Leben retten durch Widerspruchs-Lösung

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Leben retten durch Widerspruchs-Lösung

Sieht man sich die von der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) veröffentlichten Zahlen zur Organspende im vergangenen Jahr an, wird sehr schnell deutlich: In Deutschland werden mehr Organe benötigt, als Organe gespendet werden.

Deutschland ist Nehmer-Land

So wurden von Januar bis November 2023 insgesamt 2724 Organe transplantiert, davon 1381 Nieren und 55 Bauchspeicheldrüsen. Es waren im gleichen Zeitraum 869 Menschen in Deutschland, die nach ihrem Tod ihre Organe anderen Menschen spendeten. Insgesamt wurden 2611 Organe gespendet, darunter 1351 Nieren und 48 Bauchspeicheldrüsen. "Deutschland gehört in der Organspende zu den Nehmer-Ländern und leistet bei Weitem nicht den Beitrag zur Organspende, den es leisten könnte und müsste", stellte Dr. Ina Czyborra bei einer Rede im Bundesrat fest. Czyborra ist Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege in Berlin.

Thema im Bundesrat: Einführung einer Widerspruchs-Lösung

Die Rede hielt sie im Rahmen der 1040. Sitzung des Bundesrats am 15. Dezember 2023. In Punkt 26 der Tagesordnung ging es um die "Entschließung des Bundesrates ‚Einführung einer Widerspruchslösung als Grundlage für die Zulässigkeit der Organentnahme im Transplantationsgesetz (TPG)‘". Eingebracht wurde dieser Antrag von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, dem Antrag beigetreten sind Berlin, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Sachsen. Czyborra wurde sehr deutlich beim Blick auf alle Versuche, die Zahl der Organspenderinnen und -spender in Deutschland zu steigern: "In der ehrlichen Rückschau ist es nun Zeit, einzugestehen: Sämtliche bisherige Versuche, die Organspende-Situation zu verbessern, sind gescheitert." Deutschland sei im europäischen Vergleich Schlusslicht.

© SPD-Fraktion Berlin | Dr. Ina Czyborra: “Die Organspende ist eine Entscheidung für Verantwortung, eine Entscheidung für das Leben und für Solidarität im Gesundheitswesen.”

Sterben auf der Warteliste

Die Senatorin machte klar, was das für den Einzelnen bedeuten kann: "Immer noch herrscht ein signifikanter Organmangel. Immer noch sterben Menschen, während sie auf ein Spender-Organ warten." Noch kann eine Organspende nur erfolgen, wenn der potenzielle Spender oder die potenzielle Spenderin vor seinem oder ihrem Tod schriftlich, zum Beispiel in einem Organspende-Ausweis, festgelegt hat, dass er oder sie einer Organspende zustimmt. Alternativ können Angehörige die Zustimmung geben, wenn sie den mutmaßlichen Willen des Verstorbenen kennen.

Selten Wille dokumentiert

Obwohl es viele intensive und langjährige Aufklärungs- und Informations-Kampagnen zum Thema Organspende in der Vergangenheit gab, "hat repräsentativen Umfragen zufolge nur rund ein Drittel der Bevölkerung eine selbstbestimmte Entscheidung über Organspende getroffen und in einem Organspendeausweis festgehalten. In der Praxis liegt sogar bei weniger als 20 Prozent der Fälle möglicher Organspenderinnen und -spender ein schriftlich dokumentierter Wille zur Organspende vor", steht in der Anlage zum Beschluss des Bundesrats vom 15. Dezember.

In Europa überwiegend Widerspruchs-Lösung

Die Mehrzahl der Länder in Europa hat sich inzwischen für die Widerspruchs-Lösung entschieden. Dabei gilt, wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) informiert: "Hat die verstorbene Person einer Organ- und Gewebespende zu Lebzeiten nicht ausdrücklich widersprochen, zum Beispiel in einem Widerspruchsregister, können Organe und Gewebe zur Transplantation entnommen werden." Jeder Mensch muss sich also, wenn er gegen eine Organspende nach seinem Tod ist, aktiv mit dieser Frage beschäftigen und eine Entscheidung treffen.

