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JA-PED 2022 – ein persönliches Resümee
5 Minuten

Höhere Lebensqualität und längere Lebensdauer für Menschen mit Diabetes Typ 1 durch Früherkennung, einen früheren Therapiebeginn und intelligente Technik
Aber zunächst einmal die Sache mit dem Koffer…
… der wollte dieses Abenteuer nämlich partout nicht mitmachen, obwohl er nur aus München hätte kommen sollen und nicht aus Timbuktu. Ich erhielt ihn erst geschlagene zwölf Tage später zurück, als ich schon lange wieder zuhause war. Mit komplett improvisierter Kleidung und ohne jegliches Gedöns machte ich mich also auf in die Lübecker MUK, die mir als ehemaliges Nordlicht bestens vertraut war. Aber so hatte ich zumindest gleich ein Gesprächsthema, wenn man hier einmal versucht, auf der positiven Seite zu bleiben, und all den Stress außen vor lässt, denn es bedeutete, zwischen 19.45 Uhr am Anreiseabend und 8 Uhr am darauffolgenden Veranstaltungstag noch irgendetwas auf die Reihe zu bekommen in Sachen Kleidung, Kosmetik und Körperhygiene.
Endlich persönlich Hände schütteln!
Die JA-PED (Gemeinsame Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Diabetologie (AGPD) und der Deutschen Gesellschaft für Kinderendokrinologie und -diabetologie (DGKED)) war für mich die erste Möglichkeit überhaupt, einige Akteure im Bereich der pädiatrischen Diabetologie einmal persönlich kennenzulernen, und so freute ich mich, als mir im Vorfeld ein kleiner Stand für mein Buch und mich zugesichert wurde. War ich doch vorher bereits im zum Teil regem Austausch mit Persönlichkeiten, Unternehmen, Initiativen und Institutionen wie Thomas Danne, Thomas Kapellen, Torben Biester, Karin Lange, „A World Without 1“, Dexcom, Novo Nordisk, VitalAire, Medtronic, Dianiño und den Zuckerschnuten gewesen, wurde es nun auch einmal höchste Zeit, persönlich die Hände zu schütteln – gut desinfiziert, versteht sich.
Einzig der Fakt, dass die Selbsthilfegruppen abgelegen im ersten Stock logieren mussten, wo es quasi keinen Publikumsverkehr gab, erschwerte die initiale Kontaktaufnahme. Also verließ ich meinen Stand die meiste Zeit und mischte mich aktiv unter die Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
In einem Punkt historisch
Es war in einem Punkt, einmal abgesehen davon, dass diese Tagung seit der Corona-Zeit das erste Mal wieder in Präsenz stattfand, auch eine historische Tagung: Am ersten Kongresstag wurde mit der konstituierenden Sitzung der DGPAED (Deutsche Gesellschaft für pädiatrische und adoleszente Endokrinologie und Diabetologie) der Zusammenschluss der AGPD (Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Diabetologie) und der DGKED (Deutsche Gesellschaft für Kinderendokrinologie und -diabetologie) besiegelt. Mit Fokus auf die Belange der pädiatrischen Diabetologie ist die DGPAED eine Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). Die ersten Präsidenten der DGPAED sind die bisherigen Sprecher der beiden Fachgesellschaften, Dr. Dirk Schnabel und PD Dr. Thomas Kapellen.
Was ich mit euch teilen möchte…
Inhaltlich wurde ein bunter Reigen an aktuellen Themen geboten mit Schwerpunktlegung u.a. auf „Schulung und Versorgung“, „Hightech-Diabetologie“ und „Prä-Typ 1 bis Typ 3 Diabetes im Kindesalter“. Auch für mich spannend.
Hier meine Highlights in Stichpunkten:
- Teplizumab, gerade frisch zugelassen in den USA, im Frühstadium (Prädispositionsphase 2) in Form von Infusionen über eine kurze Dauer täglich verabreicht, verzögert den Beginn der Insulinpflicht laut einer Studie um durchschnittlich 36 bis 48 Monate. Das Betazellsterben wird signifikant verlangsamt, der C-Peptid-Wert sinkt weniger stark ab. (siehe Grafiken)


- Die Chance der Früherkennung von T1D, also noch im Prädiabetesstadium, liegt im früheren Therapiestart, durch den sogar auf Dauer (!) weniger Insulin benötigt wird, das HbA1c niedriger und die Zeit im Zielbereich höher ist.
- Den Manifestationszeitpunkt von T1D hinauszuzögern, ergibt Sinn, gerade bei Kindern, denn im früheren Lebensalter ist die Progression der Krankheit stärker. Jedes gewonnene Lebensjahr bedeutet also eine Progressionsverlangsamung und somit auch langfristig mehr Lebensqualität. Laut Studie bedeutet derzeit eine Manifestation in einem Lebensalter bis zu neun Jahren im Schnitt eine um 16 Jahre verkürzte Lebenserwartung. (siehe Folie)

