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Prof. Hellmut Mehnert zum 90sten: Statt Unglück Weltrekord
4 Minuten
Prof. Dr. med. Hellmut Mehnert (München) ist Pionier und Wegbereiter der Diabetologie in Deutschland. Am 22. Februar wird er 90 Jahre alt. Anlässlich seines anstehenden runden Geburtstags sprachen mit ihm die Diabetes-Journal-Chefredakteure Günter Nuber und Prof. Thomas Haak.
Im Interview: Prof. Dr. med. Hellmut Mehnert
Prof. Hellmut Mehnert beschrieb 1958 als erster eine kombinierte Tablettentherapie (damals Sulfonylharnstoffe und Biguanide). Er führte 1967 in München die weltweit größte Früherfassungs-Aktion durch: Es wurden 7.000 Diabetiker frisch entdeckt …und erstmals übergewichtige Kinder mit Typ-2-Diabetes beschrieben – „was damals bezweifelt wurde“. Mehnert benannte zuerst das „Wohlstandssyndrom“ (später „Syndrom X“ oder „Metabolisches Syndrom“). Und er war es, der erstmals die extreme Diabeteshäufigkeit bei Tetanus-Erkrankten beschrieb. Sehr hervorzuheben ist, dass es ihm und seinen Mitstreitern (vor allem Dr. Barbara Hillebrand, †) gelang, die Sterblichkeitsrate der Neugeborenen diabetischer Mütter dramatisch zu senken: „Wir stellten einen Weltrekord auf: 300 Entbindungen ohne diabetesbezogenen Kindsverlust!“

Diabetes-Anker (DA): Hellmut, Du bist geübt und berüchtigt für Verkleidungen an Fasching: Welche Rolle des „Butler James“ hättest Du am ehesten übernehmen können in dem Silvester-Klassiker „Der 90. Geburtstag oder Dinner for One“: Sir Toby, Admiral von Schneider, Mr. Pommeroy, Mr. Winterbottom?
Prof. Dr. med. Hellmut Mehnert: Ich hätte die Rolle des Butlers selbst gerne übernommen – weil er höflich, hilfsbereit und gut erzogen ist.
DA: Ob sehr traurig oder sehr erfreulich: An welche Begegnung mit einem Deiner Diabetes-Patienten erinnerst Du Dich besonders?
Prof. Mehnert: Ich erinnere mich an sehr viele – vor allem aber an meinen guten Freund Gert Fröbe: Er war nicht zur Gewichtsabnahme zu bewegen, weil das seinem Rollenverständnis entgegenstand. Faule Ausrede!
DA: Du sprichst immer wieder von den „Wundern der Insulintherapie“: Welches ist für Dich das größte Insulin-Wunder?
Prof. Mehnert: Natürlich die Entdeckung desselben durch Banting und Best 1921 … und dann zweifellos die gentechnische Herstellung des Humaninsulins bzw. der Insulin-Analoga!
DA: Vor genau 60 Jahren warst Du Gastarzt bei Elliott P. Joslin, dem ersten Diabetologen der USA, ja der Welt! Die Joslin Clinic in Boston ist nach wie vor die größte Diabetesklinik der Welt. Wie hat der Aufenthalt Dein berufliches Leben beeinflusst?
Prof. Mehnert: Der Aufenthalt hat mir sehr viel Gutes gebracht; ich habe viele Freunde gewonnen und gelernt, dass entscheidend bei der Bekämpfung der Folgeschäden die gute Diabeteseinstellung ist – was früher noch umstritten war.
„[Blacky Fuchsberger und ich] haben mal bei einem Bierchen zusammengesessen und uns belustigt ausgetauscht darüber, wer welchen Orden verliehen bekommen hat … und wer nicht.“
DA: Du bist vor 90 Jahren in Leipzig geboren: Was genau fällt Dir als erstes zu Leipzig ein – und was liebst Du an den Sachsen?
Prof. Mehnert: Wenn ich an Leipzig denke, denke ich an meine geliebte Thomasschule, die ich besuchen durfte; außerdem natürlich an mein humanistisch geprägtes Elternhaus. – An den Sachsen liebe ich vor allem ihren Humor … und ihren Christstollen. Am wenigsten die Sprache.
DA: Seit 70 Jahren arbeitest und lebst Du im Raum München: Was macht die Stadt für Dich aus – und was ist der besondere Charakterzug der Bayern?
Prof. Mehnert: Es gibt zweifellos das goldene Münchner Herz. Das lernte ich schon als Student kennen, als ich Lebensmittelkarten austrug und enorm viel Trinkgelder, Schokolade, Äpfel und anderes geschenkt bekam. Als Arzt begegneten mir die Münchner Patienten zunächst etwas zurückhaltend, hatten aber letztlich doch viel Vertrauen zu mir.
