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Um zu berechnen, wie viel Insulin nötig ist, um eine Mahlzeit abzudecken, muss man wissen, wie viele Kohlenhydrate sie enthält. Aber was ist mit Mahlzeiten, die unverhältnismäßig viel Eiweiß und/oder Fett enthalten? Für diese Fälle lohnt es sich, über die Fett-Protein-Einheit Bescheid zu wissen.
Kohlenhydrate lassen den Blutzucker ansteigen. Wer Insulin nutzt, um seinen Diabetes zu behandeln, rechnet in der Regel aufgrund des Kohlenhydratanteils seiner Mahlzeit aus, welche Insulinmenge nötig ist. Die gleiche Menge an Kohlenhydraten kann jedoch den Blutzucker schneller oder langsamer ansteigen lassen – und zwar abhängig davon, wie die Mahlzeit zusammengesetzt ist:
Enthält die Mahlzeit viele Ballaststoffe, steigt der Blutzucker langsam an. Weniger bekannt ist, dass der Anstieg des Blutzuckers auch verlangsamt ist, wenn fett- und eiweißreiche Lebensmittel gegessen werden.
Durch Fett verzögert sich die Magenentleerung und die Kohlenhydrate werden verspätet ins Blut aufgenommen. Kohlenhydrate, die zusammen mit einer fettreichen Mahlzeit verzehrt werden, lassen den Blutzucker also langsamer ansteigen als die gleiche Menge Kohlenhydrate, die ohne Fett aufgenommen wird. Ein Beispiel dafür ist das fettreiche Sahneeis, dass den Blutzucker langsamer ansteigen lässt ein Wassereis mit dem selben Glukosegehalt.
Hinzu kommt, dass aus Fetten Glukose produziert wird, wenn nicht genug Insulin zur Verfügung steht, um Glukose ins Blut aufzunehmen. Die Folge dieser zwei Mechanismen: Nach einer fettreichen Mahlzeit am Abend – zum Beispiel einer Pizza – steigt der Blutzucker in der Nacht an.
Werden Eiweiße und Fette zusammen mit ausreichend Kohlenhydraten gegessen, muss der Eiweißanteil bei der Berechnung der Insulindosis nicht beachtet werden. Wird jedoch sehr viel Eiweiß gegessen – zum Beispiel während eines Grillabends mehrere Würstchen oder Steaks – steigt der Blutzucker bis zu mehrere Stunden nach der Mahlzeit an – Grund hierfür ist ebenfalls eine verzögerte Magenentleerung. Auch wird die große Eiweißmenge verzögert in Glukose umgewandelt und ins Blut abgegeben. Die Folge: ein verzögerter Anstieg von Blutglukose über mehrere Stunden.
Für Mahlzeiten mit hohem Fett- und Eiweißanteil gilt, dass die aufgrund von Kohlenhydraten berechnete Insulinmenge möglicherweise nicht ausreichend ist und es zu einem verzögerten Blutzuckeranstieg kommt. Zusätzliches Insulin ist dann notwendig.
Zunehmend wird deshalb neben der Kohlenhydrateinheit (KE) eine zusätzliche Berechnungseinheit verwendet: die Fett-Protein-Einheit (FPE). Eine FPE steht für 100 Kilokalorien (kcal) in Form von Fett und Eiweiß.
Mit Hilfe von Kalorientabellen kann für die jeweiligen Lebensmittel der Fett-, Eiweiß-, und Kaloriengehalt berechnet werden, bei Fertigprodukten kann man diese Angaben der Packungsaufschrift entnehmen.
Die Umrechnung der FPE in die zu spritzende Insulinmenge erfolgt mit einem Faktor, der dem KE-Faktor gleichzusetzen ist – das heißt, die berechnete FPE wird mit dem gültigen KE-Faktor multipliziert und damit die zusätzliche Insulinmenge berechnet.
Dieses Insulin kann ca. ein bis zwei Stunden nach der Mahlzeit zusätzlich gegeben werden, bei der Spritzentherapie durch eine zusätzliche Injektion, bei der Pumpentherapie z. B. durch einen verlängerten Bolus. Wie im Einzelnen berechnet und wann das Insulin gegeben wird, ist individuell unterschiedlich und muss zusammen mit der Ernährungsberaterin und dem Arzt festgelegt werden.
Nährwertangaben je 100 g Pizza (im Durchschnitt):
1 g Kohlenhydrate = 4 kcal; 1g Eiweiß = 4 kcal; 1 g Fett = 9 kcal
Nährwerte einer Pizza von 350 g:
Berechnung der FPE:
Gesamtkalorien – Kalorien aus den Kohlenhydraten = Kalorien aus Eiweiß und Fett
819 kcal – 343 kcal = 476 kcal
Die 476 kcal aus Eiweiß und Fett entsprechen 4,5 FPE
Nein, eine so differenzierte Berechnung des FPE-Anteils ist sicherlich nicht täglich notwendig, da bei einer ausgewogenen Ernährung Fette und Eiweiße in der Insulinberechnung zu vernachlässigen sind. Kommt es aber zu unerklärlichen Blutzuckeranstiegen nach den Mahlzeiten, sollte an die mögliche Beeinflussung des Blutzuckers durch Fette und Proteine gedacht werden.
Warum die FPE-Berechnung manchmal sinnvoll sein kann, erklärt Diabetologe Dr. Lippmann-Grob (Bad Mergentheim) im Interview. Er gibt viele praktische Tipps und verrät zwei Varianten für die Berechnung der Fett-Protein-Einheit.
Wie Insulinpumpenträger geschickt mit größeren Mengen an Eiweiß und Fett umgehen können, schildert Alisa Hilpert, tätig in der Ernährungsberatung am Diabetes Zentrum Mergentheim.
Eiweißreiche Diäten liegen im Trend, Kohlenhydrate gelten vielen als ungünstig und sie ernähren sich „low carb“, nehmen also nur wenige Kohlenhydrate zu sich. Aber sind Kohlenhydrate wirklich so schlecht? Dieser Frage geht Carolin Sandt von der Blood Sugar Lounge nach.
von Redaktion Diabetes-Eltern-Journal
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