Erfahrungsbericht zu Parodontitis und Diabetes: „Sorgenfrei lächeln“

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© Kirchheim-Verlag / Andreas Schickert
Erfahrungsbericht zu Parodontitis und Diabetes: „Sorgenfrei lächeln“

Mathias H. (48) beschreibt die Tragweite: Parodontitis und Diabetes haben eine wechselseitige Beziehung. Wer zum Beispiel Parodontalerkrankungen früh behandelt, kann Insulinresistenz mindern. Aber noch viel mehr steckt dahinter. Lesen Sie hier seinen Erfahrungsbericht.

Karieslöcher, Plomben, Zahnersatz? Mit meinen Zähnen hatte ich früher kaum Probleme. Sie sahen gut aus, und ich musste mich nicht besonders darum kümmern. Einen Zahnarzt sah ich nur in der Fernsehwerbung. Nicht einmal meine Weisheitszähne machten mir Kummer …

40 Zigaretten am Tag

… und das, obwohl ich schon seit 30 Jahren rauche. Mit 18 fing ich an – damals, in den 80ern, galt als besonders cool, bei jeder Gelegenheit eine Zigarette zur Hand zu haben. Heute bin ich mit 48 Jahren nicht mehr ganz so cool: Als Werkstattmeister in der Stahlproduktion mache ich seit meiner Ausbildung Schichtdienst – nach über 30 Jahren schlaucht das.

Und der ganze Stress zeigt sich darin, dass ich übergewichtig bin mit einem Körpermassenindex (BMI) von 33 kg/m² und 40 Zigaretten am Tag rauche. Ich versuchte schon öfter, mit dem Rauchen aufzuhören, aber ich schaffe es einfach nicht. Und die Sportschuhe, die ich mir voller guter Vorsätze kaufte, liegen wie neu im Karton (der verstaubt).

Alarm: Zahnfleischbluten!

Vor drei Jahren merkte ich, dass mein Zahnfleisch stark entzündet war: Es sah geschwollen und gerötet aus, tat aber nicht weh, so dass ich mich am Anfang nicht groß darum scherte. Aber als mein Zahnfleisch beim Zähneputzen oder auch spontan immer häufiger blutete und dann einige Zähne locker wurden, war ich schockiert und ging zum Zahnarzt. Er prüfte mit Hilfe eines Tests (Parodontaler Screening-Index, PSI) den Gesundheitszustand des Zahnfleischs und ermittelte den Schweregrad der Entzündung sowie den möglichen Behandlungsbedarf.

Diagnose: Zahnhalteapparat entzündet

Danach stand für ihn fest, dass ich an einer Entzündung des Zahnhalteapparates(Parodontitis) leide, die bereits weit fortgeschritten war. Er überwies mich sofort an einen Spezialisten der Uniklinik meiner Heimatstadt. Dort folgten weitere Untersuchungen wie eine genaue Bestimmung der Zahnfleischtaschentiefe und der dabei auftretenden Blutung. Es wurde auch ein Röntgenbild des Kiefers gemacht, um den Knochenabbau genauer beurteilen zu können. Außerdem wurde mir Blut abgenommen, um mich auf Diabetes zu testen.

Mir wurde erklärt, dass ein Zusammenhang zwischen diesen beiden Krankheiten besteht und dass sie sich, unbehandelt, gegenseitig beeinflussen und sogar verstärken können. Zum Glück gab es hier keine beunruhigenden Ergebnisse; mein HbA1c-Wert, der die Blutzuckerkonzentration der letzten Wochen angibt, war völlig unauffällig und so deutete nichts auf eine mögliche Zuckerkrankheit hin – das dachten mein Zahnarzt an der Uniklinik und ich zumindest.

Therapie mit System …

Die Parodontitisbehandlung nahm ich von Anfang an ernst – denn auch, wenn ich nicht mehr wie vor 30 Jahren in die Disko gehe: Sorglos lächeln will ich schon noch können! Also nahm ich die Behandlungstermine und anschließend die regelmäßigen Nachsorgeuntersuchungen wahr.

Zu Hause versuchte ich, so gut es ging, die geübten Tipps und Tricks umzusetzen – für eine optimale häusliche Zahnpflege: wie den richtigen Gebrauch einer Zahnbürste und die Anwendung von Zahnseide und Zahnzwischenraumbürsten. Ich war bei drei Vorbehandlungssitzungen: Hier wurden zunächst alle gut zugänglichen Zahnflächen im Mund von Belägen und Auflagerungen befreit und poliert. Anschließend entfernte mir der Zahnarzt zweimal unter örtlicher Betäubung den Zahnstein und die Beläge von den Wurzeloberflächen (Deep Scaling). Leider aber blieb der Erfolg aus.

… aber kein Erfolg!

Schlimmer noch: Die Messung der Zahnfleischtaschen ergab an einigen Stellen ein noch schlechteres Ergebnis als vor Beginn der Behandlung. Auch das Röntgenbild zeigte einen fortschreitenden Knochenabbau! Ich war alarmiert, zugleich aber zuversichtlich, dass mein Zahnarzt und seine Dentalhygienikerin an der Uniklinik alles dafür taten, um der Parodontitis zu Leibe zu rücken.

Drei Jahre lang ging das so. Zwischendurch gab es 2010 wieder eine Blutuntersuchung: Der HbA1c-Wert war etwas schlechter, aber noch im Grenzbereich.

Diagnose Typ-2-Diabetes

Erst als mir 2012 wieder Blut abgenommen wurde, stellte sich heraus, dass mein HbA1c viel zu hoch lag. Mein Zahnarzt schickte mich sofort zum Hausarzt – dort die Diagnose Diabetes Typ 2! Bei dieser Diabetes-Form produziert der Körper zwar noch eigenes Insulin, aber verschiedene Gewebe des Körpers reagieren nicht mehr richtig auf das Insulin – es verliert seine Wirkung (Insulinresistenz). Infolgedessen kann der Zuckerhaushalt nicht mehr richtig reguliert werden, die Blutzuckerwerte sind chronisch erhöht.

Mein Zahnarzt und mein Diabetologe tauschten sich fachlich aus: Beide erklärten, wie die beiden Erkrankungen zusammenhängen und was zu tun ist; nun bekomme ich seit 2012 Insulin. Ich führe es von außen zu, weil meine Bauchspeicheldrüse nicht mehr genug körpereigenes Insulin bereitstellt; der Blutzuckerwert kann also nicht mehr den Zuckergehalt im Blut konstant auf dem richtigen Niveau halten.

Erfolge wie ohne Diabetes

Wenn ich jetzt mit dem Insulin meinen Blutzucker in den Griff bekomme, steigen meine Chancen, dass ich bald wieder sorgenfrei lächeln kann. Denn es gilt als erwiesen, dass bei gut eingestellten Diabetikern eine Parodontitistherapie genauso erfolgreich sein kann wie bei Patienten ohne Diabetes; auch kann der Behandlungserfolg gleichermaßen gut aufrechterhalten werden. Mein großer Vorsatz für 2014 ist auf jeden Fall, mit dem Rauchen aufzuhören und mein Gewicht zu reduzieren – denn auch das ist entscheidend für den Behandlungserfolg.

Schwerpunkt „Mundgesundheit: Dem Diabetes auf den Zahn gefühlt“


von Mathias H.

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2014; 63 (3) Seite 22-25

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  • insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche

    Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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