Messen! Aber mit Maß

3 Minuten

Messen! Aber mit Maß

Schlafmonitor, Schrittzähler etc.: Skeptisch ist Hans Lauber gegenüber dem permanenten Messen aller Körperfunktionen.

Blutzuckermessung: wichtiges Biofeedback

Messen Essen Laufen – so lautet die Grundlage meiner Methode. Ja, das Messen ist ein unverzichtbarer Bestandteil meines Weges. Dafür bin ich auch kritisiert worden, weil die Leitlinien für den Typ-2-Diabetes die Blutzuckermessung im wesentlichen nur beim Spritzen von Insulin vorsehen.

Aber nur wer misst, weiß, wo er steht – und kann handeln. Für mich ist das Biofeedback des täglichen Messens immer wieder ein Motivator, vor allem, wenn die Werte zu hoch sind. Dann wird anders gegessen – und vor allem wird sich dann bewegt.

Kontinuierliche Blutzuckermessung für eine Woche

Wie segensreich das Messen für das eigene Handeln ist, habe ich erlebt, als ich kürzlich eine Woche lang die kontinuierliche Blutzuckermessung CGM ausprobieren durfte. Da zeigt ein kleines Gerät 24 Stunden und rund sieben Tage lang an, wie sich der Lebensstil auf den Blutzucker auswirken. Da schießt der Blutzucker nach oben, wird zu süß gegessen, sackt er nach unten, wenn Wein getrunken wird.

Wer so einmal mit dem Zucker „spielen“ konnte, entwickelt ein ganz anderes Körperbewusstsein – kann sein Leben langfristig präventiv anlegen. Wobei es reicht, das einmal ein oder zwei Wochen zu machen, dann weiß jeder, wie sein Körper im Prinzip „tickt“.

Messen auf den Blutzucker beschränkt

Bewusst beschränkt habe ich das Messen bei mir auf den Blutzucker – und ab und an auf den Blutdruck. Doch nun greift mit Macht eine wahre Messbewegung um sich, die von der zunehmenden Digitalisierung aller Lebensbereiche ausgeht.

Da geben immer mehr Menschen freiwillig ihre Leistungsdaten in den Rechner ein. Da gibt es schicke „Armbänder“ (etwa die Fitbit-Produktfamilie), die Ernährung, Gewicht und sogar die Schlafqualität überwachen. Da könnte es dann passieren, dass ich ganz ausgeschlafen bin. Aber mein Schlafmonitor attestiert mir trotzdem ein unzureichendes Schlafverhalten – und ich bekomme ein schlechtes Gewissen.

Permanenter Kontrollmodus

Mir ist das Ganze ein wenig unheimlich, weil ich das Gefühl habe, dass mich das in einen permanenten Kontrollmodus versetzen würde, sodass ich vor lauter Messen das Leben vergesse. Ausprobiert habe ich das Ganze nicht, weil ich es mir nicht leisten kann, es mir auch zu umständlich ist. Mir reicht es, wenn ich mir vornehme, heute jogge ich eine halbe Stunde oder gehe schnellen Schrittes eine ganze Stunde.

Mit den neuen Geräten wird den Menschen suggeriert, das Laufen erledige sich quasi von selbst. Nur, auch das stylischte Gerät kann nicht darüber hinwegmogeln, dass es halt oft eine Menge Selbstüberwindung kostet, in die Turnschuhe zu schlüpfen und loszulaufen.

Schrittmesser? Überwachungsstress!

Dass ich mit meiner Einschätzung nicht ganz daneben liege, bestätigt mir der renommierte Diabetologe, Sportmediziner und aktive Sportler Dr. med. Meinolf Behrens aus Minden. Auch er warnt vor einem „Überwachungsstress“, und er glaubt, dass diese Geräte Menschen kurzfristig zur Bewegung motivieren können, aber als erfahrener Arzt befürchtet er auch, dass Ganze „bald wieder abebbt“.

Sein Fazit bezogen auf den Diabetes: „Eine stylische Idee für eine kleine Gruppe von Diabetikern. Denn wichtig sind die Basics – und für die Bewegung heißt das, einfach sich bewegen. Wer das nicht will, wird es auch mit dem ganzen Schnickschnack nicht machen“. Klare Worte, die ich teile. Aber vielleicht täuschen wir uns auch – und vielleicht schaffen die neuen Gimmicks tatsächlich die Bewegungsrevolution. Dann hätten wir uns gerne getäuscht.

Wir erstellen die „Kontobücher Gottes“

Aber bei einem bin und bleibe ich skeptisch: Meine Daten würde ich nie ins Netz stellen – auch Dr. Meinolf Behrens möchte seine da nicht sehen. Zu groß erscheint mir nach den Skandalen der jüngsten Zeit die Gefahr, dass mit meinen Daten Schindluder getrieben wird, dass ich zu „gläsern“ werden könnte. Wohin eine Digitalisierung aller Lebensbereiche führen könnte, hat in einem hellsichtigen Kommentar FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher geschildert.

Seine Warnung: „Der Einzelne weiß oft nicht, dass die digitale Moderne im Begriff ist, eine Buchführung seines gesamten Lebens zu organisieren, die fast schon den ´Kontobüchern Gottes` ähnelt, die sich die Religionen einst ausmalten“.

Die Erfahrung lehrt, dass die Menschen schon immer bei dem Versuch gescheitert sind, sich göttliche Rollen anzumaßen – und das ist gut so.


von Hans Lauber

Kontakt:
E-Mail: aktiv@lauber-methode.de
, Internet: www.lauber-methode.de

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

  • gingergirl postete ein Update vor 1 Woche, 3 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • darktear antwortete vor 1 Woche

      Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 1 Woche, 4 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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