DA: Du bist bekannt für Fußball-Scharfsinn und für Deinen (für manche übertriebenen) Hang zu einem sehr erfolgreichen deutschen Fußballclub: Welches Traineramt hättest Du lieber ausgeübt – das des Bundestrainers oder das des FC Bayern München?
Prof. Mehnert: Zunächst protestiere ich gegen „den übertriebenen Hang“ – denn der ist berechtigt! Ferner wäre für mich zweifellos wichtiger, den FC Bayern zu betreuen … wegen der Bodenständigkeit und der Möglichkeit der Auswahl von Talenten, für die der Verein in hervorragender Weise gesorgt hat.
DA: Ob Vorträge oder Diabetes-Talk-Runden: die Menschen hören hochinteressiert bis ehrfürchtig zu, wenn Hellmut Mehnert spricht: Was ist Dein Rezept für Erhalt und Fortführung von Lebenskraft, Energie, Intelligenz?
Prof. Mehnert: Sicherlich eine einigermaßen vernünftige Ernährung und körperliche Bewegung. Ferner, dass ich natürlich nicht geraucht habe und mäßig Alkohol konsumiere. Wichtig ist die Einbindung in ein glückliches Familienleben, ferner die fortgesetzte geistige Tätigkeit mit 30 bis 40 Vorträgen pro Jahr und 4 feste Kolumnen in medizinischen Fachzeitschriften.
DA: Welches besondere Erlebnis hattest Du mit Joachim „Blacky“ Fuchsberger (†)?
Prof. Mehnert: Wir haben in Berlin mal anlässlich der Verleihung des Thomas-Fuchsberger-Preises bei einem Bierchen zusammengesessen und uns belustigt ausgetauscht darüber, wer welchen Orden verliehen bekommen hat … und wer nicht: Beide hatten wir den Bayrischen Verdienstorden, das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse, „München leuchtet“ (ich in Gold, er wohl in Silber). Dann sagte ich: „Aber eines hast Du bestimmt nicht: die Budelmann-Medaille! Blacky daraufhin: ‚Budelwaaaas??‘“ Ich genüßlich: B-U-D-E-L-M-A-N-N!“ Das war ein führender Hamburger Internist. Diese Medaille hatte Blacky natürlich nicht.
„Die Befürchtung meiner abergläubischen Großmütter, dass mir als am Aschermittwoch Geborener nur Unglück widerfahren würde, hat sich nicht bewahrheitet.“
DA: Wie oft wird wohl Dein Vorname falsch geschrieben? Wo kommt das zweite „L“ her?
Prof. Mehnert: Ich werde laufend falsch geschrieben. Das zweite L hatten meine Eltern gewollt – weil sie wollten, dass ich hell (auf sächsisch: helle) bin und auch mutig. Letzteres ist bei mir ziemlich schwach ausgeprägt.
DA: Seit Jahrzehnten bist Du Redaktionsmitglied des Diabetes-Journals: Welche Schlagzeile würdest Du 2018 gerne darin lesen?
Prof. Mehnert: „Das künstliche Pankreas: nun für jeden Diabetiker!“ Natürlich wird es diese Schlagzeile so nicht geben können. Aber vielleicht können wir ja berichten über die endgültige Fertigstellung dieses Verfahrens mit der Möglichkeit der Anwendung beim Diabetiker.
DA: Der 22. Februar 1928, Dein Geburtstag, war ein Aschermittwoch; Du selbst bist aber eher bekannt fürs Närrische, fopptest alljährlich den Krankenhausbetrieb und die gesamte Kollegenschaft: ob Krankenschwestern, Oberärzte, Professoren; darüber gibt es sogar ein Büchlein („Ein Kalif in München – Die Freuden der Verkleidung am Faschingsdienstag“, Kirchheim-Verlag) …
Prof. Mehnert: … ja! Die Befürchtung meiner abergläubischen Großmütter, dass mir als am Aschermittwoch Geborener nur Unglück widerfahren würde, hat sich nicht bewahrheitet. – Erfreulicherweise hatte ich das Glück, an Verkleidungen und Theaterstücken viel Freude zu haben. Vor allem bei der berüchtigten Verkleidung am Faschingsdienstag.
Interview: Günter Nuber und Prof. Dr. Thomas Haak
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2018; 66 (2) Seite 10-12
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 2 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 4 Tagen, 5 Stunden
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 1 Tag
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 2 Wochen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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