Frau W. geht zum großen Jahres-Check

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Frau W. geht zum großen Jahres-Check

Einmal im Jahr geht Frau W. zum großen Jahres-Check. Dazu gehört eine Voruntersuchung inklusive Blutabnahme. Beim Termin mit der Diabetologin werden alle Werte besprochen – z. B. die Nierenwerte, die Höhe des Cholesterins … Außerdem bekommt Frau W. noch Tipps für ihre Operation im Krankenhaus in einigen Tagen.

In der Behandlung des Diabetes geht es auch immer um Werte, um Zahlen, um Ziele. Dabei den Überblick zu behalten, ist gar nicht so leicht.

Wie es gelingen kann, zeigen die Beispiele von Frau W. (der hier folgende Artikel) und Herrn M., die gemeinsam mit ihrer Diabetologin/ihrem Diabetologen besprechen, welche Werte sie anstreben sollten und was sonst noch wichtig ist rund um den Diabetes. Denn Werte und Ziele sind das eine; nicht davon zu trennen ist aber die individuelle Situation, in der sich ein Mensch mit Diabetes gerade befindet.

Was sich hinter den nackten Zahlen verbirgt, dazu gibt Ihnen unsere Übersicht über die wichtigsten Gesundheitswerte im Rahmen einer Diabetestherapie einen detaillierten Überblick.

Welche Werte bei Kindern und Jugendlichen mit Diabetes eine spezielle Rolle spielen, erfahren Sie von Prof. Thomas Danne.

Frau W. kommt zum geplanten Besprechungstermin im Rahmen des Jahres- Checks in die Praxis ihrer Diabetologin. Sie geht wegen ihres Typ-1-Diabetes sowieso regelmäßig alle drei Monate zu ihren Kontrollen im Rahmen des Chronikerprogramms (Disease-Management-Programm, DMP), in das sie eingeschrieben ist – aber jetzt ist wieder der umfangreiche Jahres-Check dran.

Ihre Diabetologin bietet all ihren Patienten diesen großen Jahres-Check an, um zumindest einmal im Jahr nicht nur die direkt für den Diabetes relevanten Werte zu untersuchen, sondern auch alle bedeutsamen Werte aus dem Umfeld der Diabeteserkrankung.

Das ist Frau W.
Frau W. ist 56 Jahre alt und hat seit 33 Jahren einen Typ-1-Diabetes, der anfangs noch mit tierischem Insulin therapiert wurde, gefolgt von einer intensivierten Insulintherapie (ICT) mit Humaninsulin. Seit acht Jahren trägt sie nun eine Insulinpumpe (kontinuierliche subkutane Insulininfusion, CSII); vor der Umstellung hatte sie einige schwere Unterzuckerungen. Mittlerweile ist ihr Diabetes gut eingestellt, und sie hatte in letzter Zeit nur eine leichte Unterzuckerung.

Die Voruntersuchung mit Überprüfung des Medikamentenplans

Frau W. war zwei Tage zuvor zur Voruntersuchung bei der ihr vertrauten und langjährig bekannten Diabetesberaterin. Sie hat Blut abgenommen bekommen und all ihre Hilfsmittel – Blutzuckermessgerät, Stechhilfe, Insulinpumpe, Insulinpen für den Notfall – waren sämtlich angeschaut und auf Funktionstüchtigkeit überprüft worden. Und sie war gewogen worden und hat ihr Gewicht von 68 kg gehalten(Körpergröße: 171 cm, Body-Mass-Index (BMI: 23,6 kg/m²).

Darüber hinaus waren die Injektionsstellen (bei Pumpenträgern: “Kanülen-Liegestellen”) untersucht worden, und die Fußuntersuchung mit Tasten der Fußpulse und Stimmgabeltest war durchgeführt worden. Auch hatte sie in den letzten zwei Wochen drei Urinproben (Nüchternurin) abgegeben. Und selbstverständlich war auch der Medikamentenplan auf Veränderungen hin abgeglichen worden.

Nun ist sie gespannt auf den Termin mit ihrer Ärztin, die mit ihr die Ergebnisse der Blut- und Urinuntersuchung durchgehen wird und mit der zusammen sie nun auch ihre Tagebuchaufzeichnungen besprechen wird.

Im Laufe der Jahre haben sich trotz im Großen und Ganzen guter und weitgehend komplikationsloser Diabeteskarriere einige Folgen ihrer Diabeteserkrankung und auch einige Begleiterkrankungen eingeschlichen. Deshalb muss sie neben der Insulingabe noch einige weitere Medikamente einnehmen: Schilddrüsenhormon sowie Blutdruck- und Cholesterinsenker.