- Wer mit einer Ketoazidose in die Krankheit startet, hat langfristig mit einem höheren HbA1c zu rechnen.
- In Bayern, wo es die Fr1da-Studie seit 2015 gibt, leben ca. 100.000 Kinder pro Jahrgang, also ca. 400.000 im Alter von zwei bis fünf Jahren. Pro Jahr werden ca. 30.000 Kinder in dieser Altersgruppe auf T1D gescreent.
- Durch Fr1da konnte die Ketoazidoserate drastisch reduziert werden.
- Wer sich nach Detektion bei der Früherkennung im Prädiabetesstadium 1b oder 2 befindet, muss innerhalb von zwei Jahren mit einer Manifestation rechnen.
- Früherkennung hilft massiv, um langfristig die Lebensqualität von Menschen mit Diabetes zu erhöhen, da ein niedrigeres HbA1c, mehr Zeit im Zielbereich und insgesamt weniger Insulinbedarf mit weniger Aufwand erreicht werden können. Die erhöhte Lebensqualität wird auch anhand der deutlich reduzierten Anzahl an Folgeerkrankungen sichtbar.
- Auch bei der Rentenversicherung können Anträge auf Reha gestellt werden. Oftmals werden diese schneller bearbeitet als bei der Krankenversicherung.
- Seit 2015 übernimmt, auf eine Initiative der AGPD hin, die Krankenkasse die Kosten von Sensoren. Seitdem ist deren Nutzung stark angestiegen. (siehe Grafik)

- Das Denken in Basal- und Bolusinsulin ist mit der AID-Pumpen-Technologie (Automatisierte Insulin-Dosierung) strenggenommen überholt. Sinnvoller sind die Bezeichnungen anwenderinduziertes und systeminduziertes Insulin.
- Sport: Es ist ratsam, die sportliche Aktivität möglichst ohne noch aktives Insulin zu starten. Mit AID-Systemen ist es sinnvoll, eventuell notwendige Kohlenhydrate erst ganz kurz vor Beginn der sportlichen Aktivität zuzuführen, da der Algorithmus sonst dagegen arbeitet und folglich eine Unterzuckergefahr besteht. Sofern es ein „Sportprogramm“ gibt, ist es ratsam, dieses bereits eine Stunde vor Start der Aktivität einzuschalten, damit sich der Algorithmus darauf einstellen kann. Nach dem Sport kann es sinnvoll sein, den Zielwert individuell noch bis zu sechs Stunden erhöht zu lassen, da der Körper weiterhin einen erhöhten Kohlenhydratverbrauch haben kann.
- Achtung: Wenn z.B. bei Krankheit eine Zeitlang mehr Insulin benötigt wurde, lernt der Algorithmus von AID-Systemen dies. Es besteht nach der Gesundung in dem Fall ggf. eine Zeitlang ein erhöhtes Unterzuckerrisiko. Dasselbe gilt in die andere Richtung.
- Eltern haben die Tendenz, bei AID-Systemen zu schnell und zu stark einzugreifen. „Einfach mal laufenlassen“ sollte hier mehr die Devise sein.
- Für Kinder unter sechs Jahren in Deutschland werden derzeit als kommerzielles AID-System offiziell nur bei der YpsoPump krankenkassenseitig die Kosten getragen. Bei dieser befindet sich der Algorithmus allerdings auf einem obligatorischen Begleithandy. Dies führt wohl in der Erfahrung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer regelmäßig zu Abrissen in der Kommunikation mit der Pumpe und somit zu einer Unterbrechung der AID-Funktion in der Pumpe. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sprechen sich für eine größere Vielfalt an AID-Systemen für Kleinkinder aus. Studien hierzu laufen bereits.
Mein Resümee
Es waren aus meiner Sicht drei wirklich gelungene Tage, von denen ich das gute Gefühl mitgenommen habe, dass es wahrhaftig vorangeht in Bezug auf Technik und Therapieformen für Menschen mit Diabetes. Ich empfinde die pädiatrische Diabetes-Typ-1-Fachwelt als empathisch, unterstützend und hochgradig motiviert, die Lebensqualität von Kindern mit Diabetes nachhaltig Stück für Stück immer weiter zu verbessern. Danke hierfür und danke, dass ich auch im Rahmen des #dedoc° voices Programms als „patient advocate“ Teil dieser großen Diabetes-Typ-1-Familie sein darf. (Anmerkung: für die JA-PED gab es keine #dedoc Stipendien, ich durfte mich auf private Initiative hin mit meinem Buch zu den Selbsthilfegruppen gesellen.)
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 5 Tagen, 20 Stunden
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 5 Tagen, 15 Stunden
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig