- Behandlung
Erfahrungsbericht: So gehe ich mit Nebenwirkungen um
4 Minuten
Medikamente haben nachgewiesene Wirkungen, aber leider auch Nebenwirkungen. Die Angst vor Nebenwirkungen treibt viele Menschen um, ist aber kein guter Ratgeber. Lisa Schütte, Diabetikerin und Bloggerin, berichtet, welche Strategien ihr geholfen haben, Ruhe und den Durchblick zu bewahren.
Als Mensch mit Diabetes benötige ich täglich Medikamente. Die Medikamente für die Therapie meiner chronischen Erkrankungen kenne ich seit Jahren und nutze sie, seitdem ich ein Kind war. Die Ärzte und meine Eltern erklärten mir, dass ich sie zum Leben brauche – als Kind habe ich das nicht hinterfragt, und ich habe mich nur wenig mit den Eigenschaften der Medikamente beschäftigt. Aber mittlerweile hat sich das geändert und ich schaue genauer hin …
Meine Therapieziele konnte (und kann) ich mit meinen Medikamenten ohne Komplikationen erreichen. Je älter ich wurde, desto mehr setzte ich mich aber nicht nur mit meinem Körper und meinem Diabetes auseinander, sondern auch mit den Medikamenten, die ich nutze.
Die erste Auseinandersetzung
Dass Medikamente nicht nur positive Effekte bereithalten, lernte ich erst mit der Zeit. Dennoch blieb ich jahrelang unkritisch. Ich vertraute voll und ganz auf das Wissen meiner Ärzte: Wurde mir ein Medikament verschrieben, dann doch sicherlich zu Recht. Da ich zudem nie von Nebenwirkungen betroffen war, sah ich gar nicht die Notwendigkeit, mich zu informieren.
Erst, als ich als Jugendliche einen Termin beim Frauenarzt ausmachte, um mir die Antibabypille verschreiben zu lassen, dämmerte mir, dass es doch nicht so einfach ist. Als mir erklärt wurde, welche Nebenwirkungen die Pille haben kann, besonders auch in Bezug auf meinen Diabetes, setzte ich mich zu Hause das erste Mal hin und studierte den Beipackzettel.
Einschüchternd: der Beipackzettel
Beipackzettel wirken auf mich zunächst immer einschüchternd. Zu viel Text auf viel zu wenig Raum, das dünne Papier, die kleinen Buchstaben. Da kann der Kopf schnell rauchen. Mir war erst nicht bewusst, dass sich die Hersteller natürlich in jede Richtung absichern müssen, und wunderte mich über so viel Inhalt. Als ich dann begann, mir alles genau durchzulesen, wurde es nicht einfacher. Neben den verständlicheren Feldern – z. B. der Erklärung zur richtigen Anwendung – konnte ich mit den Inhaltsstoffen relativ wenig anfangen. Die vielen komplizierten Wörter waren abschreckend und erschwerten das Lesen.
Natürlich blieb ich besonders an den Nebenwirkungen hängen. Betrachtet man diesen Punkt gesondert, machen einem die meisten Arzneimittel Angst. Selbst wenn man weiß, dass Nebenwirkungen relativ selten auftreten, hinterlässt die Aufzählung oft ein flaues Gefühl im Bauch. Als Mensch mit Diabetes achte ich auch immer darauf, für wen die Medikamente nicht geeignet sind, und nicht selten wird der Diabetes mit aufgeführt. Ich frage mich dann oft, warum mein Arzt mir dieses Medikament verschreibt, obwohl er von meiner Diabeteserkrankung weiß.
Wie informiere ich mich?
Nach wie vor ist für mich mein Arzt die erste Anlaufstelle, wenn ich Fragen zu einem Medikament habe. Heute bin ich unheimlich wissbegierig. Als Patient kann man in solchen Momenten nicht genug Fragen stellen. Ich möchte selbstbestimmt mit meinem Körper umgehen, und so möchte ich auch wissen, was ich genau mit ihm anstelle. Damit habe ich gute Erfahrungen gemacht. Mir wurde alles erklärt, und ich hatte das Gefühl, dass der Arzt mich und meine Bedenken ernst nimmt.
Da mir ein gutes Arzt-Patienten-Verhältnis sehr wichtig ist, suche ich meine Ärzte mit Bedacht aus. So hatte ich bisher immer das Gefühl, dass mein jeweiliger Arzt über das nötige Fachwissen verfügt. Trotzdem gibt es immer wieder Situationen, in denen ein Medikament laut Beipackzettel nicht für Menschen mit Diabetes geeignet ist und auch der Arzt auf diese Stelle hinweist. Solche Momente verunsichern mich: Wieso wird mir dieses Medikament verschrieben? Meistens dient der Hinweis auf meine chronische Erkrankung schlicht der Absicherung. Negative Beispiele gibt es in der Regel nicht.
Weitere Infos
Elektronisch aufbereitete Beipackzettel bieten z. B. Apps wie die von Mediteo (www.mediteo.com, verfügbar für iPhone und Android). Mit dieser App (wie auch mit der App MyTherapy und anderen) können Sie sich außerdem an Ihre Medikamenteneinnahme erinnern lassen.
Wenn ich dennoch das Gefühl habe, dass ich mich noch genauer informieren möchte, führt mich mein Weg ins Internet. Für mich als junge Erwachsene, die sehr aktiv im Internet unterwegs ist, scheinen die Möglichkeiten dort endlos. Genau deswegen sehe ich aber auch einiges im Internet kritisch. Es ist wichtig, sich seine Quellen genau anzusehen: Wer ist der Urheber? Woher stammen die Daten? Und sind die Daten auch repräsentativ? Ein Blick ins Impressum kann sehr aufschlussreich sein!
Auf den Seiten der Hersteller findet man oft denselben Text wie im Beipackzettel. Hier und da werden manche Punkte genauer erklärt oder die Sprache weicht von der im Beipackzettel ab, um es für die Allgemeinheit verständlicher zu machen. Das gefällt mir sehr gut, und ich freue mich immer, wenn so an die Patienten gedacht wird.
Außerdem lassen sich im Internet alle Beipackzettel wiederfinden. Dafür gibt es neben Seiten und Datenbanken, die man leicht finden kann, auch Apps (z. B. von Mediteo, siehe Kasten oben).
Hilfreich: Erfahrungen von anderen
Mein nächster Impuls ist schließlich die Suche nach Erfahrungswerten. Meiner Meinung nach sind diese unersetzlich. Schon eine einfache Google-Suche führt oft auf Portale und Foren, in denen sich die Menschen über ihre Erfahrungen austauschen. Auch Gruppen und Seiten in den sozialen Netzwerken sind davon nicht ausgeschlossen. Es ist beruhigend zu lesen, dass die Mehrheit gut mit einem Medikament klarkommt.
Außerdem kann man hier selbst Fragen stellen. Oft findet man andere Leute mit den gleichen Voraussetzungen. Natürlich stoße ich hier auch auf negative Berichte. Diese merke ich mir gut und frage dann noch einmal meinen Arzt oder Apotheker.
Mein Fazit
Lese ich den Beipackzettel, verursacht das bei mir oft ein unbehagliches Gefühl. Wenn mein Arzt mich gut aufklären kann und keine Bedenken hat, verzichte ich noch heute darauf, die Packungsbeilage zu studieren.
Meistens möchte ich aber gern wissen, was mit meinem Körper passiert. Häufig habe ich zusätzlich das Bedürfnis, im Internet nach Erfahrungsberichten zu suchen. Ich brauche diese Sicherheit, da der Beipackzettel oft verunsichert und man Angst vor dem Medikament bekommen kann.
Deswegen finde ich es sehr angenehm, dass bei den Nebenwirkungen zusätzlich Häufigkeitsangaben gemacht werden. Bei den Risiken würde ich mir zusätzlich eine leicht verständliche Erklärung wünschen: Warum sollte ich als Mensch mit Diabetes nicht zu diesem Medikament greifen?
Auf der anderen Seite frage ich mich oft, ob alles, was im Beipackzettel steht, wirklich für die Patienten relevant ist. Generell habe ich aber lieber zu viele Informationen als zu wenige, auch wenn die vielen Informationen in der Packungsbeilage einen auf den ersten Blick „erschlagen“.
Schwerpunkt „Zu Risiken und Nebenwirkungen…“
- Erfahrungsbericht: So gehe ich mit Nebenwirkungen um
- Arzneimittel-Nebenwirkungen: Nachgefragt – 3 Fragen, 3 Antworten
- Missverständliche Beipackzettel: So behalten Sie den Durchblick
- Nebenwirkungen melden: Wie Arzneimittel noch sicherer werden
von Lisa Schütte
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2019; 68 (8) Seite 20-22
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 4 Tagen, 10 Stunden
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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stephanie-haack postete ein Update vor 5 Tagen, 7 Stunden
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 5 Tagen, 6 Stunden
Ich bin dabei 🙂
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 2 Wochen, 6 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 2 Wochen
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike