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Rund 8,7 Millionen Menschen in Deutschland leben mit einem diagnostizierten Diabetes. Rechnet man die Dunkelziffer hinzu, so ergibt sich eine noch höhere Zahl von schätzungsweise 11 Millionen Betroffenen. Angesichts dieser Masse an Patienten stellt sich die Frage, wie gut es eigentlich um die medizinische Versorgung bestellt ist. Darum ging es bei einer Gesprächsrunde des Kirchheim-Verlags mit Betroffenen und Experten zum Weltdiabetestag 2022, die von der Chefredakteurin des Diabetes-Journals, Dr. Katrin Kraatz, moderiert wurde.
Organisiert wurde der virtuelle Weltdiabetestag von der Organisation diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe und der #dedoc° Diabetes Online Community. Zur Diskussion waren neben medizinischem Fachpersonal auch Teilnehmer mit unterschiedlichen Diabetes-Typen eingeladen.
Die Betroffenen machten unmittelbar nach der Diagnose zunächst positive Erfahrungen mit der Versorgungssituation. Ruth Anstatt, die infolge einer Operation an der Bauchspeicheldrüse an Diabetes erkrankte (Typ 3) traf die Mainzer Diabetesberaterin Ulrike Alker schon im Krankenhaus, wo sie sofort auch die wichtigsten Informationen zum Umgang mit der Erkrankung erhielt. Mario Stroh (Typ 2) wurde nach auffälligen Blut- und Urinwerten bei einem Check-Up von seinem Hausarzt zu einem Diabetologen überwiesen. Katharina Heinius, die schon als Kind vor mehr als 20 Jahren an Typ-1-Diabetes erkrankte, wurde damals in einer Kinderklinik therapeutisch eingestellt und bis zur Volljährigkeit dort ambulant betreut.
Gleichwohl konnten die Teilnehmer auch von unzureichender Versorgung berichten. Ruth Anstatt beispielsweise musste darum kämpfen, mehr Blutzuckerteststreifen zu erhalten, als ihr zunächst verordnet wurden. Mario Stroh kauft die Teststreifen als Typ-2-Diabetiker selbst, weil er sie gelegentlich zum Überprüfen seiner Therapieziele verwenden möchte. Da er aufgrund seiner Therapie ohne Insulin kein Hypoglykämie-Risiko hat, werden diese Hilfsmittel nicht von der Krankenkasse übernommen.
Dabei können die Messergebnisse zumindest zu Beginn der Diabetes-Behandlung auch bei Typ 2 durchaus hilfreich sein, wie der Mainzer Diabetologe Dr. Ulrich Alker erklärte. „In der Anfangsphase ist es schon wichtig, damit man den Körper besser kennenlernt“, so der Arzt in der Gesprächsrunde. „Das geht mit einem Messgerät deutlich besser.“ Wenn ein Typ-2-Diabetiker seine Einstellung gefunden hat, sind die Teststreifen dann möglicherweise entbehrlich.
Widerstände der Kostenträger gebe es zudem bei Schulungen, wenn eine Wiederholung gewünscht wird. In der Regel müssen Betroffene mindestens drei Jahre warten, bevor die Krankenkasse die Kosten einer Schulung wieder übernimmt, erklärte Ulrike Alker.
Sorgen macht überdies der aktuelle Medikamentenmangel, der nicht auf Arzneimittel für Kinder beschränkt ist. Auch bei Diabetes sind mitunter Versorgungsengpässe zu spüren. Wenn bestimmte Insuline und Hilfsmittel nicht lieferbar sind, müssen Ärztinnen und Ärzte kurzfristig einen möglichst gleichwertigen Ersatz verordnen. Das habe er auch in seiner Praxis schon erlebt, sagte Dr. Ulrich Alker. Bis jetzt habe man zwar immer eine Alternative finden können, aber die Entwicklung sei durchaus besorgniserregend, hieß es.
Noch schwieriger ist die Lage beim psychotherapeutischen Angebot: Depressionen kommen bei Diabetes recht häufig vor, berichtete Psychodiabetologin Susanne Baulig in diesem Zusammenhang. Die Wartelisten bei Therapeuten seien allerdings sehr lang. Betroffene haben demnach oft Schwierigkeiten, einen Therapeuten zu finden, und müssen deshalb in etlichen Praxen anrufen. Wenn es dann trotzdem nur Absagen gibt oder ein Termin erst in vielen Monaten angeboten wird, führe das bei den Patienten zu Frust. Schlimmstenfalls werde eine unbehandelte Depression durch die lange Wartezeit chronisch, warnte Baulig.
Eine einfache Lösung des Problems gibt es in diesem Fall allerdings nicht. DJ-Chefredakteurin Dr. Katrin Kraatz zog deshalb ein passendes Fazit: Die Versorgung bei Diabetes sei in Deutschland zwar recht gut, fasste sie zusammen. „Es gibt aber auch Lücken.“
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