Auch ist das Empfindungsvermögen in den Füßen geringfügig eingeschränkt, was sich manchmal mit einem noch erträglichen Taubheitsgefühl der Zehen bemerkbar macht. Sonstige “Spuren” hat das aber an ihren Füßen bisher nicht hinterlassen.

Besonders spannend für Frau W.: Wie hoch ist der HbA1c-Wert?

Das Spannendste ist für Frau W. immer der Langzeitzucker, also der HbA1c-Wert. Mit 6,8 Prozent liegt sie dieses Mal noch ein wenig besser als zuletzt, und darauf ist sie stolz, da sie in den letzten drei Monaten lediglich eine leichte Unterzuckerung hatte (während eines Schwimmbadbesuchs).

Das war nicht immer so: Vor der Umstellung auf die Pumpe hatte sie mehrfach schwere Unterzuckerungen, bei denen sogar einige Male der Notarzt kommen musste, um ihr Glukose in die Venen zu spritzen. Aber in den letzten drei Monaten waren im akribisch von ihr geführten Blutzuckertagebuch fast nur Werte, die sich im farbig markierten grünenBereich bewegten und gut zum aktuellen HbA1c-Wert passen.

Frau W.s Ärztin ist mit den Blutzuckerwerten und dem Blutzuckerverlauf sehr zufrieden. Das gilt auch für den Blutdruck (135/85 mmHg), die Nierenwerte (Kreatinin: 1,1 mg/dl und GFR: 78 ml/min) und ihre Urinproben (Mikroalbumin) sowie ihre Cholesterinwerte (Gesamtcholesterin: 198 mg/dl, HDL-Cholesterin: 45 mg/dl, (LDL-Cholesterin: 102 mg/dl). Es hat sich also wieder einmal gelohnt, dass sie regelmäßig ihre Medikamente gegen zu hohen Blutdruck und zur Cholesterinsenkung eingenommen hat.

Auch der Schilddrüsenwert, das TSH, war mit 2,1 µU/l unter Einnahme von Schilddrüsenhormon im Normbereich. Und auch der Stimmgabeltest hat sich seit der letzten Kontrolle nicht verschlechtert, ist aber mit 2/8 gegenüber den Normalwerten deutlich reduziert.

Eine OP im Krankenhaus steht an

Nachdem alle Befunde besprochen und in den Gesundheits-Pass Diabetes eingetragen worden sind, gibt es dieses Mal noch ein weiteres Problem: In einigen Tagen hat Frau W. im Krankenhaus in der Kreisstadt in Vollnarkose eine Unterleibsoperation.

Die Diabetologin bespricht mit Frau W. detailliert, wie sie sich während des Krankenhausaufenthaltes in Bezug auf ihren Diabetes verhalten soll, und erklärt noch einmal, dass auch während des Operationstags die Insulinversorgung nicht unterbrochen werden darf.

Sie gibt Frau W. außerdem Tipps, an welcher Stelle sie am Operationstag die Kanüle für die Insulinpumpe platzieren soll. Anschließend stellt sie sogar den Kontakt zur im Krankenhaus arbeitenden Diabetesberaterin her, damit diese möglichst dabei ist, wenn Frau W. zwei Tage vor dem eigentlichen stationären Aufenthalt ihren ambulanten Vorstellungstermin in der Frauenabteilung hat. Außerdem soll die Beraterin während des stationären Aufenthaltes ein waches Auge auf Frau W. und ihren Diabetes haben.

Der Termin hat sich gelohnt

Nach dem Gespräch mit ihrer Ärztin bekommt Frau W. noch alle Verbrauchsmaterialien und Medikamente, die sie in der näheren Zukunft benötigen wird, auf einem Rezept verordnet. Und fast hätte sie vergessen, sich noch eine Folgeverordnung für die podologische Therapie ausstellen zu lassen, zu der sie alle sechs Wochen geht.

Der Termin heute bei ihrer Diabetologin hat ein wenig länger gedauert als sonst, hat sich aber gelohnt: Frau W. geht mit einem guten Gefühl nach Hause und hat insbesondere keine Angst mehr vor dem Krankenhausaufenthalt, da sie ja schon eine ihr jetzt namentlich bekannte und kompetente Ansprechperson im Krankenhaus hat.