Aufforderung für Gesetz-Entwurf

Auch in Deutschland wird der Weg zur Widerspruchs-Lösung in Bezug auf die Organspende nun gebahnt – durch einen mehrheitlich angenommenen Antrag der Mitglieder des Bundesrats, wie in Tagesordnungspunkt 26 genannt. In der Anlage dazu heißt es: "Der Bundesrat fordert die Bundesregierung angesichts der niedrigen und rückläufigen Organspendezahlen auf, dem Bundesrat einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der vorsieht, dass die Widerspruchslösung als Grundlage für die Zulässigkeit der Organentnahme in das Transplantationsgesetz (TPG) aufgenommen wird."

Widerspruchs-Lösung schafft Entlastung

Die Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege sieht hier klaren Handlungsbedarf: "Die Zeit ist reif dafür. Es gibt keine Alternative, um die eklatante Lücke zwischen der grundsätzlich positiven Haltung zur Organspende in der Bevölkerung – über 80 Prozent – und der Nichtdokumentation des Willens von Spender:innen zu schließen." Aus ihrer Sicht schafft die Widerspruchs-Lösung Entlastung für alle, eben auch für Angehörige von Verstorbenen. Dr. Ina Czyborra schloss ihre Rede mit den Worten: "Die Organspende ist eine Entscheidung für Verantwortung, eine Entscheidung für das Leben und für Solidarität im Gesundheitswesen."


Dr. Katrin Kraatz

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  • Hey, brauche Eure Hilfe. Habe den G7 genutzt. Als der über mehrere Monate (Frühjahr/Sommer 2025) massive Probleme (teils Abweichungen von 150 mg/dL, Messfaden schaute oben heraus) machte bin ich zum G6 zurückgegangen. Dessen Produktion wird nun eingestellt. Ich habe solche Panik, wieder den G7 zu nutzen. Habe absolut kein Vertrauen mehr in diesen Sensor. Aber mit meiner TSlim ist nur Dexcom kompatibel. Ich weiß nicht was ich machen soll, ich habe solche Angst.

    • Mit “meinem” Omnipod 5 wird der Dexcom G7 Ende 2026 voraussichtlich der einzige verfügbare Sensor sein.

      So richtig begeistert über die Einstellung des G6 bin ich auch nicht, auch wenn es absehbar war.
      Ich habe einfach die Hoffnung, dass die Qualitätsprobleme beim G7 bis dahin ausgestanden sind.

      Ich warte das Thema noch einige Monate ab.
      Wenn ich Ende 2026 feststelle, dass die Kombination aus meiner Pumpe und dem CGM für mich nicht funktioniert, bin mir sicher, dass meine Diabetes-Ärztin und ich eine gute Lösung für mich finden.

      Hier habe ich aufgeschnappt, dass für die t:slim wohl eine Anbindung des Libre 3 in der Mache ist:
      https://insulinclub.de/index.php?thread/36852-t-slim-mit-libre-3-wann/
      Leider steht keine überprüfbare Quelle dabei. 🤷‍♂️

      Ein weiterer mir wichtiger Gedanke:
      Angst und Panik sind in diesem Zusammenhang vermutlich keine hilfreichen Ratgeber. Hoffentlich schaffst Du es, dem Thema etwas gelassener zu begegnen.
      (Das sagt der Richtige: Ich habe in meinem letzten DiaDoc-Termin auch die Hausaufgabe bekommen, mal zu schauen, was mir gut tut.)

    • @ole-t1: Hey Ole, ganz lieben Dank für Deine Nachricht. Die Produktion des G6 endet laut einem Artikel auf dieser Seite ja zum 1. Juli 2026. Wann der Libre3 mit der TSlim kompatibel sein wird weiß man ja noch nicht. An sich gefällt mir Dexcom auch besser als Libre und die erste Zeit lief der G7 ja auch super bei mir. Ich kann mir schwer vorstellen, dass der G7 von heute auf Morgen nicht mehr bei mir funktioniert? Es gab ja auch das Gerücht das Dexcom eine zeitlang Produktionsprobleme hatte, dass wäre ja eine Erklärung, aber da geht Dexcom natürlich auch nicht mit hausieren.

  • loredana postete ein Update vor 2 Tagen, 15 Stunden

    Die Registrierung mit dem Geburtsjahr war echt sportlich. Wollte es schon fast wieder abbrechen.

  • ambrosia postete ein Update vor 3 Tagen, 13 Stunden

    Ich wünsche allen einen schönen Mittwoch.

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