Von Abschlüssen und Anfängen

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Von Abschlüssen und Anfängen

Mein Diabetes hatte es mit meinem Studium noch nie leicht. Von jetzt auf gleich habe ich vor etwas mehr als 3 Jahren beschlossen, in Darmstadt Online-Journalismus zu studieren. Nachdem ich es irgendwie (wahrscheinlich durch ein Wunder) geschafft habe, einen Platz in dem ziemlich kleinen Studiengang zu bekommen (pro Jahr dürfen dort nur etwa 50 Leute studieren), musste ich so schnell wie möglich eine Wohnmöglichkeit finden und quasi in einer Nacht-und-Nebel-Aktion umziehen. Ehe ich das Wort „Hochschule“ überhaupt nur buchstabieren konnte, saß ich also in einer fremden WG in einer fremden Stadt in einem fremden Bundesland.

BillionPhotos.com - fotolia.com
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Während meiner Studienzeit hatte ich fast immer anderes im Kopf als meinen Diabetes. Dass ich regelmäßig den Blutzucker-Jackpot mit 300 mg/dl (16,7 mmol/l) aufwärts geknackt habe, war mir egal. Nicht einmal mein (wirklich toller) Diabetologe konnte mich dazu bewegen, besser auf meine Gesundheit achtzugeben. Wichtiger war mir, mein Studium zu bestehen – egal, wie –, damit bisher nicht alles umsonst war. Denn so schrecklich ich meine Schulzeit fand, so toll fand ich mein Studium. Endlich durfte ich das lernen, was mich interessierte – Schreiben, Fotografieren, Filmen. Endlich keine Einzelkämpfe mehr mit Mathe und Physik.

Das Chaos – und ich mittendrin

Momentan schreibe ich meine Bachelor-Arbeit. Quasi die letzte große Hürde vor meinem Abschluss, bevor ich mich offiziell als Online-Journalistin bezeichnen darf.

Wer nun ein Wunder in Form eines Blutzucker-Happy-Ends erwartet, den muss ich leider enttäuschen. Denn gerade jetzt, kurz vor Ende meines Studiums, ist es bei mir noch schlimmer als sonst. Momentan sieht mein Blutzucker-Tagebuch genauso chaotisch aus wie mein WG-Zimmer, denn ich werde bald umziehen. Ich hatte das Glück, noch vor meinem Studienabschluss einen gut bezahlten Job in München zu finden. Nur eben über 400 km entfernt von meinem derzeitigen Wohnort. Also muss ich jetzt Koffer, Kisten und Kartons packen und mit allem Drum und Dran den Wohnort wechseln. Nur die Wohnung dafür muss ich erst mal finden. Und das ist gar nicht so einfach, wenn man nicht mal eben zu einer Besichtigung fahren kann. Ganz zu schweigen davon, dass mir für das teure Münchner Pflaster eigentlich das Geld fehlt. Aber eine WG kommt für mich nicht in Frage, denn das hatte ich schon die letzten 8 Jahre. Und irgendwann reicht es mir damit auch, denn Wohngemeinschaften können schon ziemlich stressig sein. Und Stress ist ja nie gut – schon gar nicht für den Blutzucker.

An der Pumpe liegt es nicht

Denn bei Stress steigt mein Blutzucker gerne mal in unermessliche Höhen. Und das merke ich zurzeit besonders. Ich habe das Gefühl, ich spritze mein Insulin ins Nirwana – es scheint, als käme es nie in meinem Körper an. Und das liegt sicher nicht an meiner Insulinpumpe, denn die funktioniert tadellos. Das habe ich mehrfach getestet. Genauso wie ich den Pumpenkatheter, -schlauch und das Insulin schon mehrfach gewechselt habe. Daran kann es also nicht liegen.

Irgendwann habe ich es schließlich auch aufgegeben, eine neue Basalrate zu programmieren. Wie auch, wenn nicht mal die Basalratentests richtig funktionieren? Ich hoffe nun einfach darauf, dass es sich nach dem ganzen Stress wieder von selbst einpendelt.

Nachtrag: 6 Wochen später

Meinen Bachelor habe ich endlich und trotz katastrophaler Werte bestanden – sogar mit einer guten Note. Es ist zwar keine Eins, aber ich will nicht meckern. Das wäre schließlich Jammern auf sehr hohem Niveau. Ich habe meinen Bachelor. Ich habe mein Studium abgeschlossen. Meine gehasste Schulzeit hat sich gelohnt. Und darüber freue ich mich jetzt einfach.

Meine Werte sind inzwischen wieder handzahm, anscheinend hat sich die Basalrate wirklich wieder von selbst eingependelt. Eine gute Seele hat sich außerdem dazu bereit erklärt, mir ihre Münchner Wohnung zu vermieten. 49 Quadratmeter ganz für mich allein. Sieben Jahre Wohn- und Flurgemeinschaften haben nun auch endlich ein Ende und meinem Umzug steht nichts mehr im Weg. Ein Happy End kommt also doch nicht nur im Märchen vor.

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  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

  • Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂

    Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/

  • insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 3 Wochen

    Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

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