Haben Sie morgens hohe Blutzuckerwerte?

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Haben Sie morgens hohe Blutzuckerwerte?

Der Vorabend und der Abend selbst sind in der Regel ausschlaggebend für die am nächsten Morgen gemessenen Blutzuckerwerte; gerade Gartenarbeit oder insgesamt mehr Bewegung im Sommer kann den Blutzucker gefährlich sinken lassen – mit einer möglichen Gegenregulation durch den Körper: Durch diese Maßnahme steigt der Blutzucker wieder. Auch ein üppiges Abendessen mit Fehleinschätzung der Kohlenhydratmenge kann zu hohen Werten am Morgen beitragen und auch ein eiweiß-und fettreiches Abendessen ohne ausreichende Abdeckung durch Insulin.

Wichtig für Typ-1-Diabetiker

Der Insulinbedarf von Typ-1-Diabetikern schwankt schon in Ruhe im Laufe von 24 Stunden teils ganz extrem; die täglichen Aktivitäten mit unterschiedlichem Glukosebedarf erfordern zusätzlich eine jeweils angepasste Insulindosierung – die Abendgestaltung wirkt sich unmittelbar auf den Blutzuckerverlauf in der Nacht und die folgenden Morgenwerte aus.

Eine nicht passende Insulindosis des kurzwirksamen Insulins zum Abendessen und eine nicht passende Dosis des Basalinsulins in der Nacht beeinflussen den Blutzuckerverlauf während der Nacht und auch den Nüchternwert am Morgen. Ist die Ernährungsweise abends sehr unterschiedlich, kann auch der Blutzuckerverlauf völlig verschieden sein.

Sport und Essen im Blick

Es ist ein Unterschied, ob die Abendmahlzeit aus einer Pizza besteht (viele Kalorien, Kohlenhydrate, Fette, Eiweiße) oder aus einem gemischten Salat mit kleinem Bier. Das Essen muss auch immer im Zusammenhang mit der Bewegung, besonders am Abend, gesehen werden: Vor allem durch längeren Sport (Joggen, Fußballspielen) entleeren sich die Zuckerspeicher der Muskulatur und der Leber – sie werden anschließend wieder aufgefüllt

Die Folge ist ein Absinken der Zuckerkonzentration im Blut – weshalb die Dosis des spätabendlichen Basalinsulins reduziert werden sollte. Wurde die Dosis nicht reduziert und ist eine Unterzuckerung aufgetreten, kann es am Morgen zu einem hohen Blutzucker kommen durch die nächtliche Gegenregulation mit Ausschüttung von Glukose ins Blut.

Das "Dawn-Phänomen"

Das

Alternativ Insulin um 5 Uhr

Manche Typ-1-Diabetiker haben bis 4 oder 5 Uhr morgens einen völlig normalen Blutzuckerverlauf, in der kurzen Zeit von 5 bis 7 Uhr steigt jedoch der Blutzucker extrem an. Um diesen morgendlichen Anstieg abzufangen, ist es möglich, in den sehr frühen Morgenstunden wenige Einheiten kurzwirkendes Human- oder Analoginsulin zu spritzen, den "Morgengupf"; diese Einheiten einfach zur abendlichen oder morgendlichen Basalrate hinzuzurechnen, funktioniert nicht.

Messen und notieren

Überaus wichtig ist es, den Blutzucker systematisch zu messen und zu dokumentieren – sowie eine Dokumentation der vorausgegangenen Aktivitäten. Nur so können Sie sinnvolle Änderungen der Insulindosierungen vornehmen. So kann z. B. eine kleine Kohlenhydratmenge (10 bis 12 g) spätabends, für die Sie kein kurzwirksames Insulin gespritzt haben, Ursache für einen erhöhten Nüchternblutzucker am folgenden Morgen sein. Das passiert besonders dann, wenn die Spätmahlzeit sehr fett- oder eiweißreich war, so dass die Kohlenhydrate über Nacht sehr langsam resorbiert wurden.

Deshalb ist nicht zu empfehlen, eine fett- oder eiweißreiche Spätmahlzeit zu essen – oder diese muss (in Absprache mit Ihrem Diabetesteam) mit etwas mehr Verzögerungsinsulin abgedeckt werden. Als Spätmahlzeit sollte man lieber etwas Obst oder Brot zu sich nehmen.