Schwerpunkt: Von Werten und Zielen

von Dr. Nikolaus Scheper
Facharzt für Allgemein- und Sportmedizin, Diabetologe,
Praxis Dres. Scheper, Schneider & Veit,
Bergstraße 167, 45770 Marl-Drewer,
E-Mail: n-scheper@gmx.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2016; 65 (7) Seite 16-19

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  • tako111 postete ein Update vor 21 Stunden, 51 Minuten

    Fussschmerzen lassen leider keine Aktivitäten zu!

  • nina33 postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes Typ 3c vor 1 Tag

    Hallo guten Abend ☺️

    Ich heiße Nina, bin 33j jung und Mama von drei zauberhaften Mädels.
    Und vor kurzem bekam ich die Diagnose Diabetes Typ 3c. Nach 5 Jahren – 11 Bauchspeicheldrüsen Entzündungen und schwangerschaftsdiabetes 2024, hat meine Drüse nun fast aufgegeben.. Ich bin irgendwie froh diese Schmerzen nicht mehr zu haben, aber merke wie schwer der Alltag wird. denn hinzukommt noch dass ich alleinerziehend bin.
    Aktuell komme ich überhaupt nicht klar mit der ganzen Situation, täglich habe ich hunderte Fragen die niemand beantworten kann. Dass ist mehr als verrückt.
    Wie habt ihr euch gefühlt in dem Moment als es diagnostiziert wurde?

    Ich freue mich sehr auf einen netten Austausch und eure Erfahrung.

    Liebe Grüße, schönen Abend
    Nina 🙂

    • Willkommen Nina, …
      da hast du ja sich schon einiges hinter Dir. Wie schaut es bei Dir mit Mutterkindkur aus, auch in hinblick einer Diabetesschulung. Hast du guten Diabetologen, Teilnahme DMP, Spritzt du selber oder Pumpe, auch hier gibt es viele Fragen. Wie sieht es mit Selbsthilfegruppen bei Euch aus. …
      Oder Forum? Gerade am Anfang, wo noch alles neu ist, – ist es schon eine tägliche Herausforderung, – da kann es hilfreich sein kleine Ziele sich zu setzen. Dabei finde ich die Aktzeptanz am wichtigsten, oder auch sich selber spritzen zu müssen, oder das Weg
      lassen bzw. bändigen des Naschen … etc. Kleine Schritte …

      Viele Fragen bekommst du auch in eine Diabetes-Schulung beantwortet,
      falls noch nicht gemacht, spreche das bei Deinem Diabetologen an!

      Über weiteren Austausch bin ich auch erfreut, schildere ruhig deine Bausstellen, … doch letztendlich sollte Dein Arzt das beurteilen.

      LG

      Wolfgang

  • swalt postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Dia-Newbies vor 2 Tagen, 5 Stunden

    Hallo zusammen. Ich möchte mich erst einmal vorstellen. Ich bin “noch” 59 Jahre, und habe wahrscheinlich seit 2019 Diabetes. Ich würde mir wünschen, endlich angekommen zu sein. Wahrscheinlich seit 2019, weil ich in einem Arztbrief an meinen damaligen Hausarzt zufällig auf den Satz: “Diabetes bereits diagnostiziert” gestoßen bin. Ich habe meinen Hausarzt dann darauf angesprochen und wurde mit “ist nicht schlimm” beschwichtigt.
    Lange Rede. Ich habe einen neuen Hausarzt und einen sehr netten Diabetologen, bei dem ich jetzt seit 4 Jahren in Behandlung bin. Ich vertrage die orale Therapie nicht und spritze ICT. Dennoch bin ich in diesem Thema immer noch absoluter Neuling. Natürlich habe ich viermal im Jahr ein Gespräch mit meinem Diabetologen. Das hilft aber im täglichen Umgang nicht wirklich. Auch die anfangs verordnete Schulung war doch sehr oberflächlich und das war es. Ich kenne nicht die Möglichkeiten, die mir zustehen. Ich habe mir alles, was ich zu wissen glaube aus Büchern angelesen. Irgendwie fühle ich mich allein gelassen, irgendwie durchgerutscht. Ich kenne niemanden in meinem Bekanntenkreis, der Diabetes hat und die nächste Selbsthilfegruppe ist über 50 km entfernt.
    Und so bin ich jetzt hier gelandet. Ich möchte wissen, wie ihr das handhabt, damit ich verstehe, was ich richtig mache und was falsch. Damit ich weiß, dass ich nicht allein damit lebe.

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