetes wies laut der Studienergebnisse keine erhöhten Werte auf. Bei Frauen mit Typ-1-Diabetes stieg das Risiko hingegen um rund 7 Prozent. Bezüglich bestimmter Krebsarten fanden die Forscher heraus, dass sowohl Männer als auch Frauen mit Typ-1-Diabetes im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung ein höheres Risiko einer Krebserkrankung der Bauchspeicheldrüse, des Magens, der Leber und der Niere aufweisen.
Bei Frauen zeigte sich außerdem ein erhöhtes Erkrankungsrisiko für Gebärmutterkrebs. Für Krebserkrankungen der Prostata bei Männern und der Brust bei Frauen, die bekanntlich die häufigsten Krebsarten der jeweiligen Geschlechter darstellen, wurde hingegen ein reduziertes Erkrankungsrisiko deutlich.
Eine Erklärung für das niedrigere Risiko für Brust- und Prostatakrebs bei Menschen mit Typ-1-Diabetes konnte noch nicht gefunden werden. Es wird jedoch angenommen, dass das niedrigere Brustkrebsrisiko mit dem geringeren Alter der Studienteilnehmerinnen (unter 40 Jahre) in Zusammenhang stehen könnte. Die geringere Anzahl der Prostataerkrankungen bei Männern könnte auf die geringere Testosteronkonzentration im Blut zurückzuführen sein, die bei Männern mit Typ-1-Diabetes häufig zu finden ist
Bei den Insulinanaloga handelt es sich gegenüber dem Humaninsulin um veränderte Moleküle. Durch diese Veränderung erreicht man entweder eine raschere und kürzere Wirkung für bessere Steuerbarkeit besonders in Verbindung mit dem Essen oder bei der Insulinpumpentherapie oder eine längere und gleichmäßigere Wirkung mit einem unter Umständen geringeren Unterzuckerungsrisiko bei der Basalinsulingabe.
Von Anfang an wurde bei der Entwicklung von Insulinanaloga wegen der Besonderheiten der Insulinwirkung besonders auf die Sicherheit hinsichtlich der Krebsentstehung geachtet. Tatsächlich hatte das allererste umfangreich untersuchte Insulinanalogon B10Asp, das natürlich nie beim Menschen eingesetzt wurde, Krebs bei Versuchstieren ausgelöst.
Rasch war aber auch geklärt, wodurch dieser Effekt des B10Asp auftrat: Es “klebte” länger als herkömmliches Insulin am sogenannten Insulinrezeptor, der in den Zellen die blutzuckersenkende Wirkung des Insulins vermittelt. Dadurch schaltete der Rezeptor um: Statt einer Blutzuckersenkung wurde jetzt eine Wachstumsförderung bewirkt.
Natürlich wurde bei der Entwicklung der nächsten Generation von Insulinanaloga genau darauf geachtet, dass dies nicht wieder vorkommt. So haben keine der beim Menschen angewendeten Insulinanaloga eine verlängerte Bindungszeit am Insulinrezeptor. Die Änderungen der Wirkgeschwindigkeit hängen mit der Aufnahme aus dem Fettgewebe bzw. der Blutzirkulation zusammen, aber nicht mit einem geänderten Bindungsverhalten.
Insgesamt belegt die Diskussion über Diabetes und Krebs die wichtige Rolle der Bewegung. Eine Diät allein, das haben verschiedene Studien belegt, reicht zur Risikoreduktion nicht aus.
Erst die Kombination aus regelmäßiger körperlicher Aktivität und begrenzter Kalorienzufuhr senkt bei Übergewichtigen das Krebsrisiko. Empfohlen wird, fünfmal in der Woche für 30 Minuten körperlich aktiv zu sein. Gefragt sind keine Höchstleistungen. Wichtig ist, sich regelmäßig zu bewegen, ohne an die eigenen Grenzen zu gelangen.
Nicht zu vergessen ist dabei auch das Thema “Vorsorgeuntersuchungen”. Sie werden von den meisten Menschen sehr vernachlässigt. Dies liegt vor allem an der Tatsache, dass einige Untersuchungen eine unangenehme Prozedur bedingen (zum Beispiel die Darmkrebsvorsorge) und Zeit kosten. Gerade Menschen mit Typ-2-Diabetes sollten dennoch ein wenig davon investieren, um im Falle einer ernsthaften Erkrankung den nötigen Zeitvorsprung zu haben: Je früher eine Diagnose gestellt wird, desto effektiver ist die Behandlung und desto größer sind die Chancen für eine Heilung.
von Prof. Dr. Thomas Danne
Kinderdiabetologe, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin „Auf der Bult“, Hannover, Vorstandsvorsitzender diabetesDE
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Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2018; 11 (1) Seite 12-13
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