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Vielleicht wäre es schon eine gute Idee, sich einen Therapeuten zu suchen. Ich fühle mich zwar nicht krank, aber das Insulinspritzen fällt mir schwer. Eigentlich geht es mir gut, aber ich habe in letzter Zeit gar keine Lust mehr auf meine Hobbys und möchte am liebsten den ganzen Tag im Bett liegen… und wenn ich nur an Folgeerkrankungen denke, dann fange ich an zu zittern und es fühlt sich so an, als müsste ich mich übergeben.
Brauche ich wirklich Hilfe…? Es ist doch normal, wenn man seinen Diabetes hasst! Oder etwa doch nicht?
Das Zauberwort für gesetzlich Versicherte lautet „zugelassener Therapeut“, wie ich aus meinem Psychologie-Studium weiß! Wenn ihr gesetzlich versichert seid und die Therapie nicht selber bezahlt, dann braucht ihr einen Therapeuten, der mit eurer Krankenkasse abrechnen kann. Um so einen Therapeuten zu finden, ist eine kleine Google-Suche hilfreich oder ihr schaut auf der Website eurer Krankenkasse nach. Diese haben meist eine Liste mit zugelassenen Therapeuten in eurer Umgebung.
Einen Platz bei einem Psychotherapeuten zu bekommen, ist in Deutschland nicht immer ein leichtes Unterfangen, wenn man gesetzlich versichert ist. Wartezeiten von 6 Monaten sind keine Ausnahme und man braucht einen langen Atem, wenn man Hilfe haben möchte. Natürlich kann man auch Glück haben und schneller einen Platz bekommen, aber das ist leider oft die Ausnahme. Wenn der seelische Schmerz groß ist und das Diabetes-Management immer schlechter wird, sind 6 Monate eine lange Zeit. Daher ist es wichtig, sich früh genug um einen Therapieplatz zu bemühen. Bleibt hartnäckig und gebt nicht auf, es lohnt sich!
Wenn ihr dann einen Termin habt, ist der nächste Schritt das Kennenlernen. Zu Beginn einer Therapie habt ihr immer einige Stunden, normalerweise zwei bis fünf, deren Kosten immer von der Krankenkasse übernommen werden und keiner Begründung bedürfen. Die Zahl ist je nach Alter unterschiedlich, fragt am besten euren Therapeuten, wie viele Sitzungen geplant sind. Diese Stunden nennt man Probatorische Sitzungen. Diese Zeit ist dafür gedacht, sich mit dem Therapeuten vertraut zu machen und zu entscheiden ob ihr bei ihm bleiben möchtet. Und bitte denkt daran, es ist absolut in Ordnung, sich einen anderen Therapeuten zu suchen, wenn man nicht zufrieden ist.
Ein wichtiges Thema wird mit Sicherheit der Diabetes sein. Hier ist aber die Frage: Wie genau belastet euch der Diabetes? Manchmal hat man keine Kraft, sich um das Management zu kümmern, manchmal macht man sich Sorgen um die Zukunft und wiederum manchmal sind es vollkommen andere Gedanken, die einen runterziehen. Die Belastung, die vom Diabetes ausgeht, ist für jeden Menschen völlig unterschiedlich und daher ist es wichtig, das zu kommunizieren. Erst dann kann der Therapeut verstehen, wie es euch geht, und euch gut helfen. Ob es nun Angst vor Spritzen, eine Essstörung, Depressionen, Angststörungen oder etwas anderes ist, der Therapeut kann euch mit verschiedenen Methoden unterstützen.
Macht euch Gedanken, was wichtige Themen für euch sind, über die ihr sprechen wollt. Man kann in der ersten Stunde natürlich nicht alles auf einmal besprechen, aber man kann vieles anreißen, um ein möglichst vollständiges Bild seiner eigenen Situation zu zeichnen. Mein Tipp ist: Macht euch eine Liste mit allen Dingen, die euch beschäftigen. Schreibt euch alles von der Seele, alle Sorgen, Gedanken, Gefühle, alle kleinen und großen Dinge. Eine solche Liste ist aus zwei Gründen eine gute Hilfe: Erstens könnt ihr innerlich durch eine Liste schon einmal ein bisschen Ordnung in eure Gedanken bringen und das Schreiben an sich kann schon therapeutisch sein. Zweitens ist die Liste eine gute Gedankenstütze und kann die erste Stunde erleichtern. Wenn man ins Stocken gerät beim Erzählen seiner Probleme oder gar nicht weiß, wo man anfangen soll, ist ein kleiner Blick auf die Liste sehr hilfreich.
Ein guter Therapeut sollte neugierig sein, was es mit dem Diabetes auf sich hat, und dir Fragen dazu stellen und sich in dem Bereich ein bisschen schlaumachen. Der Diabetes gehört zu uns dazu und ist in jedem Bereich unseres Lebens präsent – gerade auch im Bereich der mentalen Gesundheit. In der ersten Stunde sollt ihr erzählen, dass ihr Diabetes habt, und am besten direkt fragen, ob der Therapeut dazu bereit ist, etwas über den Diabetes zu lernen. Der Therapeut muss kein „Profi“ auf dem Gebiet sein, aber er sollte die grundlegenden Dinge wissen, um euch verstehen zu können.
Erklärt der Therapeut sich einverstanden, sich im Bereich Diabetes weiterzubilden, habt ihr das große Los gezogen! Sollte der Therapeut aber zurückhaltend sein und sich nicht weiterbilden wollen – aus welchen Gründen auch immer –, dann ergibt die Zusammenarbeit nicht wirklich viel Sinn. Wenn ihr bei jeder Sitzung, die ihr habt, wieder neu erklären müsst, warum ihr spritzen müsst und warum euch das belastet, dann frisst das einfach zu viel Zeit und ihr geht mit einem schlechten Gefühl aus der Sitzung. Es ist absolut in Ordnung, wenn ein Therapeut keine Kapazitäten hat, sich weiterzubilden, aber das sollte am besten sofort geklärt werden, um nicht eure Zeit und Kraft zu verschwenden.
Am Anfang solltet ihr euch auf euer Bauchgefühl verlassen, und die probatorischen Sitzungen, die ihr zu Beginn macht, nutzen, um zu überlegen, ob ihr euch gut aufgehoben fühlt und ob ihr euch vorstellen könnt, der Person, die euch gegenübersitzt, von euren Problemen zu erzählen. Meist weiß man schon nach ein paar Minuten, wie sympathisch man sich ist.
Im nächsten Artikel werde ich euch etwas über Alternativen zum Psychotherapeuten erzählen und wie ihr Hilfe finden könnt, wenn ihr eine sehr lange Wartezeit für einen Termin habt: Diabetes und mentale Gesundheit – Phasen, Teil 3
Jessicas erster Beitrag zum Thema: Diabetes und mentale Gesundheit – wie finde ich eigentlich Hilfe? Teil 1
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