Systematische Blutzuckermessungen…

Spätes Insulin, Alkohol

Die Gefahr einer Unterzuckerung nachts wird auch erhöht, wenn Sie zum Abendessen oder zu sehr spätem Abendessen (z. B. 21 Uhr) kein kurzwirksames Analoginsulin spritzen, sondern Humaninsulin – bei dem sich dosisabhängig die Wirkdauer verlängert. Eine weitere häufige Ursache für schwere Unterzuckerungen in der Nacht mit Gegenregulation ist der Konsum von zu viel Alkohol, speziell wenn wenige Kohlenhydrate gegessen oder spät in der Nacht noch mit Normalinsulin (also kurzwirksamem Humaninsulin) korrigiert wurde.

Wichtig bei Typ-2-Diabetes

Man weiß, dass Typ-2-Diabetiker zum Zeitpunkt der Diagnose bereits die Hälfte ihrer Betazellen verloren haben – also liegt zu den Mahlzeiten zu wenig Insulin vor. Weiterhin wird durch das fehlende Insulin auch die Glukagonproduktion gerade nachts nicht unterdrückt, so dass die Leber unkontrolliert über Nacht Glukose ausschüttet – erhöhte Blutzuckerwerte morgens sind die Folge.

In der Therapie des Typ-2-Diabetes ist daher die abendliche Gabe eines

Manche Typ-2-Diabetiker erhalten zum Abendessen einen Sulfonylharnstoff (z. B.

Spritzzeitpunkt ändern

Wird dies vermutet, sollten Sie mit Ihrem Arzt sprechen über den Zeitpunkt, zu dem Sie Ihr Basalinsulin spritzen. Ein NPH-Insulin sollte frühestens um 22 bis 23 Uhr gespritzt werden. Wird es schon um 18 Uhr zum Abendessen gespritzt, ist die Hauptwirkung bereits gegen 24 Uhr. Zu dieser Zeit sind wir Menschen besonders insulinempfindlich, so dass hier besonders eine Unterzuckerung mit Gegenregulation ausgelöst werden könnte – Folge wäre der hohe Wert am Morgen!

Dieses Problem kann nur erkannt werden, wenn gelegentlich nachts gegen 24 Uhr oder auch gegen 2 oder 3 Uhr der Blutzucker getestet wird z. B. anlässlich eines Toilettenganges. Wird zu der Zeit ein niedriger Blutzucker gemessen, so ist zuerst zu analysieren, ob abends alles war wie immer oder besondere Bedingungen wie vermehrte Bewegung bestanden.

War alles normal, sollte am folgenden Abend entweder

Auch beim Typ-2-Diabetes gehören also gelegentliche nächtliche Blutzuckermessungen zu einem

Ursachen erhöhter Blutzuckerwerte…

Das Fazit

Die Ursachen erhöhter Blutzucker-Nüchternwerte sind vielfältig und bedürfen manchmal detektivischer Kleinarbeit über Wochen, manchmal über Monate; meist lohnt es sich aber. Bei Nichtbeachtung kann es zu schwerwiegenden Therapiefehlern, vor allem zu gefährlichen Unterzuckerungen in der Nacht kommen. Blutergüsse am Körper, die man sich nicht erklären kann, zeugen manchmal von Stürzen, die man sich in der Nacht im Rahmen einer Unterzuckerung zugezogen hat – dieses gerade bei Typ-1-Diabetikern.

Eine Blutzuckerdokumentation, z. B. das Führen eines elektronischen Tagebuches, möglicherweise auch nur vorübergehend, ist oft sehr hilfreich für eine erfolgreiche Analyse und somit auch sinnvolle Therapieänderung.

Schwerpunkt

Dr. Gerhard-W. Schmeisl, Bad Kissingen

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  • carogo postete ein Update vor 2 Stunden, 2 Minuten

    Hallo zusammen! Ich habe mich mit einer Freundin über die Rezepte in der Zeitschrift unterhalten und wir haben uns gefragt, was es eigentlich konkret mit den Nähwertangaben und der Unterscheidung zwischen Kohlenhydraten und anrechnungspflichtign KH auf sich hat?

  • cesta postete ein Update vor 1 Woche, 3 Tagen

    Hallo zusammen, ich habe eine Frage an euch. Ich habe seit 4 Jahren Typ 1 LADA und bisher nur mit Basalinsulin ausgekommen. Seit 3 Wochen muss ich nun auch zu jeder Mahlzeit Humalog spritzen. Für die Berechnung wiege ich immer alles ab. Könnt ihr eine App empfehlen, die bei der Berechnung der Kohlenhydrate unterstützt? Oder habt ihr andere Tipps wie man sich daran gewöhnt? Ich wiege bisher alles ab und kann mir gar nicht vorstellen, dass ich mir das zukünftig merken kann bzw. wie ich die Kohlenhydrate schätzen kann. Vielen lieben Dank für eure Hilfe! Liebe Grüße, Christa

    • kw antwortete vor 1 Woche, 1 Tag

      Hallo cesta, ich habe gute Erfahrungen mit der WETID App gemacht. Hier erhältst du für fast alle Lebensmittel BE – Werte. Man kann auch das Portionsgewicht eingeben und erhält dann die entsprechenden BE’s.
      Die App mit Werbung war bisher kostenlos. App ohne Werbung und im Abo ist besser.

      LG von kw = Kurt mit Diabetes Typ 3c

    • moira antwortete vor 1 Woche

      Hallo Christa! Ich verwende die FDDB app. LG Sarah (Lada)

    • cesta antwortete vor 1 Woche

      @kw: Vielen lieben Dank für den Tipp!

    • cesta antwortete vor 1 Woche

      @moira: Vielen lieben Dank für den Tipp!

  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo Heike, oh da hast du aber auch viel geschafft. Ja ich habe die Kinder mit Diabetes bekommen und meine Kinder sind 26,25,23 und bald 19 🥰….und wie du hoffe bald wieder fit zu sein. Beruflich wechsle ich jetzt vom Kinderhospiz wieder in die Krippe da es dort vorausschaubarer ist als im Schichtdienst. In der Hoffnung der Diabetes lässt sich dort wieder besser einstellen. Eigentlich sollte ich auch die Ernährung wieder umstellen, das weiß ich aber es fällt mir so schwer. Wie ist das da bei dir. Was machen deine Werte ? Viele Grüße Astrid

    • @sveastine: Hallo liebe Astrid, sag mal kann es sein, daß du in den Wechseljahren bist? Ich habe meine schon hinter mir, aber das war zuckertechnisch eine der schwierigsten Zeiten, weil ständig alles durcheinander war. Damals war ich allein 2 x in der Diabetes Klinik Bad Mergentheim zum Anpassen innerhalb von 3-4 Jahren. Die Hormonwirkungen waren der Wahnsinn. Jetzt ist es wieder deutlich ruhiger. Was hast du eigentlich für eine Versorgung? Pen? Pumpe? Insulin? Sensor?
      Ich habe die Tandem tslim mit Sensor und Novorapid. Und das ist für mich der game changer gewesen. Seitdem werden die zuckertechnischen Anstrengungen auch mit guten Werten belohnt. Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hi, ja ich bin in den Wechsel Jahren schon eine ganze Weile und nehme Hormone. Das ist denke ich ist der Hauptgrund der Schwankungen, aber das geht schon seit ca 3 Jahren so, was doof ist. Ich hab das gleiche System wie du tslim und Dexcom, trotzdem schwierig.aber für Bad Mergentheim lt. Diabetologe zu gut um die Genehmigung dafür zu bekommen 🤷🏻‍♀️

    • @sveastine: Das ist ja witzig, das du dieselbe Versorgung hast. Also bist du da optimal versorgt. Jetzt verstehe ich deinen Frust. Nach den Behandlungen in Bad Mergentheim war es wenigstens eine Weile besser. Warst du schon mal in Reha wegen dem Zucker? Ist zwar nicht Bad Mergentheim, aber manche Rehakliniken machen das wohl echt gut. Du musst “nur” darauf achten, dass sie ein spezielles Angebot für Typ1er haben. Ich war 2019 in der Mediclin Klinik Stauffenberg, Durlach. Das war okay. Am wichtigsten fand ich den Austausch mit den Mitpatienten. Aber natürlich ist der Aufwand für dich bei 4 Kindern für 3 Wochen, sehr hoch. Und eine Garantie dafür das dann länger besser läuft gibt es nicht. Ich fand es aber immer wichtig, den zuckertechnischen Input und die Solidarität zu erfahren. Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Nicht Durlach, sondern Durbach